Der Schlagabtausch zwischen der italienischen Grossbank und der Ampel-Regierung geht in eine neue Runde. Unicredit lässt sich nicht abschrecken, sondern will den Anteil an der Commerzbank erhöhen.
Der Aufsichtsrat und der Vorstand der Commerzbank führt Anfang dieser Woche seine jährliche Strategietagung in der Nähe von Frankfurt durch. Im Fokus dabei steht der unerwünschte Einstieg der Unicredit bei der Commerzbank mit bis dato 9 Prozent. In dieses Treffen platzte am Montag die Meldung, dass die italienische Grossbank nachgedoppelt und sich sogar schon Anteile über insgesamt 21 Prozent gesichert hat. Damit eskaliert der Kampf um die zweitgrösste deutsche Privatbank.
Chuzpe beim Angriff auf die Commerzbank
Zuvor hatte die Mailänder Bank zwei entscheidende Informationen veröffentlicht: Zum einen habe Unicredit die behördliche Anmeldung für den Erwerb einer Beteiligung an der Commerzbank von über 10 bis 29,9 Prozent eingereicht. Zum anderen habe man Finanzinstrumente für den Bezug von 11,5 Prozent der Commerzbank-Aktien abgeschlossen.
Zwar kann die Bank diese Instrumente erst ausüben, wenn die erforderlichen behördlichen Genehmigungen erteilt worden sind. Doch Beobachter sehen kaum Gründe, warum sich die Europäische Zentralbank (EZB) als wichtigste zuständige Aufsichtsbehörde gegen eine Übernahme der Commerzbank durch Unicredit stellen sollten.
Die Italiener legten damit eine gewisse Chuzpe an den Tag. Der aggressive Schritt von Konzernchef Andrea Orcel kommt nur drei Tage nach der Ankündigung der deutschen Bundesfinanzagentur vom Freitagabend, wonach der Bund bis auf weiteres keine zusätzlichen Anteile an der Commerzbank verkaufen will.
Die Strategie der Commerzbank sei auf Eigenständigkeit ausgerichtet, was der Bund vorerst mit der Aufrechterhaltung seiner Beteiligung von noch 12 Prozent begleiten wolle, hiess es. Der zuvor verbliebene Anteil von 16,49 Prozent stammte noch aus der Teilverstaatlichung des Instituts während der Finanzkrise Ende der 2000er Jahre.
Darüber hinaus unterstrich der Bund, dass die Commerzbank ein stabiles und ertragsstarkes Institut sei. Allerdings verdient die Bank schon seit vielen Jahren ihre Kapitalkosten nicht und stellt dies im Rahmen der weiteren Erholung auch erst für das Jahr 2027 in Aussicht.
Konzernchef Knof verfolgt eigene Strategie
Die Unicredit, Italiens zweitgrösste Geschäftsbank nach Intesa Sanpaolo, hatte vor knapp zwei Wochen völlig überraschend bekanntgegeben, einen Anteil von rund 9 Prozent an der Commerzbank erworben zu haben, Deutschlands viertgrösster Bank nach der Deutschen Bank, der DZ Bank und der KfW. Orcel und sein Managementteam hatten sowohl den Bund als auch die Commerzbank mit ihrem Schritt überrumpelt. Der Unicredit gehört in Deutschland bereits die Hypovereinsbank.
Die Italiener nutzten den angekündigten Verkauf eines Aktienpaketes an der Commerzbank durch den Bund in Höhe von 4,49 Prozent. Allerdings hatte der Bund dem Vernehmen nach nie vor, das gesamte Paket an einen einzigen und dann auch noch strategischen Investor zu verkaufen.
Allerdings versäumte es Berlin, die Auktion entsprechend auszugestalten und beispielsweise auf kleinere Pakete von 0,5 oder 1 Prozent pro Investor zu beschränken. Zugleich hatte Unicredit rund 4,5 Prozent der Commerzbank-Aktien am Markt erworben beziehungsweise sich die Aktien teilweise über Finanzinstrumente gesichert.
In mehreren Interviews im Anschluss an die Transaktion liess Orcel wenig Zweifel daran, dass Unicredit die Commerzbank idealerweise vollständig übernehmen möchte. Er behält sich allerdings die Hintertür einer Kooperation offen, um Synergien und Wertsteigerungen notfalls so zu vollziehen. In Berliner Regierungskreisen und vor allem bei der Commerzbank löste der unfreundliche Einstieg Widerstand aus. Konzernchef Manfred Knof und Finanzchefin Bettina Orlopp verwiesen auf ihre eigenständige Strategie. Gewerkschafter wollen die Übernahme laut mehreren Stellungnahmen auf jeden Fall verhindern.
Feindliche Übernahmen im Bankensektor schwierig
Unicredit könnte nun versuchen, auch ohne das verbliebene Aktienpaket des Bundes die kritische Besitzschwelle von 30 Prozent der ausstehenden Aktien zu erreichen. Dadurch würde die Bank aus rechtlicher Sicht die Kontrolle über die Commerzbank erlangen und müsste den übrigen Aktionären pflichtmässig ein Übernahmeangebot unterbreiten.
Derlei feindliche Übernahmen gegen den Willen einer nationalen Regierung und des amtierenden Vorstandes gelten in der Branche jedoch als schwierig, denn Banken sind noch immer nationale Ikonen. Orcel liess am Montag ferner mitteilen, sich alle Optionen offenzuhalten, also den Anteil beizubehalten, mit leichtem Verlust wieder zu verkaufen oder zu erhöhen. Auf der Strategietagung der Commerzbank im Taunus gibt es nun noch mehr zu besprechen als zuvor gedacht.
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