Vor drei Wochen ging die Bärin KJ1 auf einen Jogger aus Frankreich los. Trotz Protesten wurde sie nun erschossen. Für eine weitere gefährliche Bärin gibt es eine andere Lösung: Sie soll nach Deutschland.
(dpa)
Mitten in der Ferienzeit ist oberhalb des Gardasees in Italien eine Bärin abgeschossen worden, die zur Gefahr für Touristen geworden war. Das Tier mit der amtlichen Bezeichnung KJ1 wurde von Förstern mithilfe eines Senders um seinen Hals lokalisiert und dann getötet, wie die Regierung der Provinz Trentino mitteilte. Die Braunbärin hatte vor drei Wochen einen 43 Jahre alten Jogger aus Frankreich angegriffen und schwer verletzt.
Bei der erschossenen Bärin handelt es sich um eine mehr als 20 Jahre alte Bärenmutter, die mit drei oder vier Jungtieren durch die Wälder streunte. Auf Beschluss der Provinzregierung wurde sie in der Nähe der Gemeinde Tenno erschossen.
Die Behörden sprachen von einem «gefährlichen Exemplar», das zuvor schon in mindestens sieben Fällen durch problematisches Verhalten aufgefallen sei – weil sich die Bärin in der Nähe von bewohnten Gebieten aufhielt oder anderswo Menschen zu nahe kam.
Bärenmutter mit Jungtieren
Tierschützer hatten versucht, die Tötung von KJ1 auf juristischem Weg zu verhindern. Eigentlich sind Braunbären in Europa durch verschiedene Abkommen und auch durch eine EU-Richtlinie geschützt. Nur «Problembären» dürfen gefangen und umgesiedelt – und notfalls auch erschossen werden. Dies kommt jedoch nur selten vor. Im Trentino hatte das Parlament kürzlich aber die Tötung von bis zu acht Tieren pro Jahr erlaubt.
Mehrere Tierschutzorganisationen äusserten sich empört, aber auch von der Regierung in Rom kam Kritik. Italiens Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin sagte: «Die Tötung einzelner Bären ist keine Lösung.» Mit Blick auf die Wiederansiedlung von Bären im Trentino um die Jahrtausendwende meinte er: «Wir erleben heute die Auswirkungen eines Fehlers aus der Vergangenheit, der unbedacht mit Blick auf eine touristische Nutzung des Images von Bären getroffen wurde.»
Im Trentino sowie in der Nachbarregion Südtirol verbringen derzeit viele Touristen ihre Sommerferien. Viele sind als Wanderer oder mit dem Mountainbike im Wald unterwegs, wo wieder mehr als hundert Braunbären zu Hause sind.
In der Regel gehen Bären Menschen eher aus dem Weg. Im Trentino kommt es seit einiger Zeit jedoch immer wieder zu Begegnungen. Vergangenes Jahr wurde dort sogar ein 26 Jahre alter Jogger von einer Bärin getötet. Dieses Tier – auch bekannt unter dem Namen Gaia – wurde jedoch lebend gefangen. In den kommenden Wochen soll es nach Deutschland umgesiedelt werden. Im «Alternativen Wolf- und Bärenpark» bei Bad Rippoldsau-Schapbach im Schwarzwald wird für Gaia ein Gehege gebaut.
In dem Schwarzwald-Park lebt auch die Braunbärin Jurka, ihre Mutter. Gaias Bruder Bruno war im Sommer 2006 der erste Bär, der nach 170 Jahren seine Tatzen auf bayrischen Boden setzte. Der «Problembär» wurde im bayrischen Rotwandgebiet abgeschossen.
Bären haben Paarungszeit
Auch in anderen europäischen Bergregionen kam es jüngst zu Angriffen. In den rumänischen Karpaten endete dies für eine Touristin sogar tödlich. Die häufigen Begegnungen hängen wohl auch damit zusammen, dass in den vergangenen Wochen Paarungszeit war und männliche Bären sich auf die Suche nach Partnerinnen machten. Vor allem Muttertiere, die Angst um ihren Nachwuchs haben, reagieren aggressiv.
Zudem trauen sich die Bären auf der Suche nach Nahrung inzwischen immer näher an Bauernhöfe und Ortschaften heran: Im Trentino wurden Tonnen mit Müll und Kompost durchwühlt, Kirschbäume leer gefressen sowie Kälber und Schafe gerissen.
Grundsätzlich empfehlen Experten, bei einer Begegnung mit Braunbären ruhig zu bleiben und sich langsam zurückzuziehen. Sie raten aber auch zu Bärenspray und geruchssicheren Behältern, damit die Tiere gar nicht erst angelockt werden.