In verschiedenen Krisenzeiten seit den 1990er Jahren hat der Goldpreis fast immer zugelegt. Mit einem Plus von mehr als 10 Prozent wird das Edelmetall auch in der derzeitigen Bankenkrise seinem Ruf gerecht.
Nach dem Kollaps mehrerer US-Regionalbanken und der Übernahme der strauchelnden Credit Suisse ist es jüngst an den Finanzmärkten etwas ruhiger geworden. Die Sorgen hinsichtlich des Ausbruchs einer erneuten Finanzkrise sind ein wenig in den Hintergrund gerückt. Der Preis für die Krisenwährung Gold hält sich aber trotzdem bei über 2000 Dollar pro Unze – und hat sich jüngst sogar in Richtung seines Rekordhochs von 2075 Dollar von August 2020 bewegt.
Dies spricht dafür, dass Anleger und Sparer der Lage nach wie vor nicht trauen und dass sie damit rechnen, dass sich die derzeitige Beruhigung an den Börsen als trügerisch erweist. Zur jüngsten Entwicklung des Goldpreises stellen sich mehrere Fragen.
Wieso ist der Goldpreis jüngst so stark gestiegen?
Die jüngste Bankenkrise gilt als einer der Hauptgründe für den Anstieg des Goldpreises. Die Instabilität im US-Finanzsystem, die sich in der Krise der US-Regionalbanken gezeigt hat, sorgte für allerhand Unsicherheit bei den Investoren, die in der Folge zur Absicherung das Edelmetall kauften. Als weiterer wichtiger Grund gelten die wachsenden Sorgen der Anleger bezüglich einer Rezession in den USA.
Laut Norman Villamin, Chefstratege bei der Bank UBP, hat die Bankenkrise auch Spekulationen darüber ausgelöst, ob die US-Notenbank Federal Reserve bald am Ende ihres Zinserhöhungszyklus angekommen sei. Unterstützung habe der Goldpreis auch dadurch bekommen, dass das Fed zum ersten Mal seit der Pandemie Liquidität in das Finanzsystem eingeschossen hat.
«Der Goldpreis wird stark von der Entwicklung des Dollars und der Realzinsen beeinflusst», sagt Jan Bopp, Senior-Investment-Stratege bei der Bank J. Safra Sarasin. Ein schwacher US-Dollar und auch sinkende Realzinsen würden in der Regel zu einem Anstieg des Goldpreises führen. «Beides ist jüngst gefallen, was den Preis des Edelmetalls unterstützt hat.»
Andreas Hablützel, Chef des Edelmetallhändlers Degussa Schweiz, weist indessen darauf hin, dass vor allem amerikanische Privatkundinnen und -kunden seit dem vergangenen Herbst Goldmünzen und -barren gekauft hätten. Den Grund hierfür sieht er in der Bankenkrise. Privatkunden aus der Schweiz und Europa seien derzeit hingegen eher dabei, Gold zu verkaufen. «In Europa verkaufen Privatkunden ihre Goldbestände, da sie aufgrund der Inflation Geld benötigen.»
Ist Gold ein sicherer Hafen für Sparer und Anleger?
Historisch betrachtet hat der Goldpreis in Krisenzeiten oftmals deutlich zugelegt (vgl. Tabelle). Das Edelmetall hat zumeist eine deutlich bessere Rendite erzielt als andere Geldanlagen. Seit den 1990er Jahren hat Gold in unterschiedlichen Krisenzeiten und Rezessionen im Durchschnitt eine Rendite von 7 Prozent erreicht.
US-Aktien hingegen haben gemessen am Standardwerte-Index S&P 500 während dieser Krisenzeiten im Durchschnitt 17,2 Prozent an Wert verloren. Auch die eine Zeitlang als potenzieller Gold-Ersatz geltende Kryptowährung Bitcoin sieht in dieser Auswertung nicht gut aus. Der Bitcoin hat in Rezessionen und Krisenzeiten seit 2015 im Durchschnitt 15 Prozent an Wert verloren. In der jüngsten Krise der US-Regionalbanken und der Credit Suisse hat sich die Kryptowährung indessen gut gehalten und sogar um 38,4 Prozent zugelegt. Das Krypto-Startup-Unternehmen 21 Shares sieht darin einen Beweis für die These, dass Bitcoin langfristig als Absicherung gegen Währungsdebakel diene.
Gold hat sich hingegen in bisherigen Krisen als viel beständiger erwiesen. Auch bei den jüngsten Konkursen von US-Regionalbanken habe das Edelmetall seine Qualität als Wertaufbewahrungsmittel unter Beweis gestellt, sagt Bopp. Anleger bekamen Angst um ihre Einlagen bei Banken und suchten nach Alternativen. In Krisenzeiten habe das Edelmetall grundsätzlich immer wieder als stabiler Anker in gemischten Portfolios gedient, vor allem auch aufgrund der geringen Korrelation gegenüber anderen Anlageklassen, allen voran Aktien.
In der Woche nach der Rettung der Silicon Valley Bank (SVB) stieg der Goldpreis um 6,5 Prozent. Laut Bopp steht dies in starkem Kontrast zur Preisreaktion nach der Rettung der US-Bank Bear Stearns in der Finanzkrise 2007, als der Goldpreis in mehreren Wellen um gut je 20 Prozent korrigiert hat. Dies sei wohl nicht zuletzt der relativ hohen Liquidität des Edelmetalls geschuldet und zeige, dass Gold sich kurzfristig dem allgemeinen Stimmungsbild nicht völlig entziehen könne.
Was erwarten Experten hinsichtlich Entwicklung des Goldpreises?
Garantien gibt es bei Prognosen von Rohstoffpreisen und Aktienkursen keine, diese sind also mit Vorsicht zu geniessen. Viele Marktteilnehmer sehen derzeit aber weiterhin ein positives Umfeld für Gold und erwarten steigende Preise. Der UBP-Vertreter Villamin gibt an, seine Bank habe die Goldpositionen in den Portfolios der Kundinnen und Kunden aufgestockt.
Bopp erwartet, dass die Abschwächung des Dollars den Goldpreis weiter unterstützen dürfte, während niedrigere Realrenditen als zusätzliche Unterstützung wirken sollten. Zudem könnte die Nachfrage nach physischem Gold wegen der Erholung Chinas von seinem Null-Covid-Regime ebenfalls anziehen, sagt er. Zu beachten ist auch, dass Zentralbanken von Schwellenländern in den vergangenen Jahren stark Gold zugekauft haben. Als Gründe hierfür gelten unter anderem geopolitische Spannungen sowie das Bestreben, unabhängiger vom Dollar zu werden. Diese Entwicklung könnte sich fortsetzen und den Goldpreis stützen.
Worauf sollten Sparer beim Kauf von Goldmünzen und -barren achten?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, auf steigende Preise bei Gold und anderen Edelmetallen zu setzen. So können Sparer beispielsweise Gold-Fonds, strukturierte Produkte oder physisch unterlegte Exchange-Traded Funds (ETF), welche die Entwicklung des Goldpreises abbilden, kaufen.
Wer das Edelmetall als Geldanlage ohne Zwischenprodukte erwerben möchte, sollte Goldbarren oder -münzen kaufen. Dabei gibt es aber einiges zu beachten.
Im Gegensatz zu anderen Edelmetallen wie Silber, Platin oder Palladium ist Gold in der Schweiz von der Mehrwertsteuer befreit. Allerdings gibt es beim Kauf und Verkauf von Münzen oder Barren beim Edelmetallhändler oder in einer Bank gewisse Preisspannen.
«Der Kunde bekommt am meisten Gold für sein Geld, wenn er Goldbarren in einer hohen Einheit kauft», sagt Hablützel. Wenn man beispielsweise einen 1 Kilogramm schweren Goldbarren kaufe, bezahle man nur einmal die Produktionskosten für den Barren. «Wenn der Kunde jedoch zehnmal einen 100-Gramm-Goldbarren kauft, bezahlt er zehnmal die Fabrikationskosten.» Die Kehrseite sei jedoch, dass man mit zehn 100-Gramm-Goldbarren viel flexibler sei als mit einem 1-Kilogramm-Barren. «Aus diesem Grund empfehlen wir eher Goldbarren mit einem Gewicht von 1 Unze bis 250 Gramm», sagt Hablützel.
Gold-Käufer sollten auch einkalkulieren, dass durch die Lagerung Kosten entstehen. Zudem sollten sie sich bewusst sein, dass Anlagen in Gold weder Zinsen noch Dividenden abwerfen. Als wichtig gilt beim Kauf von Barren auch, dass diese das Label der London Bullion Market Association (LBMA) haben. Ohne dieses sind sie in Europa kaum handelbar. Das Label besagt, dass die Barren unter strengen sozialen und nachhaltigen Regeln hergestellt wurden und dass das Gold auch entsprechend geschürft wurde.