Europäische Anleger schichten seit dem Wahlsieg von Donald Trump euphorisiert in US-Aktien um. Dabei war die US-Börse schon zuvor sehr hoch bewertet. Das ist gefährlich, weil auch die vermeintlich sichersten Qualitätswerte ausser Mode geraten können.
«Was die Herde am meisten hasst, ist der Andersdenkende. Es geht nicht so sehr um die Meinung selbst, sondern um die Kühnheit, selbst denken zu wollen, etwas, das sie nicht kann.»
Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph (1788–1860)
Eines der hartnäckigsten Börsennarrative lautet, dass man gute Aktien kaufen muss. Bei Qualitätsaktien leuchten die Augen der meisten Anleger. Wobei man unter Qualität eine solide Bilanz, gute Gewinnentwicklung und positive Wachstumsaussichten versteht – oft gepaart mit einer langfristigen Aufwärtsbewegung der Aktienkurse und einer hohen Bewertung. Denn Qualität hat ja schliesslich ihren Preis, das versteht sich von selbst.
Das Problem: wenn es mal nicht so gut läuft, führt das zu einem doppelt negativen Effekt. Die Kurse sinken wegen der rückläufigen Gewinne, und gleichzeitig sinken die Bewertungen. Nestlé, Daimler, Intel oder Bayer galten vor nicht allzu langer Zeit noch als beste Qualität, heute sind die Kurse im Keller. Wenn man genauer hinschaut, sind die Börsenfriedhöfe gefüllt mit ehemaligen Qualitätsaktien. Deshalb lautet unser Credo: Man muss nicht gute Aktien kaufen, sondern Aktien gut kaufen. Der Gewinn liegt im Einkauf. Ein starkes Plädoyer für eine antizyklische Anlagestrategie.
Auf der Suche nach attraktiven Anlagen hilft die 3U-Methode
Wir bedienen uns deshalb bei der Suche nach attraktiven Ländern, Branchen und Einzelwerten der 3-U-Methodik. Sie müssen unbeliebt, unterbewertet und in den Depots untergewichtet sein. In einer Zeit, in der viele Börsenindizes auf historischen Höchstständen notieren, ist dies wahrlich kein leichtes Unterfangen. Aber Gott sei Dank gibt es auch derzeit viele «gefallene Engel», so dass man immer noch attraktive Portfolios mit einer niedrigen Bewertung zusammenstellen kann.
Leider geht der Mainstream derzeit genau in die entgegengesetzte Richtung. So flossen nach dem Wahlsieg von Trump dreistellige Milliardenbeträge euphorisierter europäischer Anleger in überteuerte US-Aktien. Man hofft, dass die geplante Deregulierung, niedrigere Steuern und eine Befreiung von der staatlichen Umverteilungswirtschaft Marktkräfte freisetzt und Innovationsschübe auslöst. Doch ist ein solches Verhalten extrem prozyklisch, nachdem die Börsenkurse den Unternehmensgewinnen bereits weit vorausgeeilt sind.
Auch andere Indikatoren mahnen zur Vorsicht. So hat die Börsenkapitalisierung von US-Aktien inzwischen 62 Bio. $ erreicht. Das ist fast das Doppelte des Bruttoinlandprodukts. Warren Buffett hat schon 2001 gewarnt: «Wenn das Verhältnis der Börsenkapitalisierung zur Wirtschaftsleistung (BIP) 200% erreicht, spielt man mit dem Feuer». Kritisch ist auch der historisch hohe Aktienanteil privater Anleger oder die Extremwerte beim Sentix Sentiment – um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Klumpenrisiken beim MSCI-Weltaktienindex
Neben US-Aktien fliesst auch viel Geld in die immer beliebteren ETF auf den MSCI-World-Aktienindex. Die gelten inzwischen fast wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Das kann durchaus gut gehen. Der Anleger sollte aber berücksichtigen, dass er damit zwei beträchtliche Klumpenrisiken eingeht. US-Aktien haben im MSCI World inzwischen ein Gewicht von über 70%, und die sieben grossen Technologiewerte («Magnificent 7») dominieren den Index. Allein Nvidia ist mehr wert als alle deutschen Aktien zusammen.
In Europa will uns eine moralisch überhebliche Linke vorschreiben, welche Autos wir fahren dürfen, was wir essen sollen, mit was wir heizen dürfen und wie wir zu sprechen haben. Das Ausmass der Bürokratie wird inzwischen von vielen Unternehmen als existenzielle Bedrohung empfunden. Bürokraten haben nur zwei Instrumente: Vorschriften und Subventionen. Die sicherste Methode, eine Wirtschaft an die Wand zu fahren.
Eine Schlüsselindustrie nach der anderen fährt in die Krise
Nach der chemischen Industrie, dem Maschinenbau und der Stahlindustrie hat man jetzt mit dem Automobilsektor die letzte gesunde Schlüsselbranche ins Visier genommen. Diese Krise haben wir bereits vorhergesagt, als die EU-Kommission mit stolzgeschwellter Brust das «Verbrenner-Aus» verkündete. Nächstes Jahr drohen Milliardenstrafen wegen rigide gekürzten CO2-Grenzwerten und dem schleppenden Absatz von E-Autos.
Und nachdem Frau von der Leyen und Frau Baerbock nach Peking reisten, um der chinesischen Führung schwerste Sanktionen anzudrohen, wenn sie Russland weiter unterstützt, sind deutsche Autos auch in China nicht mehr sonderlich beliebt. Zumal gerade bei der E-Mobilität chinesische Anbieter nicht nur technisch aufgeholt haben, sondern auch deutlich preiswerter sind. Aber so geht es eben, wenn Realpolitik durch die Moralkeule ersetzt wird. Aber mit ein paar Gläsern Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt lässt sich auch im europäischen Industriemuseum die Misere besser ertragen.
Unsere langfristige Anlagestrategie bleibt unverändert mit einem breit diversifizierten Portfolio aus niedrig bewerteten Aktien sowie Xetra-Gold und einigen kurz laufenden Anleihen bester Bonität als Cash-Ersatz.
Peter E. Huber
Peter E. Huber ist Gründer und Geschäftsführer der Huber Portfolio GmbH in Oberursel. Er ist spezialisiert auf antizyklische Investitionen an den Aktien- und Anleihenmärkten. Zuvor war er Partner und Fondsmanager beim Vermögensverwalter StarCapital, den er 2016 an die Bellevue Group verkaufte. Huber hat in Mannheim Betriebswirtschaft studiert und danach für die Privatbank SMH in Frankfurt gearbeitet, bevor er sich 1981 selbständig machte.