Allgegenwärtig, aber dennoch verpönt: Das Handy hatte keine gute Woche, was die öffentliche Meinung angeht. Ebenso wie Donald Trump, Karin Keller-Sutter, Markus Söder und Prinzessin Isabella von Dänemark.
Lust auf etwas negative Aufmerksamkeit? Drücken Sie einem Kleinkind ein Handy in die Hand. Missbilligende Blicke oder gar Worte werden Ihnen sicher sein. Auch von Erwachsenen, die selbst regelmässig eine zweistellige Bildschirmzeit haben. Denn obwohl das Handy unser ständiger Begleiter ist, nicht nur für Unterhaltung sorgt und informiert, sondern auch Rat spendet und Hilfe in allen Lebenslagen: Gern gesehen ist es nicht. Und das nicht nur in Kleinkindhändchen.
Muss das sein?
Gross auch die Empörung, weil das auf dem offiziellen Instagramkanal des dänischen Königshaus veröffentlichte Foto von Prinzessin Isabella von Dänemark sie mit ihrem iPhone in den Händen zeigt. Es war wohl lustig gemeint. Kam aber nicht nur gut an; obwohl die Royal den Blick strahlend auf die Betrachter richtet, nicht auf den Screen.
Isabella ist nicht die einzige, die gerade für dein Einsatz ihres Smartphones kritisiert wird. So wurde Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter von der britischen Presse scharf angegangen, weil sie während der Trauerfeier für Papst Franziskus am Samstag, 26. April 2025 ihr Handy zückte, um Fotos zu machen. Das sei respektlos, befand die «Daily Mail». Die einzige mit dieser Idee war Keller-Sutter nicht: Auch Donald Trump, Markus Soeder und andere Würden- und Entscheidungsträger, auch kirchliche, schauten auf ihre Geräte, fotografierten, oder machten gar Selfies.
Gerade in Rom gelandet: Nun geht es im Konvoi mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in den Vatikan zu den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Papst #Franziskus. pic.twitter.com/FgbiwUVSNW
— Markus Söder (@Markus_Soeder) April 26, 2025
Doch warum fotografiert man überhaupt an einem solchen Ereignis? Pascal Hollenstein, Informationschef des Finanzdepartements, liess sich zum Vorwurf zitieren: «Weil Karin Keller-Sutter als Katholikin die Totenmesse sehr nahegegangen ist, wollte sie eine ganz persönliche Erinnerung daran haben.» Das ist nachvollziehbar: das Foto-Tagebuch auf dem Screen gehört für viele zum Leben dazu. Dennoch: Eine Foto hat immer auch etwas von einer Trophäe. Man nimmt etwas mit, und sei es nur der Beweis, dass man da war.
Davonstehlen in virtuelle Welten
Dazu kommt, dass Menschen mit dem Blick aufs Telefon sich immer zurückziehen. Man nimmt sich aus dem Moment heraus, aus der Situation. Als Fotografierende übernimmt man die abgehobene Rolle einer Beobachtenden, Einordnenden. Man dokumentiert. Zudem bleibt da immer der leise Verdacht, dass der Mensch mit dem Handy vielleicht etwas ganz anderes macht, sich davonstiehlt in virtuelle Welten.
Und dass diese sehr interessant sind, oft interessanter als das, was sich gerade im echten Leben abspielt, das wissen alle. Und deshalb schaut man auch so böse hin, wenn jemand den Verlockungen des kleinen Bildschirms verfällt, ist ungern Zeuge dieser Schwäche, gerade, wenn sie Menschen mit Entscheidungsmacht offenbaren, seien es Eltern oder Politiker und Politikerinnen und Prinzessinnen. So oft auch nach Nahbarkeit verlangt wird: in dieser Beziehung hätte man Verantwortungsträger gerne etwas abgehobener.
Die ganze Aufregung zeigt aber auch ein grundsätzliches Problem auf: Mehr als 20 Jahre gibt es das Smartphone nun schon. Aber noch immer fehlt es an klaren Verhaltensregeln. Handy auf dem Tisch beim Treffen mit Freunden? Immer oder nur, wenn man auf eine wichtige Nachricht wartet? Display oben oder unten? Darf man mitten in einem Gespräch ans klingelnde Telefon gehen? Bisher entscheidet jede und jeder für sich. Und geht so immer wieder das Risiko ein, etwas grundfalsch zu machen.