Trotz den erwarteten Rekorderträgen will der rot-grüne Stadtrat nichts von Steuersenkungen wissen.
Es gehört zu den grossen Widersprüchen des rot-grün regierten Zürich: Die Stadtregierung sorgt sich über Wohnungsmangel und hohe Mietpreise – und schöpft zugleich Unsummen an Steuererträgen ab, weil der Immobilienmarkt brummt.
So lief es stets in den vergangenen Jahren. Und so ist es auch jetzt, da die Stadt ihr Budget für das kommende Jahr präsentiert. Dieses Mal rechnet sie mit Erträgen von einer halben Milliarde Franken, so viel wie nie zuvor.
Eine weitere Konstante: Die Erträge mögen noch so hoch sein – sie scheinen nie hoch genug zu sein, dass sich Daniel Leupi auf eine Diskussion über Steuersenkungen einlassen würde. Diese fordert eine breite Mitte-rechts-Allianz inklusive GLP seit Jahren.
Doch Leupi will nicht. Geht es nach ihm, bleibt der Steuerfuss wie heute bei 119 Prozent.
Heuer formuliert es der grüne Finanzvorstand so: «Für eine Steuerfusssenkung bleibt kaum Spielraum.»
Mittlerweile werden alleine aus der Grundstückgewinnsteuer Erträge von 510 Millionen Franken generiert. Insgesamt betragen die Steuereinnahmen 3,8 Milliarden Franken. Der Steuerertrag bei den natürlichen Personen liegt bei 2,2 Milliarden Franken, bei den juristischen Personen (Unternehmen) sind es 1,1 Milliarden Franken. In diesem Stil wird es weitergehen, davon sind die Planer in der Stadtverwaltung überzeugt.
Wie stets in den letzten Jahren zeugen die Budgetpläne des Stadtrats von einem sehr gesunden Stadtzürcher Finanzhaushalt. 10,9 Milliarden Franken betragen die vorgesehenen Einnahmen, 11,2 Milliarden Franken die Ausgaben. Daraus geht zwar ein Fehlbetrag von 226,2 Millionen Franken hervor, aber in den letzten Jahren hat die Stadt stets zu pessimistisch geplant. Per Ende 2025 wird die Stadt Zürich über ein zweckfreies Eigenkapital von 2,1 Milliarden Franken verfügen.
Bei den Ausgaben sind die Löhne des Stadtpersonals der mit Abstand grösste Posten. 3,6 Milliarden Franken gibt die Stadt dafür aus. Das sind 165 Millionen Franken mehr als im Vorjahr für 677 Stellen. Etwas weniger als die Hälfte davon entfällt auf den Schulbereich – wegen steigender Schülerzahlen und aufgrund der Einführung der Tagesschulen.
Nettoinvestitionen sind in der Höhe von 2,1 Milliarden Franken geplant, eine halbe Milliarde mehr als letztes Jahr. Allerdings ist Letzteres weitgehend damit zu erklären, dass die Aktien der Flughafen Zürich AG, die die Stadt besitzt, vom Finanz- in das Verwaltungsvermögen übertragen werden sollen. Es ist also buchhalterisch begründet.
Der Stadtrat begründet dies damit, dass die Stadt mit der Beteiligung an der Flughafen Zürich AG strategische Ziele im öffentlichen Interesse verfolge. Heisst: Sie will mitreden können. Die Aktienbewertung ist demgegenüber zweitrangig. Darum gehöre diese Beteiligung nicht ins Finanzvermögen, sondern ins Verwaltungsvermögen. Für diese Verschiebung ist eine Volksabstimmung zwingend.
Mit den hohen Investitionen und den Aufgaben der Zukunft begründet Leupi seine Unlust, die Steuern zu senken. Es sind die üblichen Verdächtigen, die alle Jahre zitiert werden: Bevölkerungswachstum, Unsicherheiten bei der wirtschaftlichen Entwicklung mit Teuerung und Zinsen, weiter die Umsetzung der Tagesschule und schliesslich Massnahmen zum Klimaschutz.
«Die hohen Investitionen haben ihren Preis», sagt Leupi. Er bezieht sich dabei auch auf den langfristigen Finanzplan, der jeweils mit dem Budgetvorschlag des Stadtrat publiziert wird. Demnach wird sich das zweckfreie Eigenkapital bis 2028 auf eine Milliarde Franken halbieren.
Aber diese Prognose trifft nur ein, wenn die Stadt künftig Mal für Mal mit einem Fehlbetrag abschliesst. Das ist seit einem Jahrzehnt nicht mehr passiert, auch wenn die Stadt in den letzten Jahren immer mit einem Fehlbetrag budgetierte. In 14 von 15 Fällen wurde aus dem geplanten Minus am Ende ein Plus.
Die Stadt profitiert nach wie vor davon, dass profitable Finanzdienstleister ihren Sitz in Zürich haben und deren Mitarbeiter zu einem guten Teil hier wohnen. Anzeichen, dass der Stadtzürcher Geldregen ein Ende hätte, gibt es keine.