Anlageprofis setzen verstärkt auf Rohstoffe und Aktien, das zeigt die jüngste Fondsmanagerumfrage von Bank of America. Sorgen bereitet den Befragten die hartnäckige Inflation.
Nach einem geglückten Start ins neue Jahr ist die Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten zuletzt etwas ins Stocken geraten. Wider Erwarten kräftige US-Konjunktur- und Inflationsdaten dämpften die Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen und sorgten für Gegenwind. Die zunehmenden geopolitischen Spannungen im Nahen Osten sorgen ebenfalls für Nervosität. Dafür sind die Rezessionssorgen weiter in den Hintergrund gerückt.
Wie positionieren sich professionelle Anleger im aktuellen Umfeld? Die monatlich erhobene Fondsmanagerumfrage (Fund Manager Survey, FMS) von Bank of America – insgesamt wurden zwischen dem 5. und 11. April rund 260 professionelle Investoren befragt, die zusammen knapp 720 Mrd. $ an Kundengeldern verwalten – bestätigt die optimistische Grundhaltung.
Die Anlageexperten wurden in Bezug auf Wirtschaft und Märkte im Vergleich zum Vorjahr nochmals zuversichtlicher. Eine Rezession ist kein Thema mehr, die Konjunktur dürfte anziehen und die Unternehmensgewinne steigen. Einzig die hartnäckige Inflation treibt den Profi-Investoren Sorgenfalten auf die Stirn.
«Keine Landung» der Wirtschaft
Erstmals seit Dezember 2021 gehen die Fondsmanager davon aus, dass sich das globale Wachstum in den kommenden Monaten beschleunigen werde. Netto 11% erwarten in den nächsten zwölf Monaten eine stärkere Wirtschaft – vor einem Monat dominierte noch die Ansicht, die Konjunktur werde sich eintrüben.
Nur konsequent, dass mittlerweile 78% der Fondsmanager eine weltweite Rezession innerhalb der nächsten zwölf Monate als «unwahrscheinlich» erachten. Das entspricht dem höchsten Stand seit Februar 2022 und ist eine deutliche Zunahme von den 65% des Vormonats.
Auf die Frage, ob sie für die Weltwirtschaft eine harte (Rezession), eine sanfte (Abkühlung ohne Rezession) oder gar keine Landung (Beschleunigung der Dynamik) erwarten, äussern sich eindrückliche 90% zuversichtlich (Soft/No Landing). Das Lager der Pessimisten, die einen Konjunktureinbruch befürchten, schrumpfte auf 7%, noch im Oktober befürchteten 30% der Fondsmanager eine Rezession.
Die Stimmung unter Fondsmanagern ist im April so optimistisch wie letztmals im Januar 2022. Ein von BofA ermittelter Stimmungsindikator, der die Bargeldquote, die Aktienallokation und die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum berücksichtigt, ist im Monatsverlauf von 4,6 auf 5,8 Punkte geklettert (das Maximum liegt bei 10). Interessanterweise stimmt das Signal nahezu perfekt mit dem The Market Risk Barometer überein, dass derzeit bei 56 (von 100) Punkten liegt.
«Higher for longer» ist zurück
Als Gefahr wird indes der stockende Rückgang der Inflation angesehen. Die Inflation in den USA hat im März einmal mehr die Erwartungen übertroffen. Die Jahresveränderung der Konsumentenpreise (Consumer Price Index) beschleunigte sich von 3,2% auf 3,5%, was dem höchsten Wert seit September entspricht (blaue Linie in der Grafik). Die Kernrate der Inflation, welche die Energie- und Nahrungsmittelpreise ausklammert, verharrte im März auf ebenfalls hohen 3,8% (gelb).
Folgerichtig beginnen die Marktteilnehmer, ihre Erwartungen an Leitzinssenkungen der US-Notenbank (Fed) anzupassen. Dennoch geht die überwiegende Mehrheit (76%) der befragten Fondsmanager davon aus, dass das Fed in diesem Jahr die Zinsen mindestens zweimal um je 25 Basispunkte senken wird. 4% gehen von mindestens 4 Schritten aus. Lediglich 8% rechnen damit, dass es keine Zinssenkungen geben wird.
Vor diesem Hintergrund stufen die Fondsmanager die Inflationsrisiken nochmals höher ein. 41% von ihnen sehen eine «höhere Inflation» als das grösste Extremrisiko («tail risk») für die Märkte, vor einem Monat waren es noch 32%. Ebenfalls zugenommen haben in den Augen der Profis die geopolitischen Risiken, wobei die Umfrage vor dem iranischen Angriff auf Israel durchgeführt wurde.
Die Überzeugung, dass die Anleiherenditen in den kommenden zwölf Monaten fallen werden, hat ebenfalls abgenommen: In der jüngsten Umfrage rechnen noch 38% der befragten Fondsmanager mit niedrigeren Renditen auf langfristigen Staatsanleihen – das entspricht dem niedrigsten Stand seit Oktober 2022 –, während es im Dezember noch 62% waren (in der Grafik heisst es fälschlicherweise «März» anstatt «April»).
Die optimistischere Einschätzung des konjunkturellen Umfelds findet auch Niederschlag in den Gewinnerwartungen. Erstmals seit langem erwarten die Anlageprofis ein Gewinnwachstum der Unternehmen. Netto 20% der Anleger – der höchste Anteil seit fast drei Jahren – gehen davon aus, dass es den Unternehmen gelingt, heuer ihre Profite zu steigern.
Bargeldquote nähert sich dem Verkaufssignal
Der durchschnittliche Cash-Bestand der Fondsmanager nahm im Monatsvergleich von 4,4% der verwalteten Vermögen auf lediglich noch 4,2% ab. Damit nähert sie sich dem Verkaufssignal für Aktien.
Denn gemäss der «BofA Global FMS Cash Rule» löst ein Fall des durchschnittlichen Bargeldbestands auf unter 4% ein Verkaufssignal aus, weil die Anleger dann zu sorglos sind, was aus Contrarian-Sicht negativ zu werten ist. Steigt die Cash-Quote über 5%, sind die Anleger zu vorsichtig, und es wird ein Kaufsignal für Aktien ausgelöst.
Das grosse Umschichten in Rohstoffe
Im April war in den Portfolios eine kräftige Verschiebung zugunsten von Rohstoffen und Rohstoffaktien (Grundstoffe und Energie) zu beobachten. Industriewerte und Aktien aus der Eurozone waren ebenfalls gefragt.
Die Allokation in Rohstoffe nahm im April um satte zwanzig Prozentpunkte zu, was dem grössten je beobachteten monatlichen Anstieg entspricht. Neu haben die Befragten netto ein Übergewicht von 11% in Rohstoffen.
Im Gegenzug trennten sich die Fondsmanager in grossem Stil von Anleihen: Diese verzeichneten den stärksten monatlichen Rückgang (-20 Prozentpunkte auf eine Nettountergewichtung von 14%) seit Juli 2003.
Relativ zu ihrer eigenen Historie halten die Fondsmanager allerdings nach wie vor ein Übergewicht in Bonds. Neu ist das prominente Gewicht von Aktien aus dem Grundstoffsektor (Materials), japanische Valoren sind ebenfalls hoch gewichtet. Die grössten Untergewichte sind neu in Cash, während Immobilien-Beteiligungsgesellschaften (REIT) sowie Aktien aus Schwellenländern wie schon im März auf vergleichsweise wenig Anklang stossen. Kräftig aufgestockt wurden Energieaktien, die nun ein neutrales Gewicht aufweisen.
In absoluten Zahlen liegen die grössten Übergewichte in den Sektoren Gesundheit (Healthcare) und Technologie. Bei den Ländern und Regionen stechen die Eurozone und Japan positiv hervor.
Am unbeliebtesten unter den Fondsmanagern sind weiterhin die Sektoren Versorger (Utilities) und Immobilien-Beteiligungsgesellschaften sowie Valoren aus dem Vereinigten Königreich.
Erhellend ist auch die Einschätzung der Fondsmanager zum Goldpreis. Seit Wochen strebt der Preis des Edelmetalls kontinuierlich nach oben und notiert derzeit knapp unter der Marke von 2400 $ – und das trotz stärkerem Dollar, zuletzt gestiegenen Realzinsen und geringem Interesse westlicher Anleger.
Das Verdikt ist eindeutig: Netto 26% (+20 Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat) der Umfrageteilnehmer sind der Meinung, Gold sei überbewertet. Das ist der höchste Wert seit August 2020. Angesichts der grossen Skepsis der Fondsmanager könnte der Aufwärtstrend also durchaus noch weitergehen.
Für hiesige Anleger ebenfalls spannend ist die Antwort auf die Frage nach den Länderpräferenzen der Manager europäischer Aktienfonds. Zuoberst auf dem Podest stehen neu spanische Aktien. Dahinter folgen wie im März britische Aktien. Frankreich ist vom Spitzenplatz auf Rang drei gerutscht. Auf grosse Abneigung stossen derweil Schweizer Aktien, wohl nicht zuletzt aufgrund der im Vergleich enttäuschenden Performance in den vergangenen Monaten.
Fazit: Inflationsschutz ist gefragt
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Stimmung unter globalen Fondsmanagern zuletzt weiter aufgehellt hat. Mittlerweile geht nur noch eine kleine Minderheit von einer baldigen Rezession aus. Neu rechnen die meisten Profis mit einer Wachstumsbeschleunigung, die auch den Unternehmensgewinnen Rückenwind verleihen sollte. Einziger Wermutstropfen ist die hartnäckige Inflation in den USA, die die Hoffnungen auf aggressive Leitzinssenkungen schwinden lassen.
Um sich für ein Szenario mit besserem Wachstum und höherer Inflation zu wappnen, haben die Experten aggressiv aus Bonds in Rohstoffe und Aktien umgeschichtet, wobei die Sektoren Grundstoffe und Energie bevorzugt wurden. Bei den Sektoren haben die Branchen Versorger sowie Immobilien-Beteiligungsgesellschaften nach wie vor einen schweren Stand.