Der amerikanische Aussenminister Blinken kritisiert Peking für dessen Unterstützung Russlands im Ukraine-Krieg.
Am Ende seines dreitägigen Besuchs in China traf der amerikanische Aussenminister Antony Blinken dann doch Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping. Bis zum letzten Moment war offengelassen worden, ob das Treffen mit dem mächtigen Führer stattfindet oder ob sich Blinken mit Gesprächspartnern wie dem chinesischen Aussenminister Wang Yi zufriedengeben muss.
Bilaterale Beziehungen «stabilisiert» – aber . . .
Selbstverständlich traf Blinken auch Wang. Rund fünf Stunden soll das Gespräch gedauert haben. Insgesamt wurde klar: Zwar sprechen die beiden rivalisierenden Supermächte nach mächtigen Funkstörungen im letzten Jahr wieder miteinander. Viel Einigkeit herrscht aber nicht.
Wang sagte laut Agenturberichten gegenüber Blinken, dass sich die bilateralen Beziehungen zwischen China und den USA wieder stabilisiert hätten, dass aber die negativen Faktoren in den Beziehungen weiter zunähmen.
Blinken hatte eine ganze Liste von solchen Faktoren dabei. Zuoberst stand die chinesische Unterstützung für Russland. Auch wenn China keine Waffen an Russland für den Krieg in der Ukraine liefere, unterstütze Peking Moskau massgeblich, sagte Blinken an einer Medienkonferenz am Freitag in Peking.
«Ich habe unsere ernste Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Volksrepublik Komponenten liefert, die Russlands brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine befeuern», sagte Blinken. Dazu gehörten unter anderem Werkzeugmaschinen, Mikroelektronik und Nitrocellulose, die für die Herstellung von Munition und Raketentreibstoffen wichtig ist.
China sieht sich durch die USA zurückgebunden
Peking seinerseits bezeichnet dies als die normale Handelsbeziehung zu Russland, die sie sich nicht von Washington verbieten lasse. Laut chinesischen Staatsmedien beklagte Aussenminister Wang beim Gespräch hinter verschlossenen Türen, dass die USA unzählige Massnahmen ergriffen hätten mit dem Ziel, Chinas Wirtschaft, Handel sowie wissenschaftliche und technologische Errungenschaften einzudämmen.
In diese Kategorie gehört aus chinesischer Sicht das am Mittwoch von Präsident Joe Biden unterschriebene Gesetz, das die chinesische Mutterfirma von Tiktok zum Verkauf der populären App zwingt. Auch die amerikanische Klage, dass Chinas industrielle Überkapazitäten die globalen Märkte überschwemmten, sei stark übertrieben.
Dass sich Peking nicht von seinem Partner Russland abwenden wird, zeigte sich darin, dass Präsident Wladimir Putin einen Besuch in China für nächsten Monat angekündigt hat, just als Blinken in Peking war. Im Februar 2022 hatten Putin und Xi eine «Freundschaft ohne Grenzen» zwischen ihren Ländern deklariert. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat diese Freundschaft noch verstärkt.
Die USA und China sollen Partner statt Rivalen sein
Xi schlug gegenüber Blinken auch versöhnlichere Töne an. Die beiden Länder sollten Partner und nicht Rivalen sein; sie sollten gemeinsam erfolgreich sein und sich nicht gegenseitig schaden, sagte er laut der Zusammenfassung, welche das chinesische Aussenministerium verschickte. Dieses Jahr könne man 45 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Ländern feiern, sagte Xi, und in dieser Zeit habe es viele Aufs und Abs gegeben.
Was Xi nicht erwähnte, ist der Umstand, dass auch die Taiwan Relations Act 45 Jahre alt ist. Darin verpflichten sich die USA, Taiwan Waffen zur Abwehr eines chinesischen Angriffs zu liefern. Auch das soeben verabschiedete Hilfspaket für die Ukraine und Israel umfasst 8 Milliarden Dollar für Partner im Indopazifik, namentlich Taiwan.
Bei jeder Waffenlieferung der Amerikaner an Taipeh schimpft Peking laut über eine «Einmischung in interne Angelegenheiten». Die USA müssten sich ans Ein-China-Prinzip halten, fordert Peking jeweils.
Massnahmen zur Verhütung von Zusammenstössen auf See
An der diametral unterschiedlichen Sicht zur Taiwanfrage ändert sich nichts, nur weil die beiden Seiten wieder miteinander reden. Aussenminister Wang wiederholte, dass die Unterstützung Taiwans durch die USA nicht akzeptabel sei. Weitere Konfliktpunkte sind das Südchinesische Meer, wo sich die Philippinen gegen den chinesischen Druck wehren.
Blinken wiederholte in Peking, dass die Militärallianz zwischen den USA und den Philippinen «eisern» sei. Vor allem beim Second Thomas Shoal, wo die Philippinen ein paar Soldaten stationiert haben, kommt es regelmässig zu Zusammenstössen mit der chinesischen Küstenwache. Dabei besteht die Gefahr eines Unfalls, der aus dem Ruder laufen könnte.
Da ist es eine positive Entwicklung, dass sich diese Woche die Vertreter von 29 Marinen der Region auf eine Aktualisierung von gemeinsamen Regeln einigen konnten, wie sich ihre Streitkräfte im Falle eines ungeplanten Zusammentreffens zu verhalten haben. Bei dem Treffen in China war neben den USA auch Russland präsent.