Ein stärkerer Werbemarkt und die Kommerzialisierung von KI beflügeln zurzeit Big Tech. Davon profitieren auch die Anleger: Erstmals in der Firmengeschichte zahlt Meta eine Dividende.
Krise, welche Krise? Vor einem Jahr noch machten die grössten Technologiekonzerne der Welt Schlagzeilen mit Massenentlassungen und Sparpaketen, ihr Werbegeschäft kränkelte an den Rezessionsängsten der breiteren Wirtschaft.
Von all dem war diese Woche nichts mehr zu spüren, als Microsoft, Alphabet, Meta, Amazon und Apple ihre Ergebnisse des letzten Quartals 2023 präsentierten.
Die Investition in Open AI zahlt sich für Microsoft aus
So unterschiedlich die Geschäftsmodelle der fünf Konzerne sein mögen, ist ihnen allen doch gemein, dass die jüngsten Durchbrüche in der künstlichen Intelligenz ihren Umsatz beflügeln.
Allen voran trifft das auf den fast 50 Jahre alten Microsoft-Konzern zu. Dessen Investition in die Firma Open AI von rund 13 Milliarden Dollar erweist sich immer mehr zum Geniestreich von CEO Satya Nadella. Microsoft verzeichnete zwischen Oktober und Dezember sein stärkstes Gewinnwachstum seit zwei Jahren (+3 Prozent) auf knapp 22 Milliarden Dollar. Besonders hilft die KI dem Cloud-Geschäft sowie der Software-Palette Microsoft 365. Vergangenes Jahr bündelte die Firma ihre KI-Fähigkeiten in einem Assistenten namens Copilot, der nun in Anwendungen wie Word, Excel und Teams den Endnutzern unter die Arme greift.
Die Anleger stimmen dieser Strategie zu: Microsofts Aktien haben in den vergangenen zwölf Monaten um 70 Prozent zugelegt, deutlich mehr als der Vergleichsindex Nasdaq. Vergangene Woche kletterte der Börsenwert des Konzerns erstmals auf mehr als 3 Billionen Dollar. Microsoft entriss damit Apple den Titel als wertvollste Firma der Welt.
Doch auch Microsofts grösster Konkurrent Google profitiert zurzeit vom KI-Boom. Der Konzern vermeldete diese Woche einen im Jahresvergleich um 13 Prozent gestiegenen Umsatz von 86,3 Milliarden Dollar, der Gewinn kletterte gar um 30 Prozent auf 23,6 Milliarden Dollar.
Vor einem Jahr noch musste sich der CEO Sundar Pichai vorhalten lassen, dass Google es verschlafen habe, seine Forschungsdurchbrüche im Bereich der KI auch zu kommerzialisieren. Nun sagte Pichai am Dienstag im Telefonat mit Investoren, er sei «sehr stolz darauf», wie Google auf den Wettbewerbsdruck reagiert und KI nun in zahlreiche Produkte – von der Suchfunktion über Arbeitssoftware bis hin zur Cloud – integriert habe. Insgesamt konnte Alphabet nun das vierte Quartal hintereinander steigende Umsätze verzeichnen. Ähnlich wie bei Microsoft, profitiert auch bei Google insbesondere das Cloud-Geschäft von der KI (+26 Prozent auf 9 Milliarden Dollar Umsatz).
Googles Geschäftsgang ist immer auch ein guter Indikator dafür, wie es um die Werbewirtschaft bestellt ist. Der Konzern aus Mountain View ist schliesslich der weltgrösste Anbieter von Digitalwerbung. Auch hier hatte Pichai gute Nachrichten: Das Geschäft wuchs im Jahresvergleich um 11 Prozent auf 65,5 Milliarden Dollar. Es waren deutlich bessere Zahlen als vor einem Jahr, als Google zum ersten Mal seit dem Beginn der Corona-Pandemie einen rückläufigen Werbeumsatz vermeldete. Insbesondere auf Googles Videoplattform Youtube wächst die Nachfrage nach Werbung wieder (+16 Prozent).
Metas Aktien steigen um 14 Prozent
Ähnliches meldete auch Meta, nach Google der zweitgrösste Anbieter für Digitalwerbung weltweit. Auch dessen Werbegeschäft profitiert nun von Durchbrüchen im Bereich der KI: Mark Zuckerbergs Firma hat für seine Werbekunden eine Art KI-Werkzeugkoffer gebaut, der ihnen beim Erstellen der effektivsten Werbeanzeigen unter die Arme greift. Zudem entscheidet die KI nun, welche Inhalte den Facebook-Nutzern in ihrem Newsfeed gezeigt werden, wodurch sie länger auf den Plattformen der Facebook-Familie verweilen.
Beides sind interessante Entwicklungen für Metas Werbekunden. Mit Anzeigen verdiente der Konzern im letzten Quartal rund 39 Milliarden Dollar – rund 97 Prozent seines Umsatzes. Das Werbegeschäft läuft nun wieder so gut, dass Meta den Durchschnittspreis pro Anzeige etwas angezogen hat. Vor einem Jahr noch hatte der Konzern die Preise um durchschnittlich 22 Prozent gesenkt im verzweifelten Versuch, Werbedollars anzuziehen.
Diese Durststrecke scheint nun vorbei. Meta verzeichnete zwischen Oktober und Dezember den grössten Umsatzzuwachs seit zwei Jahren, nämlich ein Plus von 25 Prozent auf rund 40 Milliarden Dollar. Der Gewinn stieg auf 14 Milliarden Dollar – mehr als drei Mal so viel wie noch vor einem Jahr. Gerade hat Meta erstmals eine Marktkapitalisierung von 1 Billion Dollar erreicht, der Aktienkurs steht auf einem Allzeithoch, der Konzern hat das vierte Quartal hintereinander mehr umgesetzt. Die schlechten Nachrichten, die den Konzern noch vor gut einem Jahr plagten, scheinen abgeschüttelt.
Die Dinge laufen in Mark Zuckerbergs Konzern so gut, dass Meta nun erstmals in der 20-jährigen Firmengeschichte den Anlegern eine Dividende von 50 Cent auszahlt. Die Aktien stiegen am Donnerstag nachbörslich um 14 Prozent.
Zuckerberg machte im Telefonat mit Investoren deutlich, dass er KI weiterhin als Wachstumsmotor des Konzerns versteht. Das Metaversum, nachdem er seinen Konzern vor drei Jahren umbenannte, kam kaum noch zur Sprache. «Wir wollen die beliebtesten und führenden KI-Produkte zu entwickeln», sagte Zuckerberg – darunter fallen für ihn persönliche KI-Assistenten und auch das ambitionierte Ziel, menschenähnliche künstliche Intelligenz («generelle» künstliche Intelligenz) zu bauen. «Das wird das Thema unserer Produktwelten werden.»
«Rufus» soll Amazons Kunden beim Einkaufen helfen
Auch bei Amazon scheint die Durststrecke vorerst vorbei: Das Weihnachtsquartal des Online-Riesen fiel besser aus, als es Marktbeobachter erwartet hatten, und war das profitabelste seit zwei Jahren. Amazons Umsatz stieg im Jahresvergleich um 14 Prozent auf 170 Milliarden Dollar.
Offenbar zahlt sich aus, dass sich der Konzern nach einer Serie von Verlusten vor gut einem Jahr neu aufstellte: Er entliess inzwischen Zehntausende von Konzernmitarbeitern, verhängte einen Sparkurs und zeigt seit dieser Woche den Abonnenten seines Streaming-Dienstes Werbung, falls diese nicht für ein Prämienangebot zahlen. Überhaupt spielt Werbung bei Amazon eine zunehmende Rolle: Im vergangenen Quartal stieg der Umsatz damit um 27 Prozent. Amazon ist inzwischen der drittgrösste Anbieter von Digitalwerbung, zum Konzernumsatz trägt diese erst 9 Prozent bei.
Auch Amazon bemüht sich, den Anschluss punkto KI nicht zu verlieren. Nachdem die Firma aus Seattle zunächst in diesem Bereich hinterher hinkte, kooperiert sie nun mit der KI-Firma Anthropic. Zuletzt hat der CEO Andy Jassy eine Reihe von KI-Innovationen für Amazons Cloud-Division vorgestellt, darunter etwa den hauseigenen Chatbot Amazon Q. Am Donnerstag kündigte Jassy zudem an, dass künftig ein KI-Assistent namens «Rufus» den Konsumenten beim Einkaufen helfen soll.
Apple gibt sich punkto KI bedeckt
Einzig der Apple-Konzern lässt sich bisher kaum in die Karten schauen, was er punkto künstlicher Intelligenz in petto hält. Bei der Vorstellung der Quartalszahlen am Donnerstag sagte CEO Tim Cook lediglich, dass Apple «später im Jahr» Genaueres bekannt geben werde und dass auch das am Freitag in die Läden kommende Virtual-Reality-Headset voller KI-Anwendungen sei.
Nach vier Quartalen mit rückläufigem Umsatz konnte Cook den Investoren wieder positive Nachrichten bringen: Der Umsatz stieg zwischen Oktober und Dezember um gut 2 Prozent auf 120 Milliarden Dollar. Der Gewinn stieg gar um 13 Prozent auf 34 Milliarden Dollar.
Wieder einmal erklärt sich dies mit dem iPhone: Das jüngste Modell verkaufte sich besser als erwartet im Weihnachtsquartal und trug alleine stolze 60 Prozent zum Konzernumsatz bei. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Apple im vergangenen Jahr insgesamt 235 Millionen der Smartphones verkauft und damit Samsung als weltgrössten Hersteller abgelöst hat.
Das iPhone ist und bleibt der Motor des Apple-Konzerns: 200 Milliarden Dollar setzt dieses jährlich um und unterstützt zudem andere Produktkategorien wie die Wearables, mit der Apple 40 Milliarden Dollar umsetzt, und Dienstleistungen, die noch einmal 85 Milliarden Dollar im Verkauf bringen.
Doch am Donnerstag zeigte sich auch, dass das iPhone-Geschäft im wichtigen Markt China zunehmend zum Sorgenkind wird. Der Umsatz dort fiel zuletzt um 13 Prozent, unter anderem, weil zahlreiche chinesischen Behörden und Firmen es nun ihren Mitarbeitern verbieten, Smartphones ausländischer Hersteller mit ins Büro zu bringen.
Auch wächst Apples Konkurrenz durch den chinesischen Technologiekonzern Huawei, der nun wieder Smartphones herstellt. Aus diesem Grund hat Apple im Januar auch eine seltene Massnahme ergriffen und in China die Preise einzelner Handymodelle gesenkt. Die kommenden Monate werden zeigen, ob diese Massnahmen den gewünschten Effekt bringen.