Unbekannte Piemont-Appellationen
Das Piemont besteht nicht nur aus den Barolo- und Barbaresco-Weinen aus der Langhe. Südlich des Simplons befinden sich unscheinbare Appellationen, in denen interessante Gewächse aus der Sorte Nebbiolo produziert werden.
Spät, aber nicht zu spät habe ich den Nebbiolo schätzen gelernt. Zwar können die Weine aus dem Piemont, wo die Sorte zu Hause ist, wegen der Tannin- und Säurestruktur überaus kantig sein. Aber die besten Vertreter überzeugen mit viel Charakter, Komplexität und Langlebigkeit – in Form der weltberühmten Barolo- und Barbaresco-Weine aus der Langhe. Sie sind oft teuer, ja, sehr teuer. Doch es gibt würdige Alternativen.
Man schaue sich im Nordpiemont um, das am Fusse der Südalpen liegt und an die Schweiz grenzt. Doch praktisch niemand kennt die Provenienzen aus Regionen wie Ghemme, Gattinara, Boca oder Bramaterra.
Hier werden urtümliche, authentische, eher karge, zeitlose, herkunftstypische Alpenweine mit einer kühlen Aromatik produziert. Aus Nebbiolo und weiteren einheimischen Sorten wie etwa Vespolina und Croatina.
Colombera & Garella Bramaterra DOC 2017
Ein hervorragendes Beispiel ist der Bramaterra 2017 des Guts Colombera & Garella. Der Rotwein zeichnet sich durch ein helles, sortentypisches Rubinrot, ein vielschichtiges Bouquet sowie einen mittelschweren Körper, wenig Alkohol, grandioser Frische, feinen Tanninen sowie einen ausgewogenen, langen Nachhall aus.
Eigenständig-unverfälscht und nichts für Power-Trinker: Der in Betontanks sowie gebrauchten Holzfässern ausgebaute Cru stillt im wahrsten Sinne des Wortes die Sehnsucht nach der Erde. Das ist nämlich die deutsche Übersetzung für «Bramaterra».
Prünent Nebbiolo Superiore, Valli Ossolane DOC
Eine weitere Trouvaille aus dem Nordpiemont ist der Prünent Nebbiolo Superiore 2019 der Cantine Garrone aus dem Valli Ossolane. Prünent ist eine lokale Nebbiolo-Varietät und ebenfalls eine Entdeckung wert.
Der Wein zeigt sich mit einem mittleren Rubinrot sowie einem facettenreichen Duft von fruchtig-mineralischen Noten und Kräuter-Anklängen. Er ist im Gaumen dicht, sehr frisch und dank der guten Säure strukturiert. Feine Tannine und eine gute Länge vervollständigen das Bild eines authentischen, eigenständigen Weins mit viel Trinkfluss.
Rosso di Valtellina von Marco Ferrari
Alpenweine aus Nebbiolo findet man neben dem Nordpiemont auch im Veltlin, das zur Lombardei gehört. Eindrücklich sind die steilen Terrassen-Rebberge, die viel Handarbeit verlangen. Dafür wird man mit ehrlichen und ebenso eigenständigen Weinen belohnt, wie der Rosso di Valtellina 2021 von Marco Ferrari belegt.
Es handelt sich um einen frischen, fruchtigen, mittelschweren und eleganten Nebbiolo, der biologisch produziert und in gebrauchten Holzfässern ausgebaut wird. Die Sorte wird mit kleinen Anteilen von Chiavennasca und Picotendro ergänzt.