The Market zeigt monatlich die Schweizer Unternehmen, die im Fokus der Leerverkäufer stehen. Diese setzen darauf, dass die Aktienkurse sinken werden. Neu auf ihrer Liste steht Mobilezone.
Die Favoriten der Short-Seller bleiben Ende Januar wie bereits im Dezember: DocMorris, Swatch Group und Idorsia. Die drei Titel führen die Top Ten der Schweizer Shorts mit grossem Abstand an. Die einzige Auswechslung ist Mobilezone, die diesen Monat neu auf Platz neun auftaucht. Sie ersetzt Komax.
Short-Seller leihen sich Aktien aus, verkaufen sie am Markt und hoffen, sich später günstiger mit den Titeln eindecken zu können, um sie dem Eigentümer zurückzugeben. Die Differenz aus dem Verkaufs- und dem Rückkaufskurs ist ihr Gewinn.
In der Schweiz werden die Short-Positionen nicht offiziell erfasst. The Market präsentiert deshalb im Monatsrhythmus die Erhebung von S&P Global Market Intelligence. Der Datenanbieter trägt das Volumen der ausgeliehenen Aktien zusammen.
DocMorris
DocMorris kämpft erneut: Es ist nur zwei Jahre her, als die Onlineapotheke nach monatelanger Hängepartie den finanziellen Kollaps abwenden konnte – zunächst mit Kapitalmassnahmen, dann mit dem Verkauf des Schweizer Geschäfts. Die verspätete Einführung des E-Rezepts in Deutschland, wovon sich das Unternehmen mit Sitz in Frauenfeld das grosse Geld versprach, hatte ihm fast das Genick gebrochen.
Mit Verzögerung wurde das E-Rezept nun deutschlandweit eingeführt, und DocMorris hatte ihre Finanzlage verbessert. Doch nun beschleunigt das Wachstum nicht so wie erhofft und vor allem weniger als bei der deutschen Konkurrentin Redcare Pharmacy.
Im vierten Quartal ist das Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten (Rx) bei Doc Morris nur magere 16,6% auf 53 Mio. Fr. gewachsen. Bitter wird es, wenn man den Vergleich zu Redcare zieht: Die Deutschen meldeten zuvor für das Schlussquartal ein Umsatzplus im Rx-Geschäft von 142% auf knapp 100 Mio. €. Das Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ist bei Redcare damit fast doppelt so gross, und wächst dennoch um ein Vielfaches schneller.
Das dürfte die Schweizer weiterhin zu teuren Marketing-Anstrengungen zwingen – und bei wenig Wachstum, aber gleichzeitig steigenden Ausgaben, das Thema Kapitalerhöhung erneut auf die Agenda bringen, zumal 2026 eine Wandelanleihe über 95 Mio. Fr. fällig wird.
Die Short-Seller halten auf dieser Basis ihre Wetten gegen DocMorris hoch. Fast 48% aller ausstehenden Aktien sind in ihren Händen, 5% mehr als im Dezember. Damit belegt das Unternehmen weiterhin unangefochten den Spitzenplatz an der Schweizer Börse.
DocMorris hat allerdings Wandelanleihen ausstehend. Damit gibt es ausser der Spekulation auf einen sinkenden Kurs noch einen technischen Grund, Leerverkaufspositionen in den Aktien einzugehen: Wandelanleihen enthalten neben dem Zinscoupon eine Aktienkomponente. Investoren, die diese angesichts der starken Kursausschläge neutralisieren wollen, verkaufen die Aktien leer – ohne dabei aus Überzeugung auf einen sinkenden Kurs zu setzen. Dieser Mechanismus gilt ebenfalls für Idorsia, die Platz drei belegt.
Swatch Group
Seit März befinden sich die Inhaberaktien von Swatch Group auf der Liste der zehn grössten Shorts. Im Oktober stiessen sie auf den zweiten Platz vor, im Dezember haben die Leerverkäufer leicht ab- und im Januar nun wieder aufgebaut. Derzeit wetten sie mit nahezu 18% der Inhaberaktien gegen den Uhrenkonzern.
Swatch Group leidet seit mehreren Quartalen unter der schwachen Nachfrage nach Luxusgütern, vor allem in China, wo sie einen erheblichen Teil ihres Umsatzes erwirtschaftet.
Die Mitte Juli publizierten Zahlen zum ersten Halbjahr waren bereits miserabel ausgefallen. Noch dramatischer präsentiert sich der Jahresabschluss.
Gleichwohl hat der Konzern die Fertigung von Uhren nicht gedrosselt, im Gegenteil. Das Unternehmen produzierte unbeirrt weiter auf Halde, obwohl die Uhrenexporte auch in der zweiten Jahreshälfte unaufhaltsam zurückgingen, diejenigen in den wichtigen Absatzmarkt China sind 2024 um ein Viertel eingebrochen.
Swatch Group leidet unter der schwachen Führung. Konzernchef Nick Hayek schaltet und waltet in Biel, wie er will. Einen effektiven, unabhängigen Verwaltungsrat gibt es nicht. Auch das belastet die ohnehin gedrückte Bewertung der Swatch-Group-Papiere.
Idorsia
Auf Platz drei der Short-Lieblinge residiert ist im Januar Idorsia. Beim Biotechnologieunternehmen sind über 16% der ausstehenden Aktien ausgeliehen.
Die Basler befinden sich seit mehr als einem Jahr in finanzieller Schieflage. Hauptgrund ist der unerwartet schleppende Verkauf des Schlafmittels Quviviq. Nun droht dem Unternehmen das Geld auszugehen, und es ist klar: (Finanzierungs-)Lösungen müssen her.
Kürzlich hat das Management Verhandlungen zu einem Deal mit einem ungenannten Interessenten für den Blutdrucksenker Aprocitentan angekündigt. Für die exklusiv geführten Gespräche erhielt Idorsia 35 Mio. $ – und die Aktionäre einen Hoffnungsschimmer, der den Kurs anziehen liess, allerdings nur kurzzeitig. Vor Weihnachten hat das Unternehmen bekanntgemacht, dass sich die zuvor angekündigten Verhandlungen hinziehen würden und ein Abschluss unsicher sei.
Per Ende 2024 belief sich der Cashbestand des Unternehmens auf 100 Mio. Fr. – zu wenig, um eine fällig gewordene Anleihe über 200 Mio. Fr. zu bedienen. Auf den 25. Februar ist nun eine Anleihegläubigerversammlung einberufen, um eine Lösung zu finden.
So spitzt sich die Lage von Idorsia immer weiter zu – sehr zur Freude der Short-Seller.
SIG Group
Leicht abgebaut haben die Short-Seller bei SIG Group. Die Aktien belegen im Januar mit einer Leerverkaufsquote von rund 10% aber weiterhin den vierten Platz – obwohl der Kurs seit Jahresbeginn kräftig angezogen hat.
AMS Osram
Seit September sind die Aktien von AMS Osram zurück in den Top Ten der grössten Schweizer Shorts. Vor einem Jahr hatten sie vor einer Kapitalerhöhung gar die Spitzenposition belegt. Danach verschwanden sie vorübergehend aus der Liste.
Doch Ende Februar kam ein Schock für die Aktionäre: Der Licht- und Sensorenspezialist gab bekannt, das Schlüsselprojekt der MicroLED-Strategie sei «unerwartet storniert» worden. Dass es sich beim Grosskunden um Apple handelte, ist ein offenes Geheimnis.
Verwundbar macht AMS nun, dass rund die Hälfte des Umsatzes auf den Automobilsektor entfällt und dieser derzeit unter enormem Druck steht. In Kombination mit hohen Schulden von 2 Mrd. € sind das keine erbaulichen Aussichten – ausser für die Leerverkäufer.
Diesen Monat haben sie erneut ihren Druck verstärkt und AMS Osram mit einer Leerverkaufsquote von über 9% auf den fünften Rang gehievt.
Orior
Einen Platz gewonnen hat auch Orior: Die Short-Seller haben im Monatsverlauf ihre Wetten gegen die Lebensmittelgruppe auf gegen 9% aufgestockt, was Platz sechs bedeutet.
Orior leidet unter der Neuausrichtung ihrer Hauptkundin Migros. Zudem sparen die Konsumenten und weichen oft auf günstigere Alternativen aus. Mitte November sank der Kurs auf unter 37 Fr. und markierte damit einen Tiefpunkt.
Anfang Dezember sorgte die Ankündigung einer Restrukturierung dann für eine Gegenbewegung auf über 43 Fr. – zu viel aus Sicht der Short-Seller: Sie bauten ihre Positionen damals kräftig aus und setzen weiterhin darauf, dass die teure Schrumpfkur nicht nur 2024 einen Verlust bringen wird, sondern auch 2025 ihre Spuren hinterlassen wird.
Adecco
Obwohl die Titel von Adecco diesen Herbst bereits beinahe ihr früheres Allzeittief erreicht hatten, haben die Short-Seller ihre Wetten auf einen noch niedrigeren Kurs im Oktober um nahezu 40% ausgebaut, im November um 25% aufgestockt und im Dezember nochmals um 18% erhöht – und der weitere Kursverlauf gab ihnen recht. Nun ist die Leerverkaufsquote leicht auf unter 9% zurückgekommen, was einen Abstieg des Personaldienstleisters auf Rang sieben bedeutet.
Im Jahresverlauf haben die Analysten ihre Gewinnschätzungen für Adecco mehr als 30% nach unten korrigiert. Sie veranschlagen den laufenden Jahresgewinn auf inzwischen weniger als 2 € je Aktie. Das liegt unter der Dividendenschätzung, die zwar unter Vorjahr, aber immer noch bei fast 2.40 € liegt. Short-Seller glauben offenbar nicht, dass das aufgehen wird und erwarten weitere Enttäuschungen.
Barry Callebaut
Barry Callebaut muss gleich mehrere Herausforderungen bewältigen: Unberechenbare Kakaopreise und die schwächelnde Konsumlaune belasten das Geschäft. Zudem steckt das Unternehmen in einer kostspieligen Restrukturierung, deren Erfolg sich erst im Lauf der nächsten Quartale abschätzen lässt.
The Market sieht Barry Callebaut derzeit im perfekten Sturm – deutet das mit Blick auf die lange Frist aber als Chance. Der weltgrösste Schokoladenproduzent dürfte gestärkt aus dieser Krise hervorgehen – auch wenn die jüngsten Kapriolen der Kakaopreise den Weg dahin verlängern. Die Short-Seller setzen vor allem auf letzteres und haben ihren Einsatz gegen Barry Callebaut im Januar erhöht.
Mobilezone
Mobilezone schreckte die Börse kurz vor Weihnachten mit einer Gewinnwarnung auf und kassierte die Finanzziele. Der umgehende Kursrückschlag um rund 30% schickte die Aktien auf das Niveau von Anfang 2021 zurück.
Für Short-Seller bot das aber Anlass, auf einen noch weiter fallenden Kurs zu setzen. Sie haben Positionen aufgebaut und sie im Januar derart vergrössert, dass die Aktien des Telekommunikationsdienstleisters in der Liste der grössten Schweizer Shorts erscheinen. Das mit einer Ausleihquote von knapp 8% auf Rang neun. Entgegen ihrem Interesse erholt sich der Kurs von Mobilezone seither allerdings.
U-Blox
Im Mai verschwand U-Blox aus den grössten Shorts, seit November sind die Aktien zurück, nach einem Abstieg um zwei Ränge nun auf Platz zehn.
Vor einem Jahr hat sich der Chipdesigner auf das Positionierungsgeschäft fokussiert. Die alte Garde im Management zog sich zurück und machte Platz für Neues – und ein belastendes Übergangsjahr, das von hohen Kosten geprägt sein wird. Hinzu kommt, dass U-Blox stark am Automobilgeschäft hängt, das schwächelt und wegen übervollen Lagern bei den Kunden zusätzlich harzt.
Die Fokussierung war zwar ein überfälliger Schritt. Doch die Short-Seller wetten trotz eines Kursverlusts von seither mehr als 30% darauf, dass es erst noch schlimmer kommt, bevor eine Erholung einsetzt.