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Kartoffeln hatten es lange schwer in der Gastronomie, vor allem als Stock oder Püree. Nun wird der Klassiker mit viel Butter und Können aufgewertet. Wir sagen, wo man in der Schweiz guten Kartoffelstock isst.
Wo die besten Kartoffeln wachsen, kann man diskutieren. In Chile, glauben einige. In Peru, sagen andere. Dass auch auf Teneriffa eine Fülle alter, wohlschmeckender Sorten zu bekommen ist, geht nicht mehr als Geheimnis durch. Und dann erst die Bergkartoffeln aus dem Albula-Tal! Es gibt viel erstklassige Ware, aus der sich ausgezeichnetes Püree oder ein guter Stock stampfen oder pressen lässt.
Unstreitig ist indes, wer das berühmteste Kartoffelpüree der Welt erfunden hat. Die französische Kochlegende Joël Robuchon verantwortet jene Version, die nicht nur auf Unmengen an Butter setzt, sondern auch der Struktur der Kartoffel auf den Grund geht. Das Streichen durchs feine Sieb ist nämlich ein nicht zu unterschätzender Faktor, um die seidige Konsistenz eines guten Pürees zu erzielen; auch der Stärkegehalt der Knolle spielt eine wichtige Rolle.
Robuchons originale Stock-Variante ist eine Ausnahme, weil mühsam in der Herstellung und aufgrund des hohen Butteranteils teuer. Doch immer mehr Köchinnen und Köche erkennen, dass sie das oft als Stock marginalisierte Püree ohne enormen finanziellen Einsatz aufwerten können. Gute Rohware, vielleicht eine Mischung mit Süsskartoffeln oder Sellerie sowie ideenreiches Anrichten.
Inzwischen müssen Stock-Liebhaber nicht mehr lange suchen in der Schweizer Gastronomie. Das Basler Restaurant Rhyschänzli serviert sein beachtlich gutes Püree beispielsweise zum Dry-Aged-Bergschwein-Kotelett, in der Zürcher «Alpenrose» ist der Stock gehobener Klasse unumgänglich für alle, die Suure Mocke bestellen. Und die «Cantina» bereitet das peruanische Püree aus einer speziellen Kartoffelsorte so zu, wie sie es aus der Heimat kennen.
Butter, Rahm und Salz!
Wer an Kartoffeln und Butter nicht spart, Milch oder Rahm nutzt und Salz zufügt, hat im Prinzip alle Zutaten für ein gelungenes Püree beisammen. Ob es geriebene Muskatnuss braucht, kann man diskutieren. Dass die modische Variante des Wasabi-Kartoffelpürees aber fast keinen Mehrwert bringt, ist klar – schon gar nicht, wenn billiger grün gefärbter Pseudo-Wasabi Verwendung findet.
Dafür kann es sich lohnen, den Kartoffelstock extra zu bestellen, als Hauptgang statt als Beilage. Das Berner Restaurant Darling steuern alle an, die wissen, wie gut eine geschmorte Zwiebel, die Bauernterrine oder der sanft gegarte Lauch zur grossen und sehr guten Portion Kartoffelstock passt. Und was die Trüffel angeht: Das Zusammenspiel von frisch geriebenen Pilzen oder gutem Trüffelöl mit Kartoffeln kann funktionieren: Das «Smith & de Luma» bekommt das prima hin und reichert seinen getrüffelten Stock zudem gern mit Nussbutter an.
Im «Elmira» in Zürich habe ich übrigens einen der besten Kartoffelstocks meines Lebens bekommen – kein Wunder, denn die Küche hat nicht nur Talent, sondern bedient sich auch ordentlich an der Buttermenge. Auch wenn Thomas Huber in der «Krone Sihlbrugg» den kartoffeligen Klassiker anrichtet, geht es ambitioniert zu: Sein zum Püree gereichter Kalbshackbraten ist legendär, die Portweinsauce ein Grund, den Saucenlöffel zu verlangen.
Während die Masse in Sihlbrugg schlicht und einfach Stock heisst, wird sie anderswo als Mousseline aufgewertet. In der «Sihlhalde» serviert Gregor Smolinsky seine zum Emmentaler Kalbssteak, und was Léo Besnard in der «Auberge du Lion d’Or›» an Mousseline reicht – gern zum Fisch! –, gehört zur schweizerischen Spitze der Kartoffelpürees, pardon, -mousselines. Wer es ganz edel liebt, lässt Fisch weg und kombiniert Kartoffelpüree ausschliesslich mit Kaviar. Vielleicht sogar bei einem Ausflug nach New York.