Donald Trump droht Kanada, Mexiko und China mit höheren Zöllen. Ein wichtiger Grund sind Amerikas Drogenprobleme. Trumps Verknüpfung von Zöllen mit sachfremden Themen führt dazu, dass sich das Drohpotenzial zusehends abnutzt.
In seiner ersten Amtszeit als Präsident hielt Donald Trump die Öffentlichkeit nicht zuletzt mit seinen Tweets auf Trab. Schneller als erwartet ist diese Unsitte in die Politik zurückgekehrt. Zwar dauert es noch fast zwei Monate, bis Trump wieder ins Weisse Haus einziehen kann. Doch über seinen Kurznachrichtendienst Truth Social hat er bereits angekündigt, kurz nach Amtsantritt alle Importe aus Mexiko und Kanada mit einem Zoll von 25 Prozent zu belegen. Für Einfuhren aus China kündigt Trump ausserdem zusätzliche Zölle von 10 Prozent an.
Ein Mittel gegen Migration, Kriminalität, Drogen
Ist die Ankündigung zum Nennwert zu nehmen? Oder baut Trump nur eine Drohkulisse auf, um sein Gegenüber einzuschüchtern und zu Zugeständnissen zu drängen, damit das Angedrohte am Ende gar nicht umgesetzt werden muss? Wie so oft bei Trump ist sein Kalkül schwer zu durchschauen. Viele seiner mit Grossbuchstaben akzentuierten Ankündigungen entpuppen sich im Nachhinein als leeres Geschrei. Bisweilen sind sie aber bedeutsam. Strategische Ambiguität nennt man das; solche Mehrdeutigkeit gehört seit je zu Trumps Politik.
Dass Trump ein unverkrampftes Verhältnis zu Zöllen hat, ist nicht neu. Mit seiner jüngsten Breitseite geht er jedoch über das hinaus, was er bereits im Wahlkampf an Zollschranken angekündigt hatte. Die härtere Gangart gegenüber den Nachbarn Mexiko und Kanada begründet der designierte Präsident mit Einwanderern, die Kriminalität und Drogen über die Grenze in die USA brächten. Auch die stärkere Abschottung gegenüber China erklärt Trump damit, dass von dort Drogen wie etwa Fentanyl in die USA kämen.
Die Begründung erstaunt. So dienten Zölle in Trumps erster Amtszeit noch primär der Abwehr «unfairer» Handelsbeziehungen und dem Schutz heimischer Industrien. Nun scheint sich das Instrument aber zusehends zu verselbständigen. Es wird zur Allzweckwaffe, mit der Trump vorgibt, auch Probleme wie die illegale Einwanderung, Kriminalität, die hohe Zahl von Drogenabhängigen und vieles mehr anzugehen. Gegen all diese eher innenpolitischen Herausforderungen, die wenig mit dem Warenhandel zu tun haben, werden Zölle als Wundermittel empfohlen.
Gelassenheit an den Märkten
Ob die Rechnung aufgeht, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass nicht zuletzt die amerikanischen Konsumenten und Unternehmen unter einer Verteuerung der Importe leiden würden. Besonders grotesk: Eigentlich hatte Trump seinen Wählern niedrigere Benzin- und Energiepreise versprochen. Doch nun verteuert er beispielsweise die rund 4 Millionen Fässer an Rohöl, welche die USA täglich aus Kanada importieren. Auch Amerikas Autohersteller müssten die Preise nach oben anpassen, wenn sie für Bauteile aus den Nachbarländern mehr zu bezahlen hätten.
Ist Trump zu solcher Selbstschädigung bereit? Die verhaltene Reaktion der Finanzmärkte deutet darauf hin, dass die meisten Anleger von einem Bluff ausgehen. Zur Beruhigung der Stimmung trägt bei, dass der von Trump als Finanzminister vorgesehene Scott Bessent kein Protektionist ist, sondern als Pragmatiker gilt. Er weiss, dass höhere Zölle zu mehr Inflation führen, die Einkommen belasten und die Notenbank zwingen, die Zinsen hoch zu halten. Das stärkt den Dollar und verteuert den Schuldendienst. All das läuft Trumps Zielen zuwider.
Aber Trump ist Trump. Mit einer nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse ist seine Absicht schwer zu erraten. Ob er nur deshalb eskaliert, um später zu deeskalieren, ist unklar. Doch die Gelassenheit der Märkte zeigt: Man zuckt nicht mehr reflexartig zusammen, wenn Trump droht. Das Gefühl lähmender Fassungslosigkeit, das noch die erste Amtszeit prägte, ist weg. Die Rhetorik nutzt sich ab. Erst recht, wenn das Drohpotenzial der Zölle auf immer mehr sachfremde Bereiche ausgedehnt wird. Denn dass das Drogenproblem der USA mit Zöllen kaum zu lösen ist, dürfte auch Trump klar sein.