Der Wahlsieg von Donald Trump befeuert den Krypto-Boom. Youtube-Stars wie das Hawk-Tuah-Girl, Mr. Beast und Kim Kardashian machen sich das zunutze. Sie sollen sich auf Kosten ihrer Fans bereichert haben.
Nun auch noch das Hawk-Tuah-Girl. Die Amerikanerin Haliey Welch, die im Sommer in einer Strassenumfrage gutgelaunt erklärt hatte, wie man Männer um den Verstand bringt und durch ihren lockeren «Hawk-Tuah»-Spruch bekannt wurde, steht unter Beschuss. Ihre neu eingeführte Kryptowährung hat kurz nach der Lancierung stark an Wert verloren.
Die digitale Münze «Hawk» erreichte kurz nach ihrer Einführung am Mittwoch vergangener Woche eine Marktkapitalisierung von 490 Millionen Dollar. Danach verlor sie jedoch innerhalb weniger Stunden plötzlich mehr als 95 Prozent ihres Wertes, wie der britische Sender BBC berichtete.
Der YouTube-Kryptowährungsexperte Coffeezilla wirft Welch deshalb vor, Investoren betrogen zu haben.
Welch hat die Vorwürfe zurückgewiesen, bewiesen ist nichts. Tatsache ist aber, dass derzeit immer wieder neue Meldungen von Promi-Betrug die Runde machen. Viele folgen dem gleichen Muster.
Auch MrBeast, der weltweit erfolgreichste Youtuber mit 335 Millionen Abonnenten und der Influencer Logan Paul stehen unter Verdacht. Ihnen wird vorgeworfen, ihren Einfluss genutzt haben, um diverse Krypto-Projekte auf ihren Social-Media-Kanälen hochzujubeln (Pump). Als deren Preise in die Höhe schossen, verkauften sie ihre Bestände mit Gewinn (Dump).
Krypto-Detektive nutzen digitale Spuren
Dass die Social-Media-Promis eine solide Finanzexpertise haben, darf bezweifelt werden. Der Optimismus, den sie öffentlich verbreiten, ist dennoch gross. Lanciert ein Promi seine eigene Kryptowährung – wie jetzt das Hawk-Tuah-Girl – lässt sich leicht nachweisen, dass sie vorgängig auf den eigenen Social-Media-Kanälen beworben wurde.
Schwieriger wird der Nachweis, wenn sich die Empfehlungen auf Kryptowährungen beziehen, zu denen der Promi keine offensichtliche Verbindung hat – wie bei MrBeast. Bei diesem machten sich «On-Chain»-Forscher von Loock.io Advising den Umstand zunutze, dass Transaktionen über die Blockchain-Technologie öffentlich sind und deshalb auch zurückverfolgt werden können.
Mr Beast hatte 2021 in einem Social-Media-Betrag seine Haupt-Wallet-Adresse bekanntgeben. Von dort aus nutzten die Ermittler die On-Chain-Daten, um das breitere Netzwerk aufzuschlüsseln und eine Reihe versteckter Investitionen aufzudecken. Dabei analysierten die Krypto-Detektive gemäss eigenen Angaben bei MrBeast rund 50 Krypto-Konten.
Es gebe auffallende Ähnlichkeiten in den Kryptowährungs-Aktivitäten von MrBeast und weiteren Personen, mit denen er auf YouTube kooperiert habe, heisst es im Loock.io-Bericht, der im November publiziert wurde.
Logan Paul und Kim Kardashian: finanzielles Interesse nicht offengelegt
Auch Logan Paul, ein Influencer, der es geschafft hat, ein Millionenpublikum mit Slapsticks, kontroversen Videos und testosteronstarken Wrestling-Auftritten an sich zu binden, wird vorgeworfen, sich selbst bereichert zu haben, indem er seine Fans täuschte. Die BBC verwies in einem Bericht vom November auf neue Dokumente, nach denen Paul Investments beworben hat, ohne sein finanzielles Interesse darin offenzulegen.
Paul hatte 2021 die Vorzüge einer Meme-Münze mit Elon-Musk-Thema namens Elongate gelobt. «Elongate hat mich reich gemacht. Elon Baby, lass uns gehen!» Paul kündigte dies in einem Videoclip im Maverick Club an, seinem Fanclub nur für Abonnenten.
Nach diesem Posting stieg der Preis von Elongate auf ein Allzeithoch, blieb dort für einige Stunden, bis er danach abstürzte.
Eigener Enthusiasmus oder bewusste Manipulation?
Haben die Youtuber bewusst und willentlich in enge Märkten ohne grosse Handelsvolumen investiert, weil sie dort einen schnellen Gewinn witterten? In beiden Fällen geht es nicht um Manipulationen der «Big shots» der Krypto-Welt wie Bitcoin, Ethereum und Tether, sondern um Finanzwetten in den Nischen.
Meme-Coins, wie diejenigen von Haliey Welch, erfreuen sich aufgrund ihrer witzigen und billigen Attraktivität für Anleger immer grösserer Beliebtheit. Sie gelten oft als weniger riskant als bekanntere Krypto-Assets wie Bitcoin oder Ethereum, bergen aber noch grössere Risiken – oft ohne Schutz für diejenigen, die damit Geld verlieren.
Nur die Spitze des Eisberges
Die amerikanische Börsenaufsicht SEC warnt Anleger schon seit Jahren vor zweifelhaften Investment-Tipps von Promis mit hoher Reichweite im Internet und insbesondere hochspekulativen Krypto-Anlagen. Bereits 2018 hatte die Behörde dem Boxstar Floyd Mayweather und Hip-Hop-Produzent DJ Khaled Geldstrafen aufgebrummt, weil sie auf ihren Social-Media-Kanälen bezahlte Promo-Aktionen für Geschäfte mit Digitalwährungen machten, ohne dies offenzulegen.
Auch Kim Kardashian empfahl eine Kryptowährung und verschwieg dabei, dass der Anbieter sie für diese Werbung bezahlt hatte. Der Reality-Star muss in einem Vergleich 1,26 Millionen Dollar an Bussgeldern und Entschädigungen zahlen, wie die SEC Anfang Oktober meldete.
Die öffentlich bekannt werdenden Fälle von Krypto-Betrug sind lediglich die Spitze des Eisberges, betont Prof. Claus Rerup von der Frankfurt School of Finance and Management. «Viele Tiktok-Fans sind jung und naiv», so Rerup. «Krypto-Anlagen versprechen schnellen Reichtum. Junge Leute, die auf Social-Media ständig Selfmade-Millionäre sehen, die in kurzer Zeit viel Geld angehäuft haben, wollen es ihnen nachtun.»
Der Krypto-Experte Rino Borini geht davon aus, dass auch viele Schweizerinnen und Schweizer sogenannte «Shit-Coins» kaufen. Die Krypto-Kurse gehen hoch, der Zugang zu den Coins werde über die Apps immer einfacher. «Die Nutzerinnen und Nutzer sind allerdings auch selbst schuld. Sie lassen sich von der Angst verführen, bei der Aussicht auf schnelles Geld aussen vor zu bleiben, so Borini.
Interpol Generalsekretär Jürgen Stock bezifferte den Schaden von Krypto-Betrügereien unlängst auf derzeit jährlich 70 Milliarden Euro. Es seien psychologisch geschickt ausgearbeitete Methoden, mit denen die Opfer zu Geldanlagen in Kryptowährungen verleitet würden. Die Angriffe würden mittlerweile in industriellem Massstab stattfinden.
Deepfake von Elon Musk beruht auf künstlicher Intelligenz
Tatsächlich gibt nicht nur einfache Tricks, sondern auch solche, die auch mit gesundem Misstrauen nur schwer zu enttarnen sind. So warnte etwa die australische Finanzaufsicht unlängst davor, dass KI es für Verbraucher noch schwerer machen könnte, Betrügereien zu erkennen.
Insbesondere Deepfakes und KI-generierte Bilder machen es Durchschnittsbürgern schwierig, Betrug zu erkennen. Einer der kniffligsten Betrügereien mit gefälschter Promi-Werbung war ein Deepfake von Elon Musk, der für ein Krypto-Betrugsprojekt wirbt. In dem Video sagt der falsche Musk, dass er ein neues Krypto-Projekt startet und die Teilnehmer innerhalb von drei Monaten eine Rendite von 30 Prozent auf ihre Investition erzielen können.
Künftig könnte die Zahl der Betrügereien noch steigen. Der Wahlsieg von Donald Trump hat das aktuelle Krypto-Fieber weiter angeheizt. Die Allgegenwärtigkeit des Smartphones macht die Transaktionen spielerisch und leicht; ein Wisch, ein Tastendruck – schon ist der neuste Tipp des Internet-Idols über die App gekauft. Auf Social-Media feiern sich diejenigen, die mit gewagten Krypto-Investments ein Vermögen gemacht haben. Neid und Bewunderung führen dazu, dass manch einer aus dem Publikum es den Vorreitern nachmachen will. Das macht es für Betrüger einfach, die Leichtgläubigen zu verführen.