Auch alltägliche Dinge von berühmten Persönlichkeiten lassen sich für viel Geld verhökern. Für Fans werden sie immer wichtiger.
Auf den ersten Blick ist es einfach eine Gitarre. Weiss man aber, dass sie John Lennon gehörte, schaut man sie mit anderen Augen an. Berühmtheit verleiht Bedeutung.
Die Möglichkeit, mit den Fingern über die gleiche Fichtendecke zu streichen, die gleichen zwölf Saiten zu zupfen wie Lennon, das ist dem Käufer der Gitarre viel wert. Noch nie wurde ein Instrument eines Mitglieds der Beatles so teuer versteigert wie an diesem Mittwoch: Eine fünfzig Jahre lang auf einem Dachboden verstaubte Akustikgitarre ging für 2,9 Millionen Dollar an einen Telefonbieter.
Die «Hootenanny», so der Name des Modells, stammt aus der Manufaktur des deutschen Instrumentenbauers Framus. Lennon kaufte die Gitarre 1964 für knapp 50 britische Pfund und verwendete sie bei Aufnahmen für das fünfte Studioalbum «Help». Sie taucht in Fotos und dem gleichnamigen Beatles-Film auf. Zu dieser Zeit erreichte die Beatlemania ihren Höhepunkt.
Wenig später verschenkte Lennon die Gitarre weiter an Gordon Waller vom Pop-Duo Peter and Gordon. Waller schien damit nichts anfangen zu können. Er reichte sie seinem Tourmanager weiter, der sie auf den Dachboden seines Hauses im südlichen England legte und sie dort vergass. Als ein Sohn beim Umzug half, fand er die Gitarre und wandte sich an ein Auktionshaus.
«Dieses aussergewöhnliche Instrument zu finden, ist, wie einen Rembrandt oder einen Picasso zu finden», sagte Darren Julien, einer der beiden Geschäftsführer des Auktionshauses, in einer Medienmitteilung. Den abgewetzten original Gitarrenkoffer hätten sie vor Ort gerade noch aus dem Müll retten können.
Lukratives Geschäft mit Fan-Devotionalien
Was den einen wenig bedeutet, ist anderen ausserordentlich kostbar. Erst im Februar wurde die Bassgitarre eines weiteren Beatles-Mitglieds gefunden, ebenfalls auf einem Dachstock. Ein halbes Jahrhundert galt das 1972 gestohlene Instrument von Paul McCartney als verschollen. Das beschäftigte Fans derart, dass sie 2018 mit dem «Lost Bass Project» zu einer Suchaktion aufriefen. Die Gitarre hat einen geschätzten Wert von mehreren Millionen Dollar.
Das Geschäft mit Promi-Devotionalien erinnert an den Handel mit Reliquien im Mittelalter. Damals war mit Gebeinen, Haaren und Nägeln von Heiligen viel Geld zu machen. Körperlichen Überresten oder Überbleibseln aus dem Besitz der verehrten Person wurde eine wundersame Wirkung zugesprochen. Die Kirche lehnte den Handel mit religiösen Gegenständen allerdings ab. Erlaubt war nur der Tausch, die Schenkung sowie der Ankauf von Ungläubigen, um sie der Kirche zu übergeben.
Die religiös anmutende Verehrung von Musikern geht hingegen mit der Vermarktung von Stars einher. Früher war eine Tonträgersammlung Teil der musikalischen Identität. Seitdem Fans kaum mehr CDs sammeln und Schallplatten keine sichere Wertanlage mehr sind, verschiebt sich das Geschäft. Handfeste Memorabilia, die mit einer berühmten Person verbunden sind, werden lukrativer.
Erinnerungsstücke halten einen Moment fest, lassen einen Gefühle wiedererleben oder einem Künstler wiederbegegnen. Das erklärt, warum auch Ramsch wie Kurt Cobains zerlöcherte Strickjacke oder Freddie Mercurys Schnurrbartkamm Käufer finden. Dahinter steht der Wunsch, einem Idol ganz nah zu sein.
Das hat bisweilen fragwürdige Auswüchse. So wurden ein gebrauchtes Taschentuch der Schauspielerin Scarlett Johansson für 5300 US-Dollar, die Röntgenbilder von Hollywood-Ikone Marilyn Monroe für 25 000 US-Dollar verkauft. Immerhin wird das eingenommene Geld ab und zu für einen guten Zweck gespendet.
Durchdrungen von Geist und Talent
Stars sind nicht greifbar. Ihre Gitarren, Hüte oder Schuhe schon. Sie kann man besitzen, wenn man nur genug Geld hat. Je direkter sie in physischem Kontakt mit der Berühmtheit standen und je seltener sie sind, umso grösser ihr Wert. Lennons Modell wird heute nicht mehr hergestellt. Und die Gitarre, die Lennon spielte, gibt es eben nur ein Mal.
Um die Begehrlichkeit zu steigern, verkaufen die Auktionshäuser mit dem Objekt eine Geschichte. Im Fall der Gitarre von Lennon wird dieser der ikonische Klang zugeschrieben, der die Magie der Beatles in den 1960er Jahren ausgemacht habe. So geht mit den Gegenständen die Hoffnung einher, dass sie durchdrungen seien vom Geist des Vorbesitzers. Als etwa der Käufer der Strickjacke von Kurt Cobain diese anzog, sagte er zum Musikmagazin Rolling Stone: «Es ist, als nehme man für einen Moment die Identität des anderen an.»
Mit bis zu einer Milliarde verkauften Tonträgern gelten die Beatles als die erfolgreichste Band aller Zeiten. Die Treue der Fans zeigt sich heute nicht mehr nur im Hören von Platten, sondern ebenso im Kauf von allerlei Dingen. Lennons Instrument ist dabei längst nicht die teuerste Promi-Devotionalie: Kurt Cobains «MTV Unplugged»-Gitarre ging 2020 für 6 Millionen US-Dollar weg. Die Geschäftsführer des Auktionshauses raten: «Überprüft eure Dachböden.»