Red Bull hat einen schwierigen Saisonstart hinter sich – das nährt Spekulationen, dass Dominator Verstappen bald für ein anderes Team fahren könnte.
Die Sätze sind schon eine Woche alt, aber sie halten die Formel-1-Welt immer noch in Atem. «Alles ging schief: der Start, das Tempo, die Boxenstopps – einfach alles», bilanzierte ein völlig frustrierter Max Verstappen nach seinem sechsten Platz beim Grossen Preis von Bahrain am letzten Sonntag. Und schob nach: «Ich fahre nicht um die Weltmeisterschaft, ich nehme nur an ihr teil.»
Der Mentor des unglücklichen Titelverteidigers, Red-Bull-Berater Helmut Marko, verknüpfte die ernüchternde sportliche Bilanz mit einer ernstzunehmenden Warnung. Die Sorge, dass Verstappen das Team nach der laufenden Saison verlässt, sei «gross», sagte der Österreicher.
Zum ersten Mal gibt es damit einen offiziellen Hinweis, der eine Spekulation nährt, die schon etwa seit einem Dreivierteljahr durch das Fahrerlager wabert. Sie dreht sich um die Frage, ob Max Verstappen seinen noch bis 2028 laufenden Vertrag mit dem kriselnden Rennstall Red Bull Racing tatsächlich erfüllen wird. Der bislang so loyale Pilot könnte stattdessen einen grossen Wechsel wagen. So wie es Michael Schumacher oder Lewis Hamilton zur Mitte ihrer Karrieren erfolgreich getan hatten, um an anderer Stelle glücklicher zu werden. Dementsprechend ist der Aufruhr im Formel-1-Zirkus gross.
Das Auto ist instabil und langsam
Der 27 Jahre alte Niederländer hat stets gesagt, dass er nicht ewig in der Königsklasse fahren wolle. Ein fünfter Titel in Serie ist der nächste Karrierehöhepunkt, den er diese Saison anstrebt. Momentan ist sein Rennwagen allerdings zu instabil und im Vergleich zur Konkurrenz vor allem zu langsam. Dass Verstappen trotz einem deutlichen Defizit bei den Rundenzeiten nach vier WM-Läufen nur acht Punkte hinter dem Spitzenreiter Lando Norris zurückliegt, hat mit der ihm eigenen Fähigkeit zu tun, auch aus schlechten Autos ein Maximum an Leistung herauszuholen.
Difficult weekend 😮💨 Struggled with the balance and overall pace. We move forward and keep pushing @redbullracing 💪 pic.twitter.com/SRlKflYfnj
— Max Verstappen (@Max33Verstappen) April 13, 2025
Aber natürlich hat er andere Ansprüche, als ständig gegen den eigenen Dienstwagen und den Frust anzukämpfen. Daraus erwachsen die immer grösser werdenden Verlustängste bei seinem Arbeitgeber. Das gesamte Red-Bull-Gebilde um den umstrittenen Teamchef Christian Horner ist in eine Krise geraten, seit der renommierte Konstrukteur Adrian Newey im letzten Frühjahr den Dienst quittiert hat und Teammanager Jonathan Wheatley als neuer Rennstallchef bei Sauber anheuerte.
Offenkundig ist das System Red Bull bislang nicht stark genug, um die prominenten Abgänge adäquat zu kompensieren. Max Verstappen, vor allem aber sein meinungsstarker Vater Jos und sein Manager Raymond Vermeulen, beobachten die seither fallende Leistungskurve mit Sorge. Daraus erwachsen hitzige Debatten, die vor aller Augen an der Rennstrecke geführt werden und sich dann in internen Krisensitzungen fortsetzen.
Bei allem sportlichen Frust befindet sich Verstappen in einer relativ komfortablen Situation. Eine an die sportliche Leistungsfähigkeit seines Teams gebundene Vertragsklausel könnte ihm einen vorzeitigen Ausstieg erlauben. Und es gibt keinen Rennstall, der für einen Ausnahmefahrer wie den 64-fachen Grand-Prix-Sieger nicht seine Personalplanung überdenken würde.
Mercedes und Aston Martin im Fokus
McLaren und Ferrari haben sich allerdings langfristig anderweitig gebunden, weshalb als künftige Arbeitgeber für Verstappen vor allem zwei Rennställe in den Fokus rücken. Der Mercedes-Teamchef Toto Wolff mag noch so oft betonen, dass er Verstappen nicht auf dem Radar habe. Das sagt sich leicht, solange der potenzielle Kandidat nicht verfügbar ist.
Falls sich das ändert, würde der Österreicher in eine Zwickmühle geraten, schwört er mit dem derzeit starken Briten George Russell und dem italienischen Talent Andrea Kimi Antonelli doch auf ein hauseigenes System. Einer der beiden müsste weichen oder ausgeliehen werden. Beide sind von dem sich wieder im Aufschwung befindenden Werksteam für 2026 noch nicht bestätigt.
Aston Martin, der Rennstall des kanadischen Milliardärs Lawrence Stroll, hat mit Altmeister Fernando Alonso und Besitzersohn Lance Stroll zwar ebenfalls eine fixe Fahrerpaarung. Aber Stroll senior ist ein Siegertyp, der für den Erfolg alles tun würde. Das momentan dümpelnde britische Team hat sich mit hohen Summen die Dienste von Adrian Newey gesichert. Zudem wird der bisherige Red-Bull-Ausrüster Honda mit der Reglementsänderung im kommenden Jahr zu Aston Martin wechseln.
Sehen wir den Niederländer in Zukunft vielleicht im Alpine sitzen? Vier Teams sind laut Ralf Schumacher für Max Verstappen interessant….🔥#BackstageBoxengasse #Verstappen #F1 #RedBullRacing #Alpine #Formel1 #Schumacher pic.twitter.com/X2cFFWs1Ct
— Sky Sport Formel 1 (@skysportformel1) April 16, 2025
Neweys Ideen und den japanischen Motoren hat Verstappen seine Titel massgeblich zu verdanken. Durch die britische Presse geisterte bereits zu Jahresanfang die Meldung eines angeblich mit einer Viertelmilliarde Euro pro Jahr dotierten Angebotes. Diese wurde von Aston Martin allerdings umgehend dementiert.
Derzeit geht es um Schadensbegrenzung
Max Verstappen ist keiner, der so schnell aufgibt. Er lebt und fährt für den permanenten Angriff, in der derzeitigen Situation bleibt dem werdenden Vater auch gar nichts anderes übrig. Natürlich weiss er, dass es seine Zeit braucht, bis Fehler am Rennwagenkonzept entdeckt und vor allem behoben sind.
Der Europa-Start der Formel 1 Mitte Mai in Imola gilt als erste Deadline für einen technischen Neuanfang. So lange wird es in einem eng zusammenliegenden Feld weiter um Schadensbegrenzung gehen. Der Berater Marko unterstreicht den Anspruch, die Wende zu schaffen: «Wir dürfen nicht von Zufälligkeiten abhängig sein. Wir müssen eine Basis schaffen, mit der er um die WM kämpfen kann.» Vor allem aber eine, um den Ausnahmerennfahrer über das Rennjahr hinaus zu halten.
Bei der offiziellen Medienrunde in Saudiarabien, wo am Wochenende der nächste GP stattfindet, parierte Verstappen alle Fragen zu seiner Zukunft. Was einen möglichen Teamwechsel angehe, stellte er klar: «Darüber reden nur andere, ich nicht. Das Auto besser zu machen, ist das Einzige, was jetzt für mich zählt.» Im Übrigen sei er total entspannt. Als ein britischer Fernsehkommentator nachfragte, beschied ihm Max Verstappen: «Konzentriere du dich lieber auf das Kommentieren, ich konzentriere mich auf das Fahren. Dann muss keiner von uns über andere Szenarien nachdenken.»