1974 und 1978 stand Neeskens mit der «Elftal» im WM-Final. Nun ist der frühere Mittelfeldstar im Alter von 73 Jahren gestorben.
Es ist nicht allzu gewagt zu behaupten, dass von den vielgerühmten Fussballmannschaften nicht allzu viele Details in Erinnerung bleiben. Wer an die fabelhaften Ungarn der frühen 1950er Jahre denkt, dem fällt ausser Ferenc Puskás allenfalls noch Nándor Hidegkuti ein, bei den deutschen Finalsiegern gegen Ungarn 1954 dürften sich die Erinnerungen auf Helmut Rahn und Fritz Walter beschränken.
Nur Cruyff war populärer
Geht es um das 1974er-Team der Niederlande, das damals in Deutschland angetreten war, um Weltmeister zu werden, so dreht sich in den Retrospektiven nahezu alles um die Figur Johan Cruyff. Das hat Gründe, denn Cruyff hat im Fussball Spuren wie nur wenige hinterlassen. Er prägte nicht nur das niederländische Spiel seiner Zeit, sondern später auch als Trainer den FC Barcelona, in dem ein gewisser Josep Guardiola ein wissbegieriger Schüler war.
Met grote verslagenheid heeft de KNVB kennisgenomen van het onverwachte overlijden van Johan Neeskens.
Johan was een van onze allergrootsten. We gaan hem enorm missen.
We wensen zijn vrouw Marlis, zijn kinderen Christian, Tamara, Bianca en Armand, zijn kleinkinderen Djoy en… pic.twitter.com/z4ErJ7Hqeb
— KNVB (@KNVB) October 7, 2024
Eine solche Verkürzung ist stets unfair gegenüber den Mitspielern. Denn damals gab es bei den Niederländern eben nicht nur Cruyff, sondern auch den Aussenstürmer Johnny Rep und den Gestalter Johan Neeskens, nach Cruyff der vielleicht populärste Spieler dieser Mannschaft. Neeskens gehörte wie Cruyff zum Team von Ajax Amsterdam, er folgte diesem 1974 nach Barcelona.
Anfang der siebziger Jahre dominierte Ajax in Europa. Neeskens kam in der Mannschaft des niederländischen Trainers Rinus Michels eine tragende Rolle bei dessen Idee vom «Voetbal total» zu. Zudem war ihm die Verantwortung für das Ausführen von Strafstössen übertragen worden. Und Neeskens traf sicher. Daher dürfte kaum ein Zuschauer Zweifel gehabt haben, als er in der ersten Minute des WM-Finals 1974 gegen Sepp Maier antrat, um zu vollstrecken. Neeskens kickte den Ball aufs Tor – doch vor Nervosität ein wenig anders, als es sich der deutsche Torhüter vorgestellt hatte: «Der hat in den Boden getreten. Das war eine richtige Staubwolke.»
Die TV-Bilder belegen: Maiers Erinnerung ist vollkommen richtig. Und doch gereichte der frühe Treffer den Niederländern nicht zum Vorteil; sie unterlagen in München 1:2 gegen eine deutsche Mannschaft, die den Nachbarn die Überheblichkeit übel nahm und ihr bestes Spiel im Turnier zeigte.
Cruyff, van Hanegem und Neeskens fuhren ohne Titel heim, die Niederlage wurde in den folgenden Jahren arg verklärt. Neeskens aber bekam noch eine zweite Chance, vier Jahre später, in Argentinien. Cruyff hatte sich schon aus dem Nationalteam zurückgezogen, er hatte gar nicht mehr die Gelegenheit, gegen den Gastgeber, im Final anzutreten. Einiges hatte sich geändert im Team der Niederländer: Trainer war nicht mehr der bärbeissige Rinus Michels, sondern der ewig grantelnde Ernst Happel – ein Genie, das der Qualität seiner Spieler entsprach.
Auch in Argentinien scheiterten die Niederländer
Viel hatte nicht gefehlt, und sie wären doch noch Weltmeister geworden, die womöglich beste Generation, die der niederländische Fussball je hervorgebracht hat. Kurz vor Schluss traf Rob Rensenbrink den Pfosten – Argentinien setzte sich in der Verlängerung 3:1 durch.
Seine Karriere liess Neeskens in der Schweiz ausklingen, zunächst beim FC Baar, dann beim FC Zug, den er ebenso wie den FC Sion trainierte. Erfolg war ihm, der die Ideen Johan Cruyffs wie kein anderer von der praktischen Seite her kannte, als Trainer allerdings nicht beschieden. Seine letzte grosse Station war Galatasaray Istanbul im Jahr 2009. Nun ist Johan Neeskens verstorben. Sein Tod kommt überraschend, er hatte nur kurz über Unwohlsein geklagt. Er wurde 73 Jahre alt.