Auf den Schub nach den US-Wahlen folgt eine Konsolidierung. Das The Market Risk Barometer kühlt sich zwar etwas ab, signalisiert aber weiterhin eine gewisse Sorglosigkeit.
Nachdem die Finanzmärkte erleichtert auf den klaren Wahlsieg von Donald Trump reagiert hatten, kam es in der vergangenen Woche zu einer Verschnaufpause an den Aktienmärkten. Der Schub zuvor war allerdings auch eindrücklich gewesen, wie sich beispielsweise am Zufluss in Aktienfonds, die in grosse US-Konzerne investieren, ablesen lässt. So sind gemäss Bank of America in lediglich einer Woche mehr als 44 Mrd. $ in US-Large-Cap-Fonds geflossen.
Allerdings zeigt sich die Euphorie primär am US-Markt, den viele Investoren als grossen Profiteur der Wahlen sehen. Denn Trump verspricht eine Re-Industrialisierung des Landes, niedrigere Unternehmenssteuern, weniger Bürokratie und saftige Importzölle, um für die einheimischen Unternehmen die ausländische Konkurrenz auf Distanz zu halten.
Dollar wertet weiter auf
Während US-Aktien gesucht waren, sahen andere Regionen – vor allem Schwellenländer und China – einen Abfluss von Investorengeldern. Mit ein Grund dürfte der derzeitige Höhenflug des Dollars sein. Seit Ende September hat der Dollarindex, der den Aussenwert des Greenbacks gegenüber sechs wichtigen Handelspartnern spiegelt, um 6% aufgewertet. Diese Entwicklung setzt insbesondere Schwellenländer mit hohen Dollarschulden unter Druck.
Zudem hat sich der Anstieg bei den Kapitalmarktzinsen fortgesetzt. Die Renditen auf zwei- als auch zehnjährige US-Staatsanleihen sind im Wochenvergleich weiter nach oben geklettert. Angesichts der potenziell inflationären Massnahmen, die Donald Trump im kommenden Jahr umzusetzen gedenkt, wenden sich die Anleger von Staatsanleihen ab, was zu höheren Renditen führt. Das könnte dereinst die Aktienmärkte belasten. «Wenn die Bondrenditen weiter steigen, während die Trump-Regierung Gestalt annimmt, wird es für die Börsen ungemütlich», warnt Marko Papic, Stratege beim kanadischen Analysehaus BCA Research, im Interview mit The Market.
Beim Bitcoin hiess es dafür weiterhin «Risk-on». Mittlerweile notiert der Kurs für die Kryptowährung auf mehr als 90’000 $, nachdem er zum Monatsbeginn noch unter 70’000 $ verharrt hatte.
Rücksetzer an den Börsen
Bei den Aktienindizes kam es derweil zu einem Durchatmen. Der Weltindex von MSCI beendete die Woche 2,4% tiefer. Chinesische Aktien (–6%), der breite Schwellenländerindex (–4,5%) sowie der Nasdaq 100 (–3,4%) waren die grössten Verlierer. Etwas besser hielten sich die europäischen Indizes Dax, FTSE 100 und Euro Stoxx 50, welche die Woche nahezu unverändert beendeten.
Auch bei den Sektoren dominierten die Verlierer. Einzig Finanz (+0,6%) und Energie (+0,2%), die von den Marktteilnehmern als Profiteure einer Trump-Regierung identifiziert wurden, vermochten im Wochenverlauf zuzulegen. Der Sektor Versorger (–0,4%) hielt sich ebenfalls verhältnismässig gut – trotz weiter steigender Bondrenditen.
Die Branchen Technologie (–2,9%) und Grundstoffe (–4,5%) mussten kräftig Federn lassen. Am härtesten traf es jedoch den Gesundheitssektor, der schmerzhafte 5,5% einbüsste. Die geplante Ernennung von Robert F. Kennedy Jr., der dem Pharmasektor gegenüber überaus skeptisch eingestellt ist, zum künftigen US-Gesundheitsminister sorgte unter Anlegern für Verunsicherung.
Anleger sind weiterhin guter Dinge
Nach dem markanten Anstieg nach der Wahl Trumps fiel das Risk Barometer in der vergangenen Woche um drei auf 71 Punkte. Das ist immer noch ein hoher Wert, der in den vergangenen fünf Jahren nur selten erreicht wurde und der eine gewisse Sorglosigkeit unter den Anlegern – und eine erhöhte Gefahr von Enttäuschungen – signalisiert.
Von den neun Indikatoren, die in das Barometer einfliessen, haben sich drei verbessert, deren sechs haben sich verschlechtert.
Positiv zu Buche schlugen die Hedge Funds, die ihre Risikopositionen etwas aufstockten, sowie die US-Privatanleger, die in den kommenden Monaten tendenziell weitere Kursavancen des S&P 500 erwarten. Konkret rechnet ziemlich genau die Hälfte der Befragten damit, dass der US-Leitindex in sechs Monaten höher notieren wird, während knapp über 28% davon ausgehen, dass er fallen wird. Die übrigen 22% der Umfrageteilnehmer sind «neutral».
Die negativen Inputfaktoren überwogen allerdings, wobei vor allem der Anstieg des Volatilitätsindex auf den S&P 500 (Vix), das Umschichten der Börsianer von Call- zu Put-Optionen sowie der jüngste Schwungverlust bei den kleinkapitalisierten Unternehmen zum leichten Rückgang des Risk Barometers geführt haben.
Nvidia legt Zahlen vor
Aus makroökonomischer Sicht steht am Mittwoch der Leitzinsentscheid der chinesischen Zentralbank im Vordergrund, zum Wochenausklang werden die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für die wichtigsten Länder und Regionen veröffentlicht.
In Sachen Unternehmensnachrichten dürften die Augen der Marktteilnehmer auf den Halbleiterkonzern Nvidia gerichtet sein, der am Mittwoch die Zahlen für das dritte Quartal vorlegen wird. Weitere wichtige Unternehmen, die ihre Ergebnisse präsentieren, sind Walmart (Dienstag), BBVA, Nio, Palo Alto Networks, Target und Wix (Mittwoch), Baidu, Gap, John Deere und Pinduoduo (Donnerstag).