Mit dem Rohstoffabkommen hat die Ukraine ein Zugeständnis an Trump gemacht. Ob Kiew den US-Präsidenten damit für sich gewinnen kann, ist allerdings offen. Für einen dauerhaften Frieden braucht es mehr Druck auf Putin. Das will Trump noch nicht verstehen.
Glaubt man der amerikanischen Regierung, könnte sich das Schicksal der Ukraine in den nächsten Tagen entscheiden. Diese Woche sei massgeblich für die Friedensbemühungen der USA, erklärte Aussenminister Marco Rubio kürzlich: «Wir müssen uns festlegen, ob wir uns an diesen Bestrebungen weiter beteiligen.» Beide Konfliktparteien müssten nun konkrete Vorschläge liefern, betonte Rubios Pressesprecherin Tammy Bruce am Dienstag. «Wenn es keine Fortschritte gibt, werden wir uns als Vermittler aus dem Prozess verabschieden.»
Trump liess es bisher offen, ob er der Ukraine noch Waffen liefern würde, sollten seine Friedensbemühungen scheitern. Damit setzt er erneut Kiew und nicht Moskau unter Druck. Für Kremlchef Wladimir Putin wäre dies das ideale Szenario: Trump scheitert mit seinen Vermittlungen, gibt Kiew die Schuld und stellt die Waffenlieferungen ein.
Um ein solches Szenario zu verhindern, unterzeichnete Kiew am Mittwoch das bereits seit Monaten diskutierte Rohstoffabkommen mit Washington. Die ukrainische Wirtschaftsministerin Julia Swiridenko flog in die USA, um das Dokument gemeinsam mit dem amerikanischen Finanzminister Scott Bessent zu signieren. Auf X schrieb sie: «Dieses Abkommen schafft für beide Länder vorteilhafte Bedingungen.»
Eigentlich hätte das Abkommen bereits im Februar während des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in Washington unterzeichnet werden sollen. Doch stattdessen kam es zu einem heftigen Streit im Oval Office. Trump und sein Vizepräsident J. D. Vance warfen Selenski vor, sich zu wenig dankbar für die amerikanische Hilfe zu zeigen. Der ukrainische Präsident verliess Washington mit leeren Händen. Trump stellte die Lieferung von Waffen und Geheimdienstinformationen an Kiew kurzzeitig ein.
Keine Sicherheitsgarantien für Kiew
Nun haben sich die USA und die Ukraine auf die Gründung eines gemeinsamen Investitionsfonds für den Wiederaufbau geeinigt. Kiew wird 50 Prozent seiner Einnahmen aus der Vergabe von Lizenzen zum Rohstoffabbau und anderer Gebühren in den Fonds einspeisen. Sollten die USA künftig Waffen an die Ukraine liefern, würde ihr Wert als amerikanischer Beitrag in den Fonds bewertet. In den ersten zehn Jahren sollen die Gewinne aus dem Fonds wieder in der Ukraine investiert werden. Wobei die Amerikaner und die Ukrainer die Projekte gemeinsam bestimmen sollen. Es handle sich um eine «gleichberechtigte Partnerschaft», betonte Swiridenko.
Die USA erhalten einen bevorzugten, aber keinen exklusiven Zugang zu den ukrainischen Rohstoffen. Dazu gehören Erdöl und Erdgas, aber auch die für moderne Technologien notwendigen seltenen Erden. Das Abkommen lässt der Ukraine einen künftigen EU-Beitritt offen. Allerdings sagt es Kiew nicht wie erhofft amerikanische Sicherheitsgarantien zu. Das Dokument betont einzig «den Wunsch des amerikanischen Volkes, in eine freie, souveräne und sichere Ukraine» zu investieren.
«Trump bindet sich mit dem Abkommen an die Zukunft der Ukraine», titelte die «New York Times». Die genaue Umsetzung des nun unterzeichneten Abkommens muss aber noch in weiteren Dokumenten definiert werden. Zudem braucht es am Ende auch die Zustimmung des ukrainischen Parlaments. Kiew hofft vor allem auf mehr Goodwill des amerikanischen Präsidenten. Russische Drohnen griffen am Donnerstag die südliche Hafenstadt Odessa an. Selenski forderte daraufhin einen verstärkten Druck auf Moskau: «Für über 50 Tage hat Russland den amerikanischen Vorschlag für eine vollständige und bedingungslose Waffenruhe ignoriert.»
Trump betonte immer wieder, dass das Rohstoffabkommen eine genügende Sicherheitsgarantie für die Ukraine sei. Die Präsenz amerikanischer Unternehmen in dem Land würde Moskau abschrecken. Doch diese Annahme ist naiv. Dies zeigt auch die Reaktion des früheren russischen Präsidenten und Putin-Vertrauten Dmitri Medwedew. Er schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Telegram höhnisch über die Ukrainer: «Jetzt müssen sie für die Militärhilfe mit den Reichtümern ihres verschwindenden Landes bezahlen.»
Viele Zugeständnisse an Moskau
Nach dem Vieraugengespräch mit Selenski im Vatikan äusserte Trump zwar Zweifel an Putins Willen zu einem Frieden. Erneut erwog er aber lediglich verstärkte Wirtschaftssanktionen als Druckmittel. Das dürfte kaum ausreichen, um den Kremlchef von seinen Kriegszielen abzubringen. Zumal der kürzlich durchgesickerte Friedensplan der Trump-Regierung den Russen sehr viele Zugeständnisse machte. Washington zeigte sich unter anderem bereit, die Halbinsel Krim als russisches Territorium anzuerkennen und einen ukrainischen Nato-Beitritt auszuschliessen. Gleichzeitig berichtete «Politico», dass Trumps Sondergesandter Steve Witkoff auf die Aufhebung von Sanktionen gegen Russland dränge.
Für einen dauerhaften und stabilen Frieden muss auch Russland ernsthafte Zugeständnisse machen. Doch das wird Putin vermutlich nur tun, wenn die USA sich klar zu langfristigen und robusten Waffenlieferungen an die Ukraine bekennen. Trump will sich darauf bis jetzt aber nicht festlegen. Die Europäer versuchten den amerikanischen Präsidenten zu einem Umdenken zu bringen, erklärte die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas gegenüber der «Financial Times» am Mittwoch. «Präsident Trump sagte, er wolle das Töten stoppen. Er sollte Druck auf denjenigen ausüben, der das Töten verübt.»