In den Augen Pekings ist Washington die grösste Gefahr für den Weltfrieden. Die USA seien auch für den Krieg in der Ukraine verantwortlich.
Das chinesische Aussenministerium reagiert mit harschen Worten auf die Erklärung des Washingtoner Gipfels der Nato, welche China scharf kritisiert hatte. Die Erklärung sei eine Panikmache, ein Produkt der Mentalität des Kalten Krieges und voller kriegerischer Rhetorik, sagte ein Sprecher in Peking am Donnerstag: «Die Absätze über China enthalten eine Menge Vorurteile, Verleumdungen und Provokationen. Wir bedauern dies zutiefst und lehnen es entschieden ab, und wir haben bei der Nato ernsthaft Protest eingelegt.»
Die Nato sieht China als Erfüllungsgehilfen Russlands
Die Nato hatte bei ihrem Gipfel zum 75-jährigen Bestehen in Washington am Mittwoch China vorgeworfen, mit seiner aggressiven Politik eine Herausforderung für die Interessen, die Sicherheit und die Werte der Allianz zu sein. So sei die Volksrepublik mit ihrer «grenzenlosen Freundschaft» zu Russland und ihrer Unterstützung der russischen Rüstungsindustrie ein entscheidender Erfüllungsgehilfe für Russlands Krieg gegen die Ukraine. Daneben gefährde Peking mit seinen Cyberangriffen und den Desinformationskampagnen die euroatlantische Sicherheit.
China sieht das diametral anders. Die sogenannte Unterstützung Chinas für die russische Rüstungsindustrie sei reine Desinformation, sagte der Sprecher Lin Jian. Die USA hätten dafür nie Belege vorgelegt. Vielmehr zeigten Statistiken, das 60 Prozent der von Russland für Waffensysteme importierten Komponenten und Dual-Use-Güter aus den USA und dem Westen stammten. Daneben unterstellt Peking Washington, für den Krieg überhaupt verantwortlich zu sein.
Chinas Position ist in der Eigendarstellung eine ganz andere: «Wir haben nie versucht, die Flammen anzufachen, haben nie von der Krise profitiert und schon gar nicht Waffen an eine der Konfliktparteien geliefert.» Die internationale Gemeinschaft wisse schon, wer der grösste Feind von Frieden und Stabilität in der Welt sei, sagte Lin in Anspielung auf die USA.
China protestiert gegen Aktivitäten der Nato im Indopazifik
Neben den Anschuldigungen in der Washingtoner Erklärung ist Peking auch empört darüber, dass Washington seine engsten Partner im Pazifik enger an die Nato heranführt. So waren Australien, Neuseeland, Japan und Südkorea zum Gipfel eingeladen. Angefangen hatte dies nach dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022.
Zwar werden die vier Länder keine Mitglieder der Nato werden. Doch sie haben bei der Rüstungsindustrie Kapazitäten, welche die arg strapazierten Produktionslinien der Nato-Länder unterstützen und die leeren Munitionslager füllen können. Da, aber auch in Bereichen wie der Cybersicherheit will man verstärkt zusammenarbeiten.
Das Vordringen der Nato in den asiatisch-pazifischen Raum schade den Interessen Chinas und störe Frieden und Stabilität, heisst es aus Peking.
Die Nato ist für Peking auch ein abschreckendes Beispiel dafür, wie sich die Sicherheitsarchitektur im Indopazifik entwickeln könnte. Die USA, so der Vorwurf, versuchten eine «asiatische Nato» zu errichten, um China zu isolieren. Diese Befürchtungen werden dadurch genährt, dass Alliierte und Partner der USA in der Region zunehmend enger zusammenarbeiten. So haben etwa die Philippinen und Japan Anfang Woche ein Abkommen über den gegenseitigen militärischen Zugang geschlossen.
Chinas Manöver mit Weissrussland ist ein Signal an die Nato
Neben den Verlautbarungen des Aussenministeriums setzt Peking auch ein militärisches Zeichen, das als Antwort auf die Aktivitäten der Nato verstanden werden kann. Am Montag begannen Einheiten der Volksbefreiungsarmee gemeinsame Manöver mit weissrussischen Truppen. Das Übungsgebiet liegt an der Grenze zu Polen und damit direkt an der Nato-Ostflanke.
Dass China an der Nato-Ostflanke Manöver mit Weissrussland abhält, steht in offensichtlichem Widerspruch zu Pekings Protesten gegen Übungen der Amerikaner mit ihren Alliierten, etwa den Philippinen, in der eigenen Nachbarschaft. An der Pressekonferenz in Peking wies ein ausländischer Journalist den Sprecher auf diesen Widerspruch hin. Der Unterschied liege darin, so die Antwort, dass Chinas Übung mit Weissrussland ein normaler militärischer Austausch sei, der sich gegen kein anderes Land richte.








