In einem Jahr schliesst das Warenhaus Jelmoli in Zürich seine Pforten. Was danach kommt, zeigt das Baugesuch, das die Besitzerin der Liegenschaft vor kurzem eingereicht hat.
Im Jelmoli geht an diesem Montagvormittag im Januar noch alles seinen gewohnten Lauf. In den Modeabteilungen, die saisongemäss auf Ausverkauf getrimmt sind, ist es eher ruhig: Januar-Loch eben. Dafür bilden sich an der stets beliebten Salat-Bar im Untergeschoss schon um viertel vor zwölf Schlangen, ebenso im Selbstbedienungsrestaurant im vierten Stock.
Wären da nicht die grünen Aufkleber am Eingang – «Bis Ende 2024 für Sie da» –, käme niemand auf die Idee, dass der Jelmoli, diese Institution im Herzen Zürichs, sein letztes Geschäftsjahr begonnen hat.
Aber das Ende ist unausweichlich. Vor einem Jahr hat die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site (SPS), der sowohl das Warenhaus als auch die Liegenschaft gehören, bekanntgegeben, den Jelmoli zu schliessen und das Gebäude umzubauen.
Für eine Nutzung als Bürogebäude braucht es mehr Tageslicht
Mit dem Baugesuch, das SPS im Dezember eingereicht hat, werden nun erstmals Details zum geplanten Umbau bekannt. Dieser wird etwa zweieinhalb Jahre dauern und rund 130 Millionen Franken kosten.
Gemäss den Plänen werden künftig nur noch die untersten Etagen als Verkaufsflächen genutzt, das Erdgeschoss und das Untergeschoss. Falls eine entsprechende Nachfrage vorhanden sei, könne man allenfalls auch das erste Obergeschoss oder Teile davon als Ladenflächen nutzen, sagt Urs Baumann, Chief Investment Officer bei SPS.
In den oberen fünf Stockwerken sind grösstenteils Büroflächen vorgesehen. Um dies zu ermöglichen, werden zwei Lichthöfe, die es früher so ähnlich bereits gab, eingebaut. Büros brauchen viel mehr Tageslicht als ein Warenhaus. Bei einem Gebäudekomplex, der rund 100 mal 80 Meter misst, ist das nur mit solchen Einschnitten möglich. Die Lichthöfe, die etwa 14 mal 9 Meter messen, gehen hinunter bis zum ersten Stock und geben selbst dem Erdgeschoss zusätzliches Tageslicht.
Fitnesscenter und Schönheitskliniken sollen im Haus bleiben
Für Zürcherinnen und Zürcher interessant sind vor allem auch die Pläne für das Dachgeschoss, denn dieses soll künftig öffentlich zugänglich sein. Dort, wo sich heute mehrheitlich Technik- und Nebenräume von Jelmoli befinden und das Fitnesscenter Holmes Place einen Raum belegt, will SPS ein Dachrestaurant mit einer grossen, üppig begrünten Terrasse bauen.
Das Gastro-Angebot im Jelmoli-Haus wird mit dem Umbau somit nicht ganz verlorengehen. Der Zugang zum Dachrestaurant ist dank separaten Eingängen prinzipiell auch ausserhalb der Ladenöffnungszeiten möglich; laut Baumann ist es erwünscht, dass das Restaurant auch am Wochenende und am Abend offen sein kann.
Ob die Selbstbedienungsangebote im Untergeschoss bestehen bleiben, ist hingegen noch unklar: Die Frage ist, wer das Ganze betreibt. Derzeit werden rund 50 Prozent der Flächen von Jelmoli selbst gemanagt, der Rest ist vermietet, etwa an Mövenpick-Wein oder die Metzgerei Keller.
Das Fitnesscenter soll trotz der Neunutzung des Dachgeschosses im Haus bleiben, weil solche Angebote gerade bei Büromietern gefragt sind. Gleichzeitig generieren sie Frequenzen, wovon wiederum andere Mieter wie Läden und Restaurants profitieren. Laut Baumann ist es auch vorstellbar, dass die Terrasse von verschiedenen Mietern genutzt wird, etwa vom Fitnesscenter für frühmorgendliche Yogakurse oder von den Büromietern als Pausenort.
Auch die bereits eingemieteten Pallas-Kliniken bleiben im Jelmoli-Haus, mit der Modekette Zara ist man ebenfalls im Gespräch.
Von aussen ändert sich wenig
Abgesehen vom begrünten Dach, das man je nach Bepflanzung auch von der Strasse her sieht, wird sich an der Aussenansicht des Gebäudes wenig ändern. Sogar der Jelmoli-Schriftzug oberhalb des heutigen Haupteingangs soll bestehen bleiben. Der Name gehört SPS, und die Gesellschaft beabsichtigt, ihn für das Gebäude weiterhin zu nutzen.
Auf der Seite der Sihlstrasse und Seidengasse sind einige neue Eingänge geplant, um die Ladengeschäfte im Erdgeschoss auch von aussen her zugänglich zu machen. Diese Zugänge gab es schon früher, weshalb dieser Eingriff aus der Sicht des Denkmalschutzes unproblematisch sein sollte.
Wie genau es im Erdgeschoss aussehen wird und ob dort viele verschiedene Mieter einziehen oder ein einziger grosser, ist noch offen und dürfte sich auch kaum vor dem Umbau klären. Die Idee ist, die Flächen möglichst flexibel zu gestalten, um verschiedene Varianten zu ermöglichen.
Indem die oberen Stockwerke künftig als Büros genutzt werden, reduziert sich der Anteil an Verkaufsflächen deutlich. Aber auch wenn nur noch zwei Stockwerke als Ladenflächen vorgesehen sind: Es sind immer noch rund 10 000 Quadratmeter. Das benachbarte Globus-Warenhaus hat auf seinen sechs Etagen insgesamt 7000 Quadratmeter zur Verfügung.
Das wirtschaftliche Kalkül hinter dem Umbau
Dass es überhaupt zu dem Umbau kommt, liegt daran, dass die Liegenschaftenbesitzerin Swiss Prime Site das Warenhaus nicht mehr weiter betreiben will (und sich anscheinend auch kein Käufer dafür fand). Die Gesellschaft geht davon aus, mit einem neuen Konzept leichter Mieter zu finden und durch eine diversifiziertere Nutzung mehr Mieteinnahmen zu generieren.
Der Immobilienkonzern hatte selber nie Detailhändler sein wollen. Er wurde es im Zusammenhang mit einer grossen Immobilientransaktion: 2009 übernahm SPS das 4 Milliarden schwere Liegenschaftenportefeuille der Jelmoli Holding und wurde damit zum grössten Schweizer Immobilienkonzern. Das Geschäft im Jelmoli-Stammhaus gab es quasi dazu, als Zugabe; die Filialen waren schon viel früher an andere Betreiber vermietet oder geschlossen worden.
Ein Versprechen, das Warenhaus noch lange weiterzuführen, gab es bei dem Deal nicht. Insofern erstaunt es fast ein wenig, dass die Unternehmensführung diesen Fremdkörper im Konzern so lange duldete. Man ging wohl davon aus, dass sich mit einer anderen Nutzung keine höheren Mietzinsen erzielen liessen. Da man den Jelmoli besass, konnte man den Mietzins selber festlegen – durchaus auch auf einem Niveau, dass sich das Warenhaus kaum mehr leisten konnte. So hatte der Strukturwandel keinen direkten Einfluss auf die Bewertung der Liegenschaft.
Vor etwas mehr als einem Jahr scheint sich diesbezüglich jedoch die Einstellung geändert zu haben. Die Erfahrungen in der Corona-Pandemie dürften eine Rolle gespielt haben und vielleicht auch der Wechsel an der Verwaltungsratsspitze. Der frühere Verwaltungsratspräsident, Hans Peter Wehrli, hatte stets den Eindruck erweckt, am Warenhausgeschäft interessiert zu sein.
Nach dem Umbau mehr als eine Milliarde Franken wert
Swiss Prime Site geht nun davon aus, mit dem Umbau die durchschnittliche Quadratmeter-Miete im Jelmoli-Haus von heute 700 Franken auf 900 bis 1000 Franken steigern zu können, ein Plus von 35 Prozent. Die berechnete Soll-Miete des ganzen Gebäudes steigt dadurch von heute 27 Millionen Franken um 22 Prozent auf 33 Millionen Franken.
Dass es nur 22 Prozent mehr sind, hängt damit zusammen, dass im Zuge des Umbaus gut 2500 Quadratmeter Mietfläche verlorengehen, unter anderem wegen der Lichthöfe. Bei Mieteinnahmen von 33 Millionen wäre die Liegenschaft per Fertigstellung etwas mehr als eine Milliarde Franken wert.
Bis die 130 Millionen, die investiert werden sollen, wieder eingespielt sind, wird es somit einige Jahre dauern, zumal während der Bauarbeiten wohl deutlich weniger Mieteinnahmen fliessen.