Die Schweizer Grossbank fällt im europäischen Vergleich zurück. Das US-Geschäft und die drohenden strengeren Bankregeln belasten.
Die Marktturbulenzen sorgen für eine neue Rangordnung unter den europäischen Banken. Ab Ende 2023 war die UBS die wertvollste Bank des Kontinents. Dieser Titel gehört nun der spanischen Grossbank Santander – sie ist an der Börse derzeit umgerechnet mehr als 84 Milliarden Franken wert. Die UBS ist unter die Marke von 80 Milliarden gefallen. Die einzig verbliebene Schweizer Grossbank leidet stärker unter den gegenwärtigen Verwerfungen als die europäische Konkurrenz.
Der Bankensektor ist stark von der durch den Handelskrieg ausgelösten Unsicherheit betroffen. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks hat seit Ankündigung der amerikanischen Zölle mehr als zehn Prozent verloren. 2024 gehörten Banken zu den stärksten Sektoren. Davon profitierte auch Santander. Nach einer jahrelangen Durststrecke präsentierte die Bank satte Gewinne. Die Aktien verteuerten sich um mehr als ein Drittel. Eine aktionärsfreundliche Politik machte sie zu einem Lieblingstitel der Analysten.
UBS-Aktien finden einen Boden
Im Gegensatz dazu haben die UBS-Aktien seit Anfang Jahr fast ein Fünftel ihres Werts verloren. Seit Ende 2023 hat die UBS Mühe, eine Höherbewertung zu rechtfertigen. Eigentlich misst sich die UBS nicht mit europäischen Universalbanken, sondern mit Wall-Street-Instituten wie Morgan Stanley oder JP Morgan.
Dass der UBS-Aktienkurs leidet, hat einerseits damit zu tun, dass die Bank mit ihrem grossen Vermögensverwaltungsgeschäft stärker in den USA aktiv ist als andere europäische Banken – ein Drittel des Ertrags stammt von dort. Andererseits belastet die ungeklärte Kapitalfrage. Schweizer Behörden wollen als Folge des CS-Untergangs, dass die UBS mehr Eigenkapital aufbaut, um krisenresistenter zu werden.
Ein definitiver Entscheid über die Kapitalvorgaben dürfte frühestens Ende 2026 vorliegen. Die Ungewissheit schränkt die Bank in ihrer Kapitalpolitik ein. So hält sich die UBS derzeit mit Aktienrückkäufen und Dividendenausschüttungen zurück. Das macht sie für Investoren weniger attraktiv.
Nach den jüngsten Rücksetzern könnten die UBS-Aktien aber einen Boden finden. Die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods glauben, dass ein Grossteil der regulatorischen Bedenken nun im Aktienpreis berücksichtigt sind. Sie gehen davon aus, dass sich die Aktien künftig wieder marktkonform entwickeln werden.
Sollte sich die UBS nicht fangen, könnte sie in der europäischen Banken-Rangliste rasch abrutschen. Mit Marktkapitalisierungen von 74,5 beziehungsweise 72,8 Milliarden Franken sind ihr BNP Paribas und Unicredit dicht auf den Fersen. Unangefochten an der Spitze der gesamteuropäischen Institute steht die britische Grossbank HSBC mit einem Börsenwert von über 150 Milliarden Franken.
Internationalität als Nachteil
HSBC belasten ähnliche Themen wie die UBS: Ein global diversifiziertes – im Fall von HSBC stark auf Asien ausgerichtetes – Geschäftsmodell wird in einer möglicherweise stark von Zöllen dominierten, protektionistischen Welt als Nachteil gesehen, die Aktien werden von den Investoren deshalb gemieden.
Auch sonst kommen härtere Zeiten auf die Banken zu. Zum einen dürften die Einnahmen aus dem wichtigen Zinsgeschäft weiter zurückgehen. Wegen zunehmender Handelsspannungen haben sich die Wachstumsaussichten in Europa eingetrübt. Statt innezuhalten, wie noch Anfang Jahr erwartet, hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen zum siebten Mal um 0,25 Prozentpunkte gesenkt.
Von der Schweizerischen Nationalbank sind ebenfalls weitere Zinssenkungen denkbar. In den USA sieht Fed-Chef Jerome Powell zwar keinen dringenden Handlungsbedarf; aber auch er sieht Anzeichen einer sich verlangsamenden Wirtschaft. Banken sind stark mit der Wirtschaft verzahnt, deshalb spüren sie eine konjunkturelle Abkühlung oder den Rückgang der Kreditnachfrage unmittelbar.
Der Bankenspezialist Marco Troiano der Rating-Agentur Scope geht deshalb davon aus, dass sich die Kreditqualität europäischer Banken verschlechtern wird. Das könnte schneller als erwartet eintreten, weil EU-Exporteure wegen der höheren Handelsschranken unter erheblichen Druck geraten könnten.