Mit dem Aufkommen von klobigen Sneakers konnten Turnschuhe lange nicht überproportional genug sein. Mittlerweile geht der Trend in die gegensätzliche Richtung. Was den schmalen Sneaker zurückgebracht hat und wie man ihn kombiniert.
Sneaker dienen schon lange nicht mehr nur sportlichen Aktivitäten. Vielmehr haben sie sich zu einem kulturellen Phänomen entwickelt, einem modischen Statement, mit dem man seinen persönlichen Stil auf individuelle Art und Weise ausdrücken kann.
Ab Mitte der 2010er Jahre lautete dieses Statement unter den Modeinteressierten: «chunky» – auf Deutsch «klobig». Sneaker hatten plötzlich überdimensionale Sohlen, die Silhouette wurde breiter, der Look derber. Besonders beliebt waren Modelle wie der «Triple S» von Balenciaga oder der «Oversized Sneaker» von Alexander McQueen. Der Trend hielt sich lange.
Doch wie das in der Modewelt so üblich ist: Auf eine Bewegung folgt immer eine Gegenbewegung. Seit einiger Zeit scheinen Sneaker mit dünner Zwischensohle, schmalem Schaft und runder Spitze – auch Slim Sneaker genannt – ihren Weg zurück auf die Laufstege und Strassen zu finden. Folgt auf den Sneaker-Maximalismus nun der Sneaker-Minimalismus?
Die Ursprünge der schmalen Sneaker
Der wohl älteste und bekannteste schmale Sneaker ist der Adidas «Samba». Wie die meisten Streetwear-Sneaker war auch dieser ursprünglich als Sportschuh konzipiert und wurde bei der Fussball-Weltmeisterschaft 1950 in Brasilien erstmals vorgestellt. Als Hommage an den brasilianischen Tanz und Musikstil nannte Adidas den Schuh «Samba». Er kam auf dem Fussballplatz zum Einsatz – vor allem bei Winterspielen, weil er mit seiner Gummisohle auf rutschigem Untergrund für gute Bodenhaftung sorgte. Der Sneaker wurde innerhalb kürzester Zeit zum meistverkauften Sportschuh und machte Adidas weltberühmt.
In den 2000er Jahren bekamen die Slim Sneaker Konkurrenz; Modelle wie die Slip-ons von Vans gewannen an Popularität – und an Sohle. In den 2010er Jahren verloren die schmalen Turnschuhe durch die Chunky Sneaker endgültig die Aufmerksamkeit.
Erst als die britische Designerin Grace Wales Bonner 2020 den Adidas-Klassiker «Samba» neu interpretierte, kehrte der Slim Sneaker zurück – und eroberte die Modewelt im Sturm. Plötzlich waren die Schuhe wieder an den Füssen von Influencern und Supermodels zu sehen, die Modelle waren monatelang ausverkauft.
Der Low-Profile-Trend
Dies war ein wesentlicher Katalysator für den sogenannten Low-Profile-Trend, wie das Magazin «The Cut» schreibt. Durch die Wiederentdeckung des Adidas «Samba» wurden auch andere schmale Sneaker-Modelle aus ihren Archiven hervorgeholt und neu vermarktet. Dies war zum Beispiel beim Adidas «Taekwondo» der Fall, der ursprünglich für den Kampfsport entwickelt wurde, oder beim Trainingsschuh «Tokyo». Auch die Nachfrage nach dem Puma «Speedcat», der seine Wurzeln in der Formel 1 hat, ist seitdem deutlich gestiegen.
Klobigere Modelle machen zwar nach wie vor einen grossen Teil ihres Sneaker-Sortiments aus, dennoch haben sich auch Luxusmarken wie Prada, Miu Miu, Dries Van Noten und Loewe mit dem Trend beschäftigt und eigene schmale Sneaker-Modelle entworfen. Diese haben hauchdünne Sohlen, sind aus Leder, Wildleder oder Nylon gefertigt und meist in Unifarben wie Beige, Schwarz und Braun erhältlich. Auch zarte Pastelltöne wie Hellblau oder Hellrosa erscheinen auffallend oft.
Obwohl der Wildleder-Sneaker von Dries Van Noten oder der Plume-Sneaker von Miu Miu unverkennbare Ähnlichkeiten mit den minimalistischen Zügen eines Puma «Speedcat» aufweisen, wollen sich die Luxusmarken mit diesem eleganten, pastellfarbenen Auftritt wohl bewusst von ihren sportlicheren Pendants abgrenzen. Bei Preisen um die 700 Franken pro Schuhpaar gelingt dies automatisch.
Ein schmaler Sneaker geht immer
Aber wie kann eine Turnschuhform, die vor mehr als siebzig Jahren entworfen wurde, heute wieder einen solchen Begeisterungssturm auslösen? Vielleicht liegt die Antwort gerade in seiner Geschichte: Mit dem Slim Sneaker – allen voran dem Adidas «Samba» – hat schliesslich alles angefangen, er ist der Ursprung eines jeden Sneakers. Bei einer früheren Kundschaft weckt er Erinnerungen – als das Leben noch leichter schien, vielleicht einfach deshalb, weil man selbst jünger war. Für die Jüngeren verkörpern die Schuhe den lässigen Stil von damals, den man nur von Fotos und Videos kennt.
Gleichzeitig bringen neue Modelle von bekannten Marken und aufregende Kollaborationen wie zum Beispiel zwischen Adidas und dem Rapper Bad Bunny oder zwischen Puma und A$AP Rocky frischen Wind und Modernität in die alten Konzepte. Die Antwort für den Erfolg liegt also irgendwo zwischen Nostalgie und Innovation.
Vielleicht ist es aber auch die Schlichtheit und Leichtigkeit des Slim Sneakers, die ihn nach wie vor so beliebt macht. Ob im Büro, auf Reisen oder auf einer Party – im Gegensatz zum Chunky Sneaker fallen schmale Turnschuhe weniger auf und lassen sich mühelos in jeden Look integrieren. Man muss nicht erst überlegen, ob der Schuh zum Outfit passt. Ein Slim Sneaker passt immer.
Wie trägt man Slim Sneaker am besten?
Auf den Strassen von Paris, London oder Mailand werden schmale Sneaker auf vielfältige Art und Weise getragen. Besonders beliebt sind sie in Kombination mit weiten Stoffhosen: Die Form des Schuhs und die Form der Hose werden gerne im umgekehrten Verhältnis zueinander getragen. Greift man also zu weiten Hosen, eignen sich an den Füssen schlanke, niedrige Sneaker, die aus den Hosenbeinen hervorblitzen.
Slim Sneaker passen aber genauso zu schmalen Hosen wie zum Beispiel zu engen Jeans. In Gelb oder Grün bietet der Turnschuh zudem einen farblichen Kontrast zum Blau der Jeans. So wird er ähnlich eingesetzt wie der genauso angesagte Ballerina.
Auch zu kurzen Hosen, Kleidern und Röcken werden schmale Sneaker getragen: Kombiniert mit einem eleganten Sommerkleid oder eher brav wirkenden Chinos machen sie den Look cooler. Gleichzeitig sorgt der schlichte Schuh für keinen allzu grossen Stilbruch, die Outfits bleiben auch mit Sneaker lässig-elegant. Brechen kann man dies etwa mit dem Tragen spezieller Socken oder dem Einfädeln farbiger Schnürsenkel – gesehen an den ständig ausverkauften Sneaker von Miu Miu und New Balance.
Er mag mehr Bodenhaftung ausstrahlen als sein klobiger Vorgänger. Doch auch ein Slim Sneaker gibt sich gerne ein wenig abgehoben.