Mit einer umfassenden Online-Enzyklopädie und dem exquisit gestalteten «Book of Birkenstock» zeigt der deutsche Schuhhersteller seine Markenentwicklung der letzten 250 Jahre auf.
Bemerkenswert waren die Produkte von Birkenstock schon immer. Zuerst dank besonders fussfreundlichen Einlagen und Sohlen, später dann als Fashion-Statement. Dass aber ein deutscher Hersteller von «Gesundheitsschuhen», die ziemlich lange als verschroben und unsexy verschrien waren, den Sprung in die Luxusindustrie schafft, ist schon eine Meisterleistung. Zu verdanken ist dies vor allem einer konsequenten Neustrukturierung des Unternehmens seit 2013 – der CEO Oliver Reichert schaffte es, die Strahlkraft der Marke zu vergrössern.
Als die Schuhmarke 2021 ein Gros ihrer Firmenanteile an die globale Investorengruppe L Catterton und die Familienholding des LVMH-CEO Bernard Arnault verkaufte, hatte Birkenstock bereits einen beachtlichen Wandel hinter sich: von den Anfängen als einfache Schuhmacherwerkstatt zum Spezialisten für die Förderung der Fussgesundheit bis hin zur globalen «Purpose- und Zeitgeist-Marke», wie sie sich selbst in einer Mitteilung bezeichnet.
Buchreihe und Online-Archiv zum Jubiläum
Anlässlich des kürzlich gefeierten 250-Jahr-Jubiläums blickt Birkenstock nun zurück und lanciert diverse Projekte rund um die Firmengeschichte und die Entwicklung des Schuhs zur Design-Ikone. Da ist einerseits das Buch «Birkenstock – die Geschichte einer Weltmarke», das Ergebnis einer achteinhalbjährigen historischen Forschung von 15 Historikerinnen und Experten. Auf knapp 500 Seiten wird die Marke wissenschaftlich beleuchtet, von den bescheidenen Anfängen im Jahr 1774 bis zur heutigen globalen Relevanz.
Dazu gibt es auch eine limitierte Buchreihe namens «Old Mills Never Die», zusammengestellt vom Herausgeber und passionierten Drucker Gerhard Steidl. Vier Bildbände präsentieren die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Birkenstock durch den Sucher einiger der bekanntesten Fotografen unserer Zeit: Henry Leutwyler dokumentiert Schätze aus dem Archiv und der Produktion, Werner Bartsch entführt auf eine Reise an die Produktionsstandorte in Deutschland und zeigt Menschen und Orte, Juergen Teller lichtet in seinem typischen Editorial-Stil auf subversive und ironische Weise einige der Charaktere im Londoner Stadtteil Notting Hill in ihren «Birkis» ab. Der vierte Bildband rückt das grafische Talent und den typografischen Ansatz von Carl Birkenstock (1900–1982) in den Fokus.
Herzstück der Jubiläumsprojekte ist aber das riesige Birkenstock-Archiv. Teil davon ist eine kuratierte Wanderausstellung mit dem Titel «Walk This Way», in der das Archiv des Fotografen Henry Leutwyler in den Fokus gerückt wird. Die Auswahl von 140 Fotografien wird noch bis Ende des Jahres an mehr als 25 Orten gezeigt, darunter Tokio, Paris, Bali, São Paulo, Melbourne, London, Schanghai und München.
Evolution der visuellen Identität
Besonders bemerkenswert sind aber vor allem zwei weitere monumentale Publikationen: eine physische und eine digitale. Das Pièce de Résistance ist das grosse «Book of Birkenstock». Herausgeber ist der Göttinger Steidl-Verlag, gestaltet hat es die bekannte Münchner Designagentur Bureau Borsche. Es ist ein aufwendig gestalteter Bildband und nimmt die Leserschaft auf eine visuelle Reise durch das umfangreiche Birkenstock-Bildarchiv mit.
Das grosse «Book of Birkenstock» von Bureau Borsche und Steidl ist ab Frühling für etwa 105 Franken bei Birkenstock, Steidl und im Buchhandel erhältlich.
Dieses visuelle Projekt führt mit einer enormen Menge an Bildern und zahlreichen erstmals veröffentlichten Archivmaterialien durch zweieinhalb Jahrhunderte Birkenstock-Geschichte: erste Urkunden, Anzeigen, Grafiken und Illustrationen, Werbeprospekte und Anzeigen ab den 1950er Jahren, spätere Editorials, Kampagnen sowie die vielen Kollaborationen mit namhaften Designern.
Buchtipp
«The Book of Birkenstock»
Der Bildband mit 688 Seiten umfasst über 1000 Abbildungen von Archivmaterialien aus 250 Jahren Geschichte. Konzipiert von Bureau Borsche, gedruckt in Deutschland von Steidl mit einer Auflage von 10 000 Druckexemplaren. Veröffentlichung: Mitte Mai bei Birkenstock und Steidl. Preis: ca. 105 Franken.
Anhand dieser riesigen Bilderreihe lässt sich der Wandel der Marke, aber auch das Händchen für cleveres Marketing gut nachvollziehen. So wurden schon früh Einzelhändler und Kunden in die Geschichte und das Ethos hinter der Marke mit einbezogen, lange vor der Zeit des viralen Marketings und der Newsletter.
Zur Vorstellung und Präsentation neuer Produkte begann das Unternehmen 1958 mit dem Druck der «Birkenstock-Post», die bis 1966 in 16 Ausgaben erschien. Die Broschüren zeichneten sich durch ihre lebendigen, von der Bauhaus-Bewegung inspirierten Designs aus und enthielten Expertenmeinungen von Orthopäden über den Komfort und die therapeutischen Vorteile der Fussbetten des Unternehmens.
Seiten aus der Broschüre «Birkenstock-Post», Ausgabe 5, aus dem Jahr 1962 beziehungsweise Nummer 18 aus dem Jahr 1966.
Das Buch ist ein wahrer Augenschmaus für Fans der Marke, von Mode und Design, aber auch von Grafik und Druckerzeugnissen. Denn jede Doppelseite ist mit Bedacht grafisch anspruchsvoll gestaltet und bietet auch haptisch ein Erlebnis, sind die Bilder und Textpassagen doch in typischer Steidl-Manier auf unterschiedliche Papiersorten gedruckt, pro Seite auch teilweise in unterschiedlichen Druckarten. Die Birkenstock-Bilderbibel kommt in einem geprägten «Otabind»-Soft-Cover-Format und soll im Frühling erscheinen.
Frei zugängliche Online-Enzyklopädie
Wer so lange nicht warten will, findet eine digitale Version des Buches online: Als Ergänzung zum grossen Birkenstock-Buch ist bereits jetzt eine riesige Online-Enzyklopädie über die Marke zugänglich. Wie das Buch ist diese eine chronologisch geordnete fotografische Reise durch 250 Jahre Birkenstock. Die interaktive Site ist innovativ und ansprechend gestaltet und macht das Bildmaterial damit für noch mehr Interessierte frei zugänglich.
Neben über 600 Archivbildern gibt es auch kuratierte Geschichten und journalistische Inhalte über Meilensteine aus der Markengeschichte. Man kann die Inhalte nach Themen, Epochen, Modellen, Standorten und Stichwörtern filtern oder nach Lust und Laune durchstöbern. Auch diese Plattform ist vor allem eines: ziemlich bemerkenswert.
Buchtipp
«The Book of Birkenstock»
Der Bildband mit 688 Seiten umfasst über 1000 Abbildungen von Archivmaterialien aus 250 Jahren Geschichte. Konzipiert von Bureau Borsche, gedruckt in Deutschland von Steidl mit einer Auflage von 10 000 Druckexemplaren. Veröffentlichung: Mitte Mai bei Birkenstock und Steidl. Preis: ca. 105 Franken.