Der zweite Teil von «The Devil Wears Prada» soll 2026 in die Kinos kommen. Wie der Kultfilm aus dem Jahr 2006 unsere Autorin prägte und wie sich die Mode seither verändert hat.
Modebegeisterte Millennials wissen, dass ein Lippenkräuseln eine ganze Modekollektion vernichten kann. Ihnen ist klar, dass ein Pullover nicht einfach nur blau ist, auch nicht türkis oder Lapislazuli-blau. Sondern azurblau. All das haben wir von der Chefredakteurin des Modemagazins «Runway», Miranda Priestly (gespielt von Meryl Streep), vor knapp zwanzig Jahren gelernt.
In einer Zeit vor Instagram, Live-Schaltungen direkt vom Laufsteg, sogar vor erfolgreichen Mode-Blogs, galt die Modewelt noch als ein exklusiver, geheimnisvoller Ort. Journalistinnen, Stylisten, Einkäuferinnen hatten Zutritt und konnten entscheiden, wie viel sie von ihr preisgeben wollten. Allen anderen blieben nur Hochglanz-Magazine, wo man sich über Modekollektionen, berühmte Models und wichtige Fotografen informierte. Selbst einmal dazugehören? Ausgeschlossen.
Doch dann kam das Jahr 2006, «The Devil Wears Prada» lief in den Kinos, und plötzlich schien vieles möglich. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von Lauren Weisberger, einer ehemaligen Assistentin der US-«Vogue»-Chefredaktorin Anna Wintour. Die Hauptfigur des Films, Andrea «Andy» Sachs, bewirbt sich bei dem der «Vogue» nachempfundenen Modemagazin «Runway». Sie kennt weder die Chefredakteurin, noch interessiert sie sich für Mode, und trotzdem macht Miranda Priestly sie zu ihrer zweiten Assistentin.
Und so verfolgt man Andys Straucheln durch «Runways» heilige Hallen. Nichts kann sie richtig machen – von den Röcken, die sie trägt, zu dem Kaffee, den sie serviert. Doch dann entwickelt sie Ehrgeiz und spielt nach Mirandas Regeln. Andy wird vom Art-Director Nigel, gespielt von Stanley Tucci, aus dem Mode-Fundus des Magazins neu eingekleidet, sie arbeitet sich hoch. Und verliert letztlich fast sich selbst.
Ein Tonfall, der jenem Mirandas in nichts nachsteht
«The Devil Wears Prada» prägte auch mich persönlich, auch mir schien eine Karriere in der Mode einen Versuch wert. Zu einem gewissen Preis konnte man es offenbar schaffen, so die Botschaft des Films. Und so lauschte ich am ersten Tag jedes unbezahlten Mode-Praktikums und später auch Assistentinnen-Jobs, den Film-Soundtrack. Als Motivation.
Denn «The Devil Wears Prada» bewegt sich meiner Erfahrung nach, wenn auch überspitzt, nah an der Realität. Da gab es auch eine cholerische Chefin, deren kreative Entscheidungen je nach Stimmung variierten, die nachts anrief und deren Ton jenem Mirandas in nichts nachstand oder Wutanfälle, wenn etwas nicht klappte, und Ignoranz, wenn doch.
Ich koordinierte Kleiderbestellungen, transportierte sie durch die Stadt, führte Hunde Gassi, telefonierte Paketen hinterher, war zu jeder Zeit erreichbar und nahm alles hin. Manchmal fühlte ich mich wie Andy, als sie während eines Abendessens mit ihrem Vater versucht, ihrer Vorgesetzten einen durch ein Unwetter fliegenden Jet zu organisieren, und letztlich sogar den der Navy in Betracht zieht.
Unmögliches möglich machen und gleichzeitig unsichtbar sein, schien der Auftrag. Und trotzdem: Der Filmfigur Andrea wird immer wieder eingetrichtert, dass Tausende Mädchen für ihren Job sterben würden. Einmal eine Position ergattert, musste auch ich durchhalten. Ich war austauschbar und sicher schneller ersetzt, als ich «Gabbana» hätte buchstabieren können.
Würde die totale Selbstaufgabe also tatsächlich zum Mode-Traumjob verhelfen? Vielleicht, aber so sollte das nicht sein. Im Film versenkt Andrea ihr Dienst-Handy in einem Pariser Brunnen, als sie merkt, dass sie ihre eigenen moralischen Ansprüche verraten hat. Aus dem Grund kündigte auch ich.
Was wird der Teufel 2026 tragen?
Das war vor knapp zehn Jahren, und seitdem hat sich einiges getan. Nicht zuletzt durch die sozialen Netzwerke. Während es wohl immer einen exklusiven, inneren Kreis der Modeelite geben wird, können heute alle, die es interessiert, von ihren Handybildschirmen aus sämtliche Modeschauen mitverfolgen. In der ersten Reihe sitzen neben den Chefredakteurinnen durchs Internet gross gewordene Stars, und Trends werden öfter auf Tiktok entschieden als in Chefetagen.
Vor allem aber sind die Menschen, die in der Mode arbeiten, heute besser vernetzt und können sich so besser solidarisieren, um unangebrachtes Verhalten aufzudecken. Ein herablassender Umgang muss nicht mehr als Nebeneffekt eines Berufs in der Mode akzeptiert werden.
Vor fast zwanzig Jahren trug der Teufel noch Prada. Im Film sind High Heels und elegante Designermode unentbehrlich. Durch den Sportswear-Einfluss des letzten Jahrzehnts, den Hang zu Unvorteilhaftem und Brands wie Vetements und Balenciaga hat sich unsere Ästhetik und das, was wir als modisch ansehen, inzwischen aber verschoben. Wird Miranda Priestley im von Disney produzierten zweiten Teil von «The Devil Wears Prada», der 2026 erscheinen soll, vielleicht Salomon-Sneaker tragen?
Wer weiss, denn heute ist fast alles erlaubt. Modeautorität ist vielfältiger, fluide und oft kollektiv verhandelt statt exklusiv festgelegt. Von einer wahren Demokratisierung kann allerdings noch nicht gesprochen werden. Zu offensichtlich entscheidet eine kleine, reiche, meist männliche Elite über das Investment des Kapitals und die dadurch entstehenden Entwürfe. Auch was Diversität und Inklusion angeht, steht die Mode noch am Anfang. Und momentan sieht es nicht so aus, als würde sie grosse Fortschritte machen.
Es ist zu hoffen, dass sich der zweite Teil von «Der Teufel trägt Prada» ebenfalls an der Realität orientiert. Wie ist es heute, in der Modewelt zu arbeiten? Wo hat sie noch immer toxische Züge? Dass «The Devil Wears Prada 2» eine genauso wegweisende Rolle einnehmen wird wie das Original, ist allerdings unwahrscheinlich.
Am meisten freue ich mich auf ein Wiedersehen mit Art-Director Nigel, der im ersten Teil so viel Wahres anspricht. «Halston, Lagerfeld, de la Renta – was sie erschaffen haben, ist mehr als Kunst, weil du dein Leben darin verbringst», erklärt er Andy die Relevanz der Designer, die durch «Runway» gross geworden sind.
Ihm liegt nicht daran, seine Macht zu demonstrieren, sondern sich dem zu widmen, was ihn seit Kindertagen fasziniert. Sein integrer Charakter repräsentiert die Liebe zur Modewelt, die mich und viele weitere an unsere Grenzen trieb, um ein Teil von ihr zu sein.