Die Motorsäge ist zum weltweiten Symbol für den Abbau von Bürokratie geworden. Der argentinische Künstler baut die prächtigsten Exemplare – für Milei, Musk und Trump.
«Das ist die Kettensäge gegen die Bürokratie», ruft Elon Musk Ende Februar und schwingt die glänzende Motorsäge. Im Hintergrund lächelt Javier Milei, der dem Milliardär die Säge als Geschenk an einer Konferenz der globalen Rechten in Maryland übergeben hat. So wie der libertäre Präsident Argentiniens daheim die Bürokratie zersägt, will es ihm Musk nun als Chef des Department of Government Efficiency in den USA gleichtun.
Musks Motorsäge – 9 Kilogramm schwer und aus Bronze und Aluminium hergestellt – kommt aus der Wohnküche von Mariano «Tute» Di Tella im Viertel Villa Urquiza in Buenos Aires. Der kleine Raum ist seine Werkstatt mit Dutzenden von Motorsägen, die der 45-jährige Künstler seit seiner Jugend gebaut hat – immer dann, wenn er einen inneren Impuls spürte oder auf eine technische Herausforderung traf. Er baue Maschinen, die es so noch nie gegeben habe, sagt er im Gespräch.
Motorsägen faszinieren Tute, seit er als Jugendlicher den Film «Texas Chainsaw Massacre III» gesehen hat. Die Hauptfigur Leatherface steht als Miniatur im Regal zwischen den Motorsägen. Geld verdient er als Mechaniker mit der Reparatur von allen möglichen Geräten, zudem als Berater eines Motorsägenherstellers. Doch das Bauen der Sägen sei Kunst, und niemals verkaufe er eine, jedoch verschenke er ab und zu ein Exemplar an Personen, zu denen er eine Seelenverbindung verspüre.
So wie zu dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Javier Milei, der im Wahlkampf 2023 versprach, den überbordenden argentinischen Staat zurechtzustutzen. Und dabei wild eine Motorsäge schwang. «Dieser Motorsäge fehlt es an Identität», dachte Tute damals, «ich sollte Milei eine personalisierte Säge bauen!» Zwei Monate später war die Motorsäge fertig. Auf deren bronzener Führungsschiene hatte er mit dem Laser «Las Fuerzas del Cielo» (Die Kräfte des Himmels) eingebrannt.
Ein Jahr lang habe sie dann in seiner Küche über allen anderen Motorsägen gethront. Bis er sie im November 2024 in eine grosse Tasche packte und sich mit seinem Sohn per U-Bahn zur Casa Rosada begab, dem Präsidentenpalast. «Ich bin hier, um die präsidentielle Motorsäge abzugeben», habe er den Polizisten gesagt. Die hätten verwundert geschaut, die Tasche dann gescannt und entgegengenommen. 40 Minuten später postete Milei ein Foto von seinem Schreibtisch, mit der Motorsäge im Hintergrund. «Da verstand ich: Dort war ihr vom Schicksal bestimmter Platz.»
Estaba trabajando sobre el discurso que daré a las 15:00 hs., cuando me puse a pensar sobre las medidas del gobierno para lo que será el 2025…
Ante el paisaje confirmo que seguiré a full con la motosierra…
VIVA LA LIBERTAD CARAJO…!!! pic.twitter.com/D6mIFzd6hQ— Javier Milei (@JMilei) November 26, 2024
Er habe Visionen für zwei weitere Motorsägen, erzählte Tute kurz darauf der Zeitschrift «Forbes»: eine für Elon Musk und eine für Donald Trump. Darauf rief ihn Mileis Pressesprecher an. Der Präsident wolle Musk die Motorsäge übergeben. Tute habe zwanzig Tage Zeit. Wie ein Verrückter habe er gearbeitet. Auf die Führungsschiene gravierte er «Viva la libertad, carajo!», Mileis ureigenen Ausruf: «Es lebe die Freiheit, verdammt!» Dann brachten er und sein Sohn die Säge per U-Bahn zur Casa Rosada. Diesmal erwartete man ihn bereits.
Tage später gehen die Bilder von Musk um die Welt, wie er Tutes Motorsäge schwingt. Mehr noch: Donald Trump sagt, er wolle auch eine. Seine Vision erfülle sich damit, sagt der Künstler. Trumps Modell habe er bereits fertig im Kopf. «Ich weiss, welchen Spruch ich auf sie lasern werde, ihre Farbe, und wie die Kettenbremse aussehen soll, alles.» Details verrät er nicht, nur, dass Milei der Bote auch für Trumps Motorsäge sein wird.
Ein befreundeter Künstler habe ihm gesagt, dass die Motorsäge seit langem ihren Platz als Symbol der Menschheit gesucht habe. Jetzt stehe sie endlich in einer Reihe mit dem Schwert Excalibur von König Artus und den Jedi-Lichtschwertern aus «Krieg der Sterne», «und du hast das vollbracht», sagte der Künstler.
Er selbst habe keine Kontrolle darüber, worin sich seine Schöpfungen verwandelten, sagt Tute. Er wisse, dass die Motorsäge als Symbol der Disruption geliebt, aber auch gehasst werde. Aber diese Gefühle zeigten, dass das Kunstwerk lebendig sei und als Symbol immer mächtiger werde. Aber wie man es interpretiere, sei jedem selbst überlassen.
Javier Milei le dijo a la revista Forbes que se viene un año de «motosierra profunda» pic.twitter.com/LK2BAuxO7L
— Emmanuel Rincón (@EmmaRincon) December 30, 2024
Für ihn stehe die Motorsäge nicht bloss für Bürokratieabbau, «sondern für einen Kurswechsel der Menschheit, dafür, dass wir auf dem falschen Weg waren und jetzt ‹Basta!› rufen». Fünf Minuten Tiktok anschauen genüge, um zu sehen, in welcher Verfassung sich die Menschheit befinde. Man romantisiere die Dekadenz, die Gesellschaft sei so krank, dass man jemanden auf der Strasse niederschlage, um sein Handy zu klauen, klagt Tute.
«Wir müssen etwas korrigieren, und das ist die wahre Bedeutung der Motorsäge. Und das ist nicht mehr nur Mileis Thema, sondern das der ganzen Menschheit.» Die Motorsäge werde auf dem ganzen Planeten ein mächtiges Symbol werden, das spüre er. Die weltweite Dekadenz der Menschheit – das bekämpfe diese Maschine.
Er plane den Bau einer ganz besonderen Motorsäge, die er dann für 1 Million Dollar versteigern wolle. Das Geld sei für soziale Zwecke. Es gehe ihm nicht ums Reichwerden, sondern darum, zu zeigen, welche Macht die Motorsäge mittlerweile erlangt habe. «It’s not for the money, it’s for the glory», sagt er zum Abschied.
El Presidente Javier Milei te necesita para que la motosierra llegue a todo el país y al resto del mundo.
Ayudanos a lograrlo sumandote en: https://t.co/d3nZBWGPFR pic.twitter.com/RrgNbdM5LS
— La Libertad Avanza (@LLibertadAvanza) March 30, 2025