Die amerikanische Pop-Sängerin ist auf einer Tournee durch Europa. Sie tritt nicht nur vor den Massen in grossen Stadien auf. Sie gibt auch Exklusivkonzerte im Rahmen von Kreditkartenwerbung.
Die Schlange am Kurfürstendamm ist kurz. Und klein die Halle, in der sich Billie Eilish einem ausgesuchten Publikum präsentieren wird. Organisiert wird der Event vom Kreditkartenanbieter American Express, der zum exklusiven Q & A mit der Pop-Sängerin einlädt. Voraussetzung für dieses Privileg ist allerdings eine Platinum Card zur Jahresgebühr von 720 Euro oder eine Black Card, die nur auf Einladung von American Express zu haben ist. Immerhin dürfen die Gäste aber je eine Begleitperson mitbringen.
Im Publikum sind achtzig Fans: Mütter mit ihren Teenie-Töchtern, mittelalte Männer in Hemd und Pullover, Influencer und auch einige Prominente wie der Schauspieler Jannik Schümann. «Ich dachte, es wären noch viel mehr junge Leute hier, und nicht, dass es so gemischt ist», sagt eine junge Frau zu ihrem jungen Begleiter. Er trägt eine Rolex am Handgelenk.
Auftritt für Auserwählte
«As American Express card members you are the chosen ones», sagt eine Moderatorin, kurz bevor Billie Eilish die Bühne betritt. Es geht hier eben um Kundenbindung und Markentreue. In Oversized Jeans und Trainingsjacke, mit Brille und Bandana kommt Billie endlich auf die Bühne. Sofort Applaus! Es tönt allerdings so, wie wenn eine Schulklasse nach dem Pflichtbesuch im Theater klatscht: brav, nicht zu laut und ein bisschen unsicher.
Die Moderatorin möchte über die Tour und das neuste Album sprechen. Aber der Weltstar möchte gleich auch die Fans ins Gespräch einbinden und über Lieblingssongs sprechen. Es wird laut nachgedacht: Die einen sind für «Chihiro», die anderen für «L’amour de ma vie». Billie Eilish wippt mit dem Fuss, zupft am Reissverschluss ihrer Jacke, zwirbelt Haarsträhnen. Sie wirkt zurückhaltend, nahbar, zwischendurch vielleicht ein bisschen nervös. Ihre Hobbys? Nichts Ungewöhnliches. Tanzen, schwimmen, reiten, mit dem Hund spazieren gehen. Sie lacht.
Wer in der ersten Reihe sitzt, würde nur den Arm auszustrecken brauchen, um den Star zu berühren. Aber die Fans respektieren die gebotene Distanz. Eine junge Frau hält jedoch ein Pappschild hoch: «Could we get a hug?» Als Billie es entdeckt, steht sie auf und umarmt die junge Frau, die vor Freude sofort in Tränen ausbricht.
Nach 25 Minuten ist das Q & A vorbei. Eine Gruppe von Gästen bereitet sich auf ein gemeinsames Foto mit der Künstlerin vor, während die anderen zu einer Polaroid-Foto-Box geleitet werden. Noch bevor das erste Gruppenfoto mit Billie geknipst ist, wird die Konzerthalle in eine Art Fashion-Store umfunktioniert. Kaufen kann man die Merch-Artikel der derzeitigen Tour und auch ein T-Shirt exklusiv für American-Express-Karteninhaber für 45 Euro.
Emotionale Verbundenheit
Zuletzt werden Häppchen gereicht: Avocado, Couscous, Aubergine. Dazu pinkfarbenes Mineralwasser mit Himbeergeschmack. Am Ausgang gibt es ein Poster als Geschenk: Billies Silhouette, verziert mit dem American-Express-Schriftzug. Mit Pullis, Postern, Polaroids und dem Gefühl, Billie Eilish nicht mit 17 000 anderen Fans geteilt haben zu müssen, gehen die Besucher fröhlich nach Hause.
Aber obwohl die Künstlerin am Konzert am Abend darauf für viele als Winzling auf einer grossen Bühne erscheinen wird, entsteht dort etwas, was sich zwischen Markenlogo und Merchandise nicht so einfach erzeugen lässt: emotionale Verbundenheit. Wer schon einmal mit Tausenden Menschen schweissgebadet im Lichtermeer einer Konzerthalle stand, weiss, was das wert ist.