Das silberweisse Edelmetall ist mittlerweile nicht nur bei speziellen Komplikationen gefragt, sondern kommt immer öfter auch als Gehäusematerial für Dreizeigeruhren infrage.
Auf den ersten Blick sieht es Edelstahl oder Weissgold zum Verwechseln ähnlich. Aber Platin ist einen Tick glänzender als Stahl, eher grauweiss und je nach Lichteinfall eine Nuance hellgleissender als das silbern scheinende Weissgold. Es ist ein diskretes Material und bei manchen gerade deswegen so beliebt. Nur für Kennerinnen und Kenner ersichtlich, auch um diese Eigenschaft geht es bei dazu passenden Stilphänomenen wie «Stealth Wealth» und «Quiet Luxury».
In der Gewinnung ist Platin seltener, komplizierter und energieintensiver als Gold. Es ist eines der dichtesten und schwersten Metalle überhaupt und deshalb äusserst korrosionsbeständig. Auch die Verarbeitung ist anspruchsvoll: Sie erfordert spezielle Werkzeuge und zeitaufwendige Techniken. Da Platin um einiges schwerer als Gold ist – rund sechzig Prozent –, wird mehr Material benötigt als bei einer vergleichbaren Uhr aus Weissgold. All das schlägt sich im Preis nieder.
Weniger volatil als Gold
Für viele Käufer rechtfertigt sich der höhere Preis dieses «ultimativen Metalls» mit der Kombination aus hoher Verschleissbeständigkeit, aufwendiger Verarbeitung, Exklusivität, Gewicht und Seltenheit. Auch die langfristige Wertstabilität wird geschätzt: Als Wertanlage ist Platin weniger volatil als Gold.
In der Uhrenbranche verwendet man deshalb gern hochwertiges 950er Platin für die Gehäuse besonders aussergewöhnlicher und prestigeträchtiger Zeitmesser. Man denke an Omegas ikonische «Speedmaster Moonwatch 321» von 2019 – mit Hilfszifferblättern aus Mondmeteorit – oder die limitierte Platin-Edition der Minutenrepetition «L.U.C Full Strike» von Chopard aus dem Jahre 2021.
Auch dieses Jahr zeigen viele renommierte Marken neue Luxus-Zeitmesser in wertvollem Platin. Exklusive Neulancierungen wie etwa die «Voyager Flying Tourbillon ‹Poinçon de Genève› Plique-à-jour» von Louis Vuitton, eine Platinversion der «Traditionnelle tourbillon chronograph» von Vacheron Constantin oder die 95 Gramm schwere «Cubitus Grossdatum» von Patek Philippe sorgen für Aufsehen.
Ausserdem kommen zwei der uhrmacherischen Highlights dieses Jahres ebenfalls in einem Platingehäuse daher: der «Portugieser Eternal Calendar» von IWC, am Grand Prix d’Horlogerie de Genève 2024 soeben mit dem Grand Prix Aiguille d’Or ausgezeichnet, oder der spektakuläre «Duometre Chronograph Moon» von Jaeger-LeCoultre.
Interessant ist aber vor allem auch, dass in den vergangenen Monaten eine Reihe neuer Zeitmesser mit Platingehäuse herauskam, die weniger kompliziert gebaut sind: edle Drei- oder Zweizeiger-Uhren, wie etwa die elegante, von Architekt Santiago Calatrava entworfene «Ipso-Matic» von Gübelin.
Wir zeigen fünf spannende Neuheiten von fünf Marken:
«Cartier Privé Tortue» von Cartier
An der Genfer Uhrenmesse Watches & Wonders präsentierte Cartier in der «Privé»-Linie eine Reedition eines Entwurfs, der erstmals 1912 vorgestellt wurde: Das Modell «Tortue», französisch für Schildkröte, gilt als eine der prestigeträchtigsten Uhren aus dem Cartier-Repertoire und wurde zuletzt 1998 neu interpretiert. In seiner achten Auflage wurde das Modell nun als exklusiver Monopoussoir-Chronograph neu lanciert. Zudem gibt es neu auch zwei weniger komplizierte, limitierte Versionen mit einem Gehäuse aus 950er Platin: mit mechanischem Uhrwerk mit Gangreserve von etwa 38 Stunden, Handaufzug und der typisch facettierten Krone eines Rubin-Cabochon – wahlweise ist das Modell mit Diamanten besetzt oder ohne solche.
«Perpetual 1908» von Rolex
Für einmal sticht keine robuste Sportuhr von Rolex, sondern ein feiner Zeitmesser mit Lederarmband und feinem, klassizistischem Look unter den diesjährigen Neuigkeiten der Genfer Manufaktur heraus. Die «Perpetual 1908», benannt nach dem Geburtsjahr des Markennamens, wurde vergangenes Jahr erstmals vorgestellt. Diese Rolex-Versionen von eleganten «Dress Watches» zeichnen sich durch ein klares, schlichtes Design aus. Die jüngste Version, die im April an der Genfer Uhrenmesse erstmals vorgestellt wurde, schillert mit einem hell polierten 39-mm-Platingehäuse. Ein Augenschmaus der Referenz 52506 ist das Zifferblatt in hellem Eisblau mit feinster «Grain de riz»-Guillochierung.
«Micro Rotor Atelier Series» von Biver
«Angesichts unserer Leidenschaft für Vintage-Uhren und der Tatsache, dass Platin traditionell für hochwertige Zeitmesser verwendet wird, war es für uns wichtig, Platin in unsere Kollektion aufzunehmen», so Pierre Biver, Mitbegründer und Kreativdirektor der jungen Uhrenmarke Biver.
Nach dem Debüt mit einem hochkomplexen Tourbillon 2023 schlägt das Vater-Sohn-Duo Jean-Claude und Pierre Biver ein neues Kapitel auf und legt eine Dreizeiger-Automatikuhr für den Alltag vor. Schlicht ist der Look, edelst die Ausführung in 950er Platin mit Zifferblatt in Obsidian.
«Escale» von Louis Vuitton
Anlässlich des 10-Jahre-Jubiläums der «Escale»-Uhr von Louis Vuitton lancierte die Maison dieses Jahr vier neue Modelle. Nach diversen Komplikationen konzentrieren sich diese aufs Wesentliche: die Zeitmessung. Diese Dreizeiger-Uhren sind zwei Versionen aus Roségold – klar und schnörkellos. In den beiden anderen Versionen mit Platingehäuse umrahmen Diamanten auf der Lünette ein Zifferblatt aus Onyx. Etwas schlichter, aber nicht minder extravagant ist das Modell mit einem Zifferblatt aus ausserirdischem Material: Meteorit.
Die achteckige Krone widerspiegelt die Form von Nieten auf «LV»-Koffern, und auf der Rückseite ist die Seriennummer auf einer schmalen Goldkartusche eingraviert, die am Rand des transparenten Gehäusebodens vernietet ist – eine Anspielung auf die gravierten Schilder mit Seriennummern, die jeden Louis-Vuitton-Koffer kennzeichnen.
«Toric» von Parmigiani Fleurier
Leiser Luxus: so unaufdringlich wie Cashmere-T-Shirts von Brunello Cucinelli oder Loro Piana. Bei der Entwicklung der neuen Toric-Kollektion war man bestrebt, die Essenz der «Dress Watch» für Herren neu zu definieren. Was für Laien aussieht wie eine Edelstahluhr, entpuppt sich als kostbarer Platinzeitmesser mit Seladon-grauem Zifferblatt, in aufwendiger «Grenage»-Technik von Hand gekörnt und versehen mit einem Uhrwerk aus 18-karätigem Roségold.
«Diese Kollektion ist der Inbegriff von Freiheit und Raffinement, ein Spiegelbild der Entwicklung der Garderobe des modernen Mannes», so Guido Terreni, CEO von Parmigiani Fleurier. Mit der Uhr wolle man mit althergebrachten Zwängen brechen und eine Uhr mit nuancierter, ruhiger und vielseitiger Eleganz kreieren.