Drei Männer forderten 15 Millionen Euro für Privataufnahmen von Michael Schumacher. Nun stehen sie vor Gericht. Für die Familie des ehemaligen Rennfahrers geht es im Prozess um viel mehr, als um juristische Gerechtigkeit.
Michael Schumacher hat in seiner Karriere alle grossen Rennen gewonnen. 1994 schrieb er Sportgeschichte als erster deutscher Weltmeister in der Formel 1. Mit dem Titelgewinn löste er in der Heimat einen riesigen Motorsport-Hype aus. Aus Schumacher wurde die Marke «Schumi», stets begleitet von Reportern und Kameras, die sein Leben und das seiner Familie dokumentierten.
Seit dem 29. Dezember 2013 jedoch herrscht Stille um «Schumi». An diesem Tag stürzte er beim Skifahren in den französischen Alpen und erlitt schwere Kopfverletzungen. Seither wollen die Fans des siebenfachen Formel-1-Weltmeisters nur noch eines wissen: Wie geht es Michael Schumacher?
Mehr als zehn Jahre nach dem schweren Skiunfall bleibt diese Frage unbeantwortet. Die Familie hält Details zu seinem Gesundheitszustand der Öffentlichkeit fern. Wie es Schumacher geht, wissen nur jene, die mit ihm auf dem Anwesen im waadtländischen Gland zusammenleben – oder dort ein- und ausgehen dürfen.
Festplatten mit Hunderten Fotos und Videos
Drei Männer sahen darin das grosse Geschäft. Seit Dienstag stehen sie vor dem Amtsgericht in Wuppertal – angeklagt wegen schwerer Erpressung, Beihilfe und Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Der Prozess zieht grosse Aufmerksamkeit auf sich. Erstmals seit elf Jahren könnten Details zu Schumachers Zustand an die Öffentlichkeit gelangen.
Einer der Angeklagten arbeitete laut Anklage mehrere Jahre für eine Sicherheitsfirma, die das Anwesen der Schumachers in der Schweiz schützte. In dieser Zeit erhielt er Einblicke in das Privatleben der Familie. Dabei soll er auf zwei Festplatten Hunderte Fotos und Videos gesammelt haben, die Michael Schumacher vor und nach dem Unfall zeigen.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die Daten an einen Komplizen verkauft zu haben. Dieser setzte sich mit der Familie in Verbindung und forderte 15 Millionen Euro. Andernfalls, drohte der Komplize, würden die gestohlenen Aufnahmen im Darknet veröffentlicht. Der Erpressungsversuch scheiterte.
Zwei der drei Angeklagten stehen unter Bewährung
Ein Mitarbeiter der Familie Schumacher verlangte einen Beweis für die gestohlenen Daten. Der Erpresser sollte der Familie einige Fotos an eine E-Mail-Adresse senden. Daraufhin weihte er seinen Sohn in den Erpressungsversuch ein und bat ihm dafür eine anonyme E-Mail-Adresse zu erstellen. Laut Anklage soll der Sohn mitgemacht und die Spuren seines Vaters im Internet verwischt haben.
Der Schweizer Polizei gelang es jedoch, die Telefonnummer der Erpressungsanrufe nach Kassel zurückzuverfolgen. Im Juni nahm sie die beiden Verdächtigen in Hessen fest. Das Vater-Sohn-Duo war der Polizei bereits bekannt, sie standen in einem anderen Fall unter Bewährung.
Während der Sohn auf Kaution wieder frei kam, blieb der Vater in Haft. Er machte den Ermittlern daraufhin Angaben über den ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter, von dem er die Dateien erhalten hatte. Dieser war den Ermittler bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Zwei Wochen später nahm sie den 53-Jährigen in Nordrhein-Westfalen fest.
Seit Dienstag steht das Trio vor dem Amtsgericht in Wuppertal. Am ersten Prozesstag sollen zehn Zeugen aussagen. Am Tag vor Heiligabend wird der Prozess fortgesetzt, ein Urteil wird erst im Februar 2025 erwartet. Den Angeklagten drohen bis zu vier Jahre Haft. Doch für die Familie Schumacher geht es um mehr als juristische Gerechtigkeit.
Corinna Schumacher will Öffentlichkeit ausschliessen
Das Medieninteresse am Fall ist enorm. Laut deutschen Medien haben sich auch internationale Pressevertreter um einen Platz im Gericht bemüht. Schumachers Ehefrau Corinna hat laut «Bild» noch vor Prozessbeginn einen Antrag auf Nebenklage gestellt. Sollte das Gericht diesen annehmen, könnte der Anwalt der Familie im Verfahren versuchen, die Öffentlichkeit auszuschliessen. Ausserdem könnten sie verhindern, dass Aussagen zugelassen werden, die Rückschlüsse auf Michael Schumachers Gesundheitszustand erlauben oder dass sensible Bilder Teil der Akten werden.
Die Familie setzt alles daran, dass Michael Schumacher der Welt als Ausnahme-Rennfahrer in Erinnerung bleibt. Sie wollen, dass er seine Würde bewahren kann. Seine Ehefrau Corinna sagte 2021 in einer Netflix-Biografie: «Michael hat uns immer beschützt – und jetzt beschützen wir Michael.»