Der WWF hat Hunderte neu beschriebene Tier- und Pflanzenarten in Südostasien vorgestellt. Obwohl gerade erst entdeckt, sind viele der neuen Gattungen bereits bedroht.
Sie lebten jahrhundertelang unerforscht im südostasiatischen Dschungel, bevor sie nun von der Wissenschaft entdeckt worden sind: In der Mekong-Region sind im vergangenen Jahr mehr als 230 neue Tier- und Pflanzenarten erkundet worden. Ein am in der vergangenen Woche veröffentlichter Bericht der Umweltstiftung WWF präsentiert die Ergebnisse von Hunderten Experten. Laut Stefan Ziegler, Asien-Experte des WWF Deutschland, lebten diese Arten seit Jahrtausenden in den «einzigartigen Lebensräumen» der Mekong-Region. «Auch wenn sie erst jetzt von der Wissenschaft beschrieben wurden.»
Im Jahr 2023 fanden die Forscher laut ihren Angaben rund um den Mekong-Fluss 173 Gefässpflanzen, 26 Reptilien, 17 Amphibien, 15 Fische und 3 Säugetiere. Seit 1997 wurden in der Region insgesamt 3623 neue Arten entdeckt. Die Mekong-Region umfasst die Länder Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam.
Otter mit Wimpern und winzige Maulwürfe
Besonders aussergewöhnlich ist eine neu entdeckte Dracheneidechse (Laodracon carsticola). Mit ihrem steinernen Aussehen wirkt sie laut WWF wie eine Figur aus der Serie «Game of Thrones». Sie passe nicht nur wegen ihres Namens, sondern auch durch ihre Erscheinung perfekt in diese Fantasy-Welt. Eine weitere sonderbare Entdeckung ist ein kleines Tier mit weichem Fell und scharfen Zähnen: der Rattenigel (Hylomys macarong). Wegen seines Aussehens erhielt er den Namen «ma ca rong» – das vietnamesische Wort für Vampir.
Ausserdem entdeckten die Forscher eine neue Gattung von Spitzmausmaulwürfen. Diese winzigen Tiere wiegen nur acht Gramm und gehören zu den leichtesten Säugetieren der Welt. Eine grün-schwarze Grubenotter (Trimeresurus ciliaris) beeindruckte die Wissenschafter mit ihrer marmorierten Haut, die wie lange Wimpern wirkt. Ein leuchtend oranger Krokodilmolch stellte zudem einen neuen Rekord für seine Art auf: Die neu entdeckte Gattung lebt in Höhenlagen von 1800 bis 2300 Metern über dem Meeresspiegel.
Auch Pflanzen sorgten für Aufsehen: Auf einem Markt stiessen die Wissenschafter auf eine blattlose Orchidee (Chiloschista quangdangii), die durch Raubbau bereits bedroht ist. Ausserdem entdeckten sie eine Ingwerart, deren Wurzel nach Mango duftet.
Die Entdeckung der neuen Arten erfolgte auf vielfältige Weise. Einige wurden während Feldforschungen gesammelt und lagerten anschliessend jahrelang – teilweise sogar jahrzehntelang – in Naturkundemuseen oder botanischen Gärten, bevor sie analysiert und beschrieben wurden. Andere, wie bestimmte Orchideen- oder Aquarienfischarten, fanden die Wissenschafter im Handel.
Verlust von Lebensraum und Tierhandel bedrohen die Arten
Viele der neu entdeckten Lebewesen sind laut WWF durch menschliche Eingriffe vom Aussterben bedroht. Der WWF appellierte daher an die Regierungen der Region, den Schutz dieser seltenen Arten und ihrer Lebensräume zu verstärken. Die Tier- und Pflanzenwelt in der Mekong-Region leidet unter Lebensraumverlust, Verschmutzung, illegalem Wildtierhandel, Klimawandel und invasiven Arten.
Trotz der intensiven Nutzung durch Forst- und Landwirtschaft in den letzten fünf Jahrzehnten bleibt die Region laut WWF eine «Schatzkammer der Biodiversität». Besonders Südostasien und die Gebiete rund um den Mekong würden durch ihre aussergewöhnliche Artenvielfalt beeindrucken.
Stefan Ziegler vom WWF Deutschland betont in der Mitteilung, dass in der Mekong-Region wahrscheinlich noch zahlreiche unbekannte Arten existierten. «Es könnten Tier- und Pflanzenarten für immer verschwinden, bevor wir überhaupt von ihrer Existenz erfahren.» Um diese biologische Vielfalt zu bewahren, sei ein grenzüberschreitender und dauerhafter Schutz der wertvollen Lebensräume am Mekong dringend notwendig.
Mit Agenturmaterial.