Noch ist das Geschäft mit Wärmepumpen in Europa grösstenteils in europäischen Händen. Doch angesichts glänzender Wachstumsaussichten suchen zunehmend asiatische Schwergewichte den Einstieg.
Für die Hersteller von Wärmepumpen und die Installationsbranche waren die vergangenen zwei Jahre eine goldene Zeit. In Europa stiegen ihre Umsätze auf rekordhohe Niveaus, nachdem sich zahlreiche Hausbesitzer gesagt hatten: «Schluss mit Öl und Gas. Wir verwenden fürs Heizen neu eine Wärmepumpe.»
Beschleuniger Energiewende
Der Boom setzte mit dem Beginn des Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine ein. Angesichts der markanten Erhöhung der Preise für Heizöl und Erdgas war für viele Haushalte der Zeitpunkt gekommen, die alte Öl- oder Gasheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen. Subventionen von Regierungen, welche die Energiewende mittlerweile in fast jedem europäischen Land voranzutreiben versuchen, trugen das Ihre dazu bei, den Verkauf von Wärmepumpen zu beschleunigen.
2022 wurden in den 14 Hauptmärkten der Branche in Europa, die Schweiz, Österreich und Deutschland eingeschlossen, rund 750 000 Wärmepumpen mehr abgesetzt als im Vorjahr. Dies entsprach einem Plus von 38 Prozent. Im vergangenen Jahr sank die Gesamtzahl der verkauften Wärmepumpen um 5 Prozent auf 2,6 Millionen, erreichte damit aber noch immer das zweithöchste Niveau in der Geschichte der noch jungen Branche. Für den Rückgang sorgten vor allem Unterbrechungen bei staatlichen Fördermitteln in wichtigen Abnehmerländern wie Italien sowie das Durcheinander, das die deutsche Ampelregierung mit ihrem neuen Heizungsgesetz anrichtete.
Anders als bei Solarpanels, die mittlerweile fast ausschliesslich von Herstellern aus China stammen, wird das Geschäft mit Wärmepumpen in Europa noch immer von europäischen Anbietern dominiert. So zählt der deutsche Industrieriese Bosch ebenso wie Viessmann zu den Marktführern. Viessmann veräusserte im vergangenen Jahr indes sein Heiztechnikgeschäft und damit auch die Aktivitäten im Bereich Wärmepumpen an den amerikanischen Konzern Carrier.
Weitere gewichtige Anbieter sind die börsenkotierten Hersteller Nibe (aus Schweden) und Ariston (Italien). Dazu gesellt sich eine Reihe von – vorab deutschen – Familienunternehmen wie Vaillant, Stiebel Eltron und Weishaupt. Fast alle Anbieter produzieren – wie beispielsweise Ariston und Bosch – neben Wärmepumpen auch Haushaltgeräte wie Waschmaschinen und Geschirrspüler, oder sie fungieren – wie Viessmann und Vaillant – zugleich als Hersteller von Heizungen.
Auf die Kontakte mit Installateuren kommt es an
Die europäischen Wärmepumpenhersteller profitieren davon, dass sie als meist traditionsreiche Unternehmen ihre Heimmärkte detailliert kennen. Sie verfügen zudem über eingespielte langjährige Beziehungen zu Installationsfirmen. Die Installationsbranche in Europa ist gewerblich organisiert. Viele Betriebe sind lediglich regional tätig und können wegen beschränkter personeller Ressourcen nur mit einem oder ein paar wenigen Herstellern zusammenarbeiten.
Unter den europäischen Anbietern von Wärmepumpen wächst indes die Sorge, verstärkt durch Hersteller aus Märkten ausserhalb Europas konkurrenziert zu werden. Als Schreckensszenario gilt, dass ihnen dasselbe widerfährt wie der Solarbranche, die einst eine starke Basis in Deutschland hatte, der mächtigen chinesischen Konkurrenz mittlerweile aber kaum mehr etwas entgegenzusetzen vermag.
Klimaanlagen weisen frappante Ähnlichkeiten auf
Ein Weckruf war der letztjährige Verkauf des Heiztechnikgeschäfts von Viessmann an Carrier. Der amerikanische Konzern, der seinen bisherigen Aufstieg vor allem der Produktion und Vermarktung von Klimaanlagen verdankt, liess sich die Übernahme 12 Milliarden Euro kosten. In der Branche fragte man sich sogleich, welcher europäische Hersteller als Nächster von einem Grossunternehmen aus Übersee geschluckt werden könnte.
Als Kaufinteressenten werden vor allem Industriekonzerne genannt, die wie Carrier im grossen Stil Klimageräte herstellen. Klimaanlagen sind Wärmepumpen frappant ähnlich. Vereinfacht ausgedrückt, brauchen solche Geräte zum Wärmen nur umgedreht zu werden. Dasselbe gilt – im umgekehrten Sinn – für Wärmepumpen. Hinzu kommt, dass Klimaanlagen anders als Wärmepumpen, deren Stückzahlen erst jüngst in die Höhe geschossen sind, wegen der starken Verbreitung in warmen Ländern längst ein Massengeschäft sind.
Wer mit Massengütern Erfolg haben will, braucht Skaleneffekte, und solche bringen vor allem grosse asiatische Anbieter mit. Zu ihnen zählen neben den beiden japanischen Konzernen Mitsubishi Electric und Panasonic auch LG aus Südkorea sowie die chinesischen Grossfirmen Haier und Midea. Ähnlich wie Panasonic und LG haben auch Haier und Midea neben Klimageräten und Wärmepumpen diverse weitere Haushaltapparate im Angebot.
Midea übernimmt Teile von Arbonia
Noch fehlt den meisten dieser asiatischen Giganten aber der Zugang zu europäischen Installateuren. Ihn aus eigener Kraft aufzubauen, bedarf grosser Anstrengungen. Viel einfacher ist es, sich einen europäischen Konkurrenten einzuverleiben.
Das hat sich auch Midea gesagt. Wie Mitte April bekanntwurde, beabsichtigt der chinesische Industrieriese, für 760 Millionen Euro die Geschäftssparte Climate der Ostschweizer Industriegruppe Arbonia zu erwerben. Diese umfasst auch die Herstellung von Wärmepumpen, wobei Arbonia bis anhin aber nur auf eine bescheidene Marktposition kam.
Die Kapazität in der einzigen Wärmepumpenfabrik der Firma, die sich in Tschechien befindet, beschränkt sich auf 30 000 Stück pro Jahr. Alexander von Witzleben, der den Verwaltungsrat von Arbonia präsidiert und seit 2015 im Doppelmandat auch die Konzernleitung angeführt hat, ist sich aber sicher, dass Midea in Europa weitaus grössere Ambitionen verfolgt. Midea besitze bereits in Italien ein Produktionswerk für Wärmepumpen. Dies ist auch im jüngsten Geschäftsbericht des Konzerns aus Foshan vermerkt, wo es zudem vielsagend heisst: «Wir verbessern unsere Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Markt umfassend.»
Von Witzleben, der gerne markige Formulierungen wählt, sagt: «Asiaten kommen nicht nach Europa hinein, ohne einen etablierten Anbieter abzutrocknen.» Laut seinen Angaben verschafft die Division Climate von Arbonia Midea Zugang zu 70 000 europäischen Installateuren. Arbonia will sich selbst künftig auf das Geschäft mit Türen konzentrieren. In diesem könnten asiatische Firmen nicht die Vormacht übernehmen, so ist der Manager überzeugt. «Türen sind ein lokales Geschäft, in dem es auf die Transportkosten sowie unterschiedliche Traditionen und Vorlieben in den einzelnen Ländern ankommt.»
Markt muss sich auf neuem Niveau einpendeln
Nach zwei Jahren Boom ist in der Branche der Wärmepumpenhersteller eine Verschnaufpause angesagt. «Die bisherige Kundschaft hat vor allem aus ökologischen Gründen seit längerem mit der Anschaffung geliebäugelt, aber nicht spitz gerechnet. Jetzt wird es erst zu einer Normalisierung kommen müssen», sagt Lukas Leuenberger, der Finanzchef des Schweizer Bauzulieferers Meier Tobler. Das Zürcher Unternehmen stellt selbst keine Wärmepumpen her, vertreibt solche hierzulande aber in grosser Zahl.
Für die meisten Branchenvertreter steht fest, dass Wärmepumpen in Europa auch längerfristig auf eine grosse Nachfrage stossen werden. Die EU-Kommission, die bei der Energiewende ebenfalls ehrgeizige Ziele verfolgt, strebt im Zeitraum zwischen 2023 und 2030 im Minimum die Installation von zusätzlichen 30 Millionen Wärmepumpen in Europa an. Wie Analytiker des Wertschriftenhauses Kepler Cheuvreux vorrechnen, könnte dies einen jährlichen Absatz von zunächst 2,5 Millionen und in späteren Jahren sogar von 5 Millionen Stück auslösen.
Auch wenn sich dieses optimistische Szenario erst noch bewahrheiten muss, dürfte die Versuchung für asiatische Schwergewichte weiterhin gross sein, am erwarteten Marktwachstum in Europa zu partizipieren. Arbonia wurde laut von Witzleben im Vorfeld der nun besiegelten Transaktion mit Midea von mehreren asiatischen Kaufinteressenten kontaktiert.
Bei Meier Tobler führt man bis anhin Wärmepumpen der Hersteller Bosch und Mitsubishi sowie Geräte der Eigenmarke Oertli im Angebot. Die Oertli-Wärmepumpen werden von Drittfirmen in Deutschland und in Spanien gefertigt. Produkte aus China hat man angeschaut, aber noch nicht ins Sortiment aufgenommen. Der Finanzchef schliesst einen solchen Schritt in Zukunft aber nicht aus. «Die Qualität chinesischer Wärmepumpen stimmt», sagt Leuenberger.