Cessna stellt ein neues Sicherheitssystem für seine Einsteiger-Business-Jets vor. Fällt der Pilot aus, können Citation-Jets damit künftig vollautomatisch landen.
Am 15. Oktober 2024 startete der amerikanische Immobilienmakler Eliot Alper zusammen mit seiner Ehefrau zu einer Reise mit seinem eigenen Flugzeug. Der Flug sollte vom Flugplatz Henderson im US-Gliedstaat Nevada nach Monterey in Kalifornien führen. Der Start und der Übergang in den Reiseflug an Bord des zweimotorigen Flugzeugs des Typs Beechcraft King Air 90 gelangen ganz normal. Bereits über Kalifornien bekam der 78-jährige Pilot aber plötzlich massive gesundheitliche Probleme. Er war nicht mehr in der Lage, das Flugzeug zu steuern.
Fällt der einzige Pilot an Bord wie in diesem Beispiel plötzlich aus, ist das für die Passagiere einer einmotorigen Turboprop-Maschine oder eines kleineren zweistrahligen Business-Jets oft fatal. Für die meist bis zu etwa zehnplätzigen Flugzeuge ist keine Crew mit zwei Flugzeugführern vorgeschrieben, sondern sie sind für sogenannte «Single Pilot Operation» zugelassen. Mehr als ein Pilot muss also nicht an Bord sein.
Das bedeutete allerdings bei Ausfall des Piloten, etwa durch Krankheit oder Bewusstlosigkeit, bisher oft das Todesurteil für alle Mitreisenden. Denn dass völlig flugunerfahrene Mitreisende plötzlich eine komplexe Maschine, dazu oft noch in Wolken fliegend, heil auf einen Flugplatz herunterbringen, gibt es eigentlich nur in Hollywoodfilmen.
Für das Ehepaar auf dem Weg nach Kalifornien aber kam es anders. Alpers Ehefrau Yvonne war in der Bedienung eines Flugzeugs zwar völlig unerfahren. Ihr gelang es jedoch, Funkkontakt mit dem Tower des nahe gelegenen Flugplatzes Bakersfield aufzunehmen. Er gab ihr per Funk Instruktionen. Es gelang ihr, das Fahrwerk auszufahren und die anspruchsvoll zu steuernde Turboprop-Maschine heil am Flugplatz Bakersfield aufzusetzen. Die 69-Jährige kam mit dem Schrecken davon, ihr Ehemann starb allerdings kurz darauf im Krankenhaus an dem erlittenen Herzinfarkt.
Neue Bordelektronik macht es möglich
Genau für derartige Szenarien hat der amerikanische Avionik-Hersteller Garmin sein automatisches Landesystem «Autoland» entwickelt, das nun erstmals in Business-Jets der Citation-Reihe des Herstellers Cessna Einzug hält. Das gab der Flugzeugbauer bekannt. Cessna ist der erste Hersteller von Business-Jets mit zwei Turbinen, der dieses «Autoland»-System in seinen künftigen Flugzeugen M2, CJ3 und CJ4 der nächsten Generation drei anbietet. Bisher kam «Autoland» entweder in einmotorigen Turboprop-Flugzeugen wie dem Piper 600/700 und Daher TBM 960 oder aber im einstrahligen Business-Jet vom Typ Cirrus Vision zum Einsatz.
Grundlage für das System ist eine neu entwickelte Bordelektronik des Herstellers Garmin vom Typ G3000 Prime. Das funktioniert im Notfall so: Fällt der einzige Pilot oder die Pilotin an Bord unvermittelt aus, drückt der Passagier einen rot markierten Schalter auf dem Instrumentenbrett. Von jetzt an ist der Citation-Jet im sogenannten «Autoland»-Modus. Die Maschine fliegt nun wie von Geisterhand gesteuert zum nächsten Flugplatz und landet dort vollautomatisch.
Gerade in kleineren Business-Jets wie jenen der Citation-Reihe, die offiziell erlaubt von nur einem Piloten gesteuert werden, kann das im Notfall lebensrettend sein. Allerdings bleibt dieser Zugewinn an Sicherheit bis jetzt noch exklusiven Flugzeugen mit Neupreisen oberhalb einiger Millionen Euro vorbehalten. Das System funktioniert also nicht in den klassischen Propeller-Viersitzern mit Kolbenmotor, sondern wird bis jetzt lediglich in Flugzeugen mit Propellerturbine oder Jet-Antrieb jeweils in Verbindung mit einer Druckkabine für Flüge in grossen Höhen angeboten.
Damit «Autoland» funktionieren kann, sind zudem verschiedene Voraussetzungen notwendig. So haben künftig die neuen acht- bis elfsitzigen Jets der Citation-Baureihen M2, CJ3 und CJ4 eine Instrumentierung des Typs Garmin G3000 Prime eingebaut und besitzen eine automatische Schubregelung der beiden Turbinen. Zudem muss der Flugplatz, der vom System für eine Sicherheitslandung ausgewählt wird, über ein GPS-basiertes Instrumentenlandesystem verfügen. Das ist in den USA zwar häufig, in Europa aber noch eher selten der Fall.
Der Computer übernimmt das Kommando
Sind alle drei Faktoren vorhanden, kann das «Autoland»-System aber Leben retten. Sobald der Passagier nach Ausfall des Piloten den «Autoland»-Schalter der Cessna Citation betätigt, übernimmt der Bordcomputer, unterstützt vom Autopiloten, die Steuerung. Der Rechner ermittelt jetzt anhand von Position, Flughöhe und vorhandener Spritreserve den nächsten geeigneten Flugplatz mit ausreichender Pistenlänge für eine vollautomatische Landung des Zweistrahlers.
Damit die Passagiere unterdessen nicht in Panik geraten, bekommen sie per Text via Display die Anweisung, ruhig zu bleiben, sowie weitere Informationen. Nun berechnet der Computer den Flugweg zum Landeplatz und lässt den Autopiloten diese Route abfliegen. Gleichzeitig benachrichtigt das System selbständig sogar die Flugsicherung, dass die nun automatisch gesteuerte Maschine diesen Flugplatz anfliegt.
Der Jet geht in den Anflug, fährt selbständig die Landeklappen sowie rechtzeitig das Fahrwerk aus und geht auf die vorgeschriebene Landegeschwindigkeit. Dann setzt die Citation auf, bremst komplett ab und kommt auf der Landebahn zum Stillstand. Letztlich werden von «Autoland» noch beide Turbinen der Cessna abgestellt. Im Ernstfall hätten jetzt alle an Bord den Notfall unbeschadet überstanden.
Das neue System ist auch in der Schweiz einsetzbar. Es funktioniert allerdings nur an Flugplätzen, wo ein GPS-Instrumentenanflug zugelassen ist. Dies sind die Landebahn 14 in Zürich, der Flugplatz Grenchen oder auch der Alpen-Airport Samedan. Dort könnten die neuen Cessna-Jets ebenso wie Piper 600, TBM 960 oder Cirrus Vision künftig im Notfall mithilfe von «Autoland» vollautomatisch landen.
Für den Schweizer Hersteller von einmotorigen Turboprop-Flugzeugen und Business-Jets, Pilatus Aircraft, ist das System allerdings nicht verwendbar. Das Unternehmen aus Stans verwendet in seinen Reiseflugzeugen keine sogenannte Avionik von Garmin, daher ist «Autoland» nicht im PC-12 oder PC-24 einsetzbar. Wer auf das Sicherheitsversprechen automatischer Landungen Wert legt, ist in Business-Jets von Cessna Citation derzeit besser aufgehoben.