Für den Mann wird ein lebenslängliches Verbot von Tätigkeiten mit Minderjährigen angeordnet.
Der Fall kam ins Rollen, als ein kleines Mädchen seinen Eltern zu Hause in der Stadt Zürich seltsame Dinge aus der Kita erzählte. Die Eltern erstatteten Strafanzeige, ein heute 31-jähriger Schweizer Kita-Betreuer wurde im November 2022 festgenommen und sass zwei Tage in Haft. Das Mädchen war allerdings noch zu klein, um polizeilich einvernommen zu werden. Das Verfahren wegen der ursprünglichen Vorwürfe wurde eingestellt.
Bei der Hausdurchsuchung kamen beim Verdächtigen jedoch Nacktfotos von anderen Mädchen auf seinen digitalen Geräten zum Vorschein. Die Kita entliess den Mann, das RAV vermittelte ihn danach aber an eine andere Kita im Kanton Zürich, in der er bis zum Juni 2023 arbeitete. Dann wurde er erneut festgenommen. Wiederum sass er zwei Tage in Haft. Seither ist er arbeitslos.
Mehrere Fotos konnten drei Mädchen zugeordnet werden, welche die erste Kita besucht hatten, zum Teil Jahre zuvor. Auf den Fotos waren Geschlechtsteile und Toilettengänge der Mädchen, die zum Tatzeitpunkt vier bis sieben Jahre alt waren, zu sehen.
Als eines dieser Mädchen mit seiner Mutter zu Hause über die Fotos sprach, brachte die zu diesem Zeitpunkt bereits neunjährige Schwester der Mutter unvermittelt ein Notizbuch. Darin war in einem Text beschrieben, wie rund vier bis fünf Jahre zuvor – in den Jahren 2018 oder 2019 – in der Kita sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen worden waren. Bei einem Toilettengang habe ein Betreuer seinen Finger in die Scheide gesteckt, das habe ihr weh getan, und der Mann habe gesagt, sie dürfe es niemandem erzählen.
Der Beschuldigte weiss nicht, weshalb er die Fotos machte
Der 31-jährige Beschuldigte arbeitete ab 2018 als Kita-Betreuer. Er war ursprünglich in einem handwerklichen Beruf tätig, musste sich nach einem schweren Autounfall aber umorientieren. Er sei vier Jahre in dieser Kita gewesen, und es habe nie Probleme gegeben, sagt er in der Befragung.
Dass er die Fotos mit fokussierten Nahaufnahmen auf die Geschlechtsteile der Mädchen hergestellt habe, gibt er zu. Aus welchem Grund er das gemacht habe, wisse er aber nicht, auch auf mehrmaliges Nachfragen bleibt er dabei: «Ich kann es Ihnen nicht sagen.»
Er habe jedoch keinerlei sexuelle Präferenzen gegenüber Kindern, er stehe auf erwachsene Frauen, beteuert er. Ihm sei trotzdem klar, dass die Bilder ausserhalb des tolerierbaren Bereichs seien. Er habe neun Sitzungen bei einem Psychiater absolviert. Auch dieser sage, dass er keine sexuellen Neigungen zu Kindern habe.
Auch dass er 31 «tatsächliche» und 240 «virtuelle» Bilder mit Kinderpornografie vom Internet heruntergeladen hat, gibt er zu. Bei den virtuellen Bildern handelt es sich vor allem um sexualisierte Comics mit den Simpsons-Figuren. Er habe nicht gewusst, dass dies verboten sei.
Er habe aber niemals sexuelle Handlungen an Kindern vorgenommen. Bei keinem Kind. Was ihm diesbezüglich vorgeworfen werde, habe er nicht gemacht. Als er gefragt wird, ob er eine Erklärung dafür habe, warum das Mädchen etwas anderes gesagt habe, sagt er: «Ich war in der Kita streng, die Kinder mussten folgen. Vielleicht bin ich nicht der Lieblingsaufpasser gewesen, weil ich streng war.»
Ein Detail der Schilderungen des Opfers kann nicht stimmen
Die Staatsanwältin beantragt eine Schuldigsprechung wegen sexueller Handlungen mit Kindern, Schändung, Pornografie und Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte. Sie verlangt eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten, eine Probezeit von drei Jahren, die Anordnung einer Weisung, sich einer therapeutischen Behandlung zu unterziehen, ein Tätigkeitsverbot und die Erstellung eines DNA-Profils.
Sie erklärt, die Aussagen des Mädchens seien insgesamt glaubhaft, räumt aber ein, dass ein Detail, nämlich dass der Täter bei der Tat eine Sanduhr verwendet habe, nicht stimmen könne.
Die Sanduhr war von der Polizistin in die Befragung eingebracht worden, offenbar als Vergleich, um die Dauer der Tathandlung abschätzen zu können. Das Kind hatte zuvor gar nicht gewusst, was eine Sanduhr ist. Es habe dann aber wohl an der Schilderung mit der Sanduhr festgehalten, um der Befragerin zu gefallen, so die Staatsanwältin.
Der Verteidiger nimmt den Ball auf und argumentiert, genau wegen dieser Schilderungen über die Sanduhr seien die Aussagen des Mädchens nicht glaubhaft und widersprüchlich. Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der sexuellen Handlungen und der Schändung freizusprechen. Für den Rest, den er zugebe, sei er mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu bestrafen.
Das Bezirksgericht hat keine Zweifel
Das Bezirksgericht Zürich hat allerdings keinen Zweifel, dass der Vorfall mit dem Finger stattgefunden hat. Das Kind habe im Kern immer so ausgesagt. Die Sanduhrgeschichte habe es zwar offenbar mit etwas vermischt, was sicher nicht so gewesen sei. Der Kern der Aussagen bleibe aber glaubhaft. Zudem sprächen auch weitere Indizien der Gesamtumstände dafür.
Der Beschuldigte wird wegen aller angeklagten Straftatbestände verurteilt und mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 21 Monaten und einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Franken bestraft, die Probezeit beträgt leicht verlängerte drei Jahre.
Ihm wird die Weisung erteilt, während der Probezeit eine therapeutische Behandlung mit dem Fokus auf sexuellen Präferenzen zu Minderjährigen zu absolvieren. Auch das lebenslängliche Verbot einer Tätigkeit mit Minderjährigen und die DNA-Probe werden angeordnet.
Urteil DG240106 vom 5. 11. 2024, noch nicht rechtskräftig.