Der Investor sieht den Bitcoin am Anfang eines langen Aufwärtstrends – und kritisiert: Als Standort für Unternehmen aus der Krypto-Branche sei die Schweiz schon lange nicht mehr attraktiv.
Obwohl seit Ende 2021 nicht mehr in der Branche aktiv, ist Niklas Nikolajsen einer der bekanntesten Krypto-Unternehmer der Schweiz. Im November übernahm er das Amt des Präsidenten der Bitcoin Association of Switzerland, eines Branchenverbandes mit dem Ziel, «die Schweiz als führenden Ort für Bitcoin-Innovation zu stärken». Er glaubt, dieser Anspruch sei bedroht – insbesondere seit Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde.
Als Gründer des Zuger Krypto-Unternehmens Bitcoin Suisse hat er die Entstehung und den Aufstieg der Schweizer Krypto-Branche und des Crypto Valley entscheidend mitgestaltet – und ist dabei reich geworden. Das Magazin «Bilanz» schätzt sein Vermögen auf zwischen 200 und 300 Millionen Franken. Dieses hat er hauptsächlich mit Investments in Bitcoins angehäuft.
Herr Nikolajsen, der Bitcoin-Kurs hat nach der Wahl Donald Trumps innerhalb von wenigen Wochen die 100 000-Dollar Grenze erreicht. Wie hoch kann der Preis noch steigen?
Niklas Nikolajsen: Ich werde das oft gefragt. Ich antworte darauf immer gleich: Der höchste Bitcoin-Preis liegt in der Zukunft.
Warum glauben Sie das?
Kurzfristig hat Donald Trump versprochen, im Fall seiner Wahl eine Million Bitcoins als Währungsreserve zu äufnen. Hält er dieses Versprechen ein, wird das dem Kurs Auftrieb geben. Langfristig wächst die Akzeptanz des Bitcoins bei institutionellen Anlegern. Als Anlageklasse wird er eines Tages ebenbürtig sein mit Vermögenswerten wie Gold oder Immobilien. Dann ist auch ein Bitcoin-Kurs von über einer Million Dollar realistisch.
Das Gegenargument lautet: Wer jetzt noch aufspringt, wird nur noch Geld verlieren. Bitcoin hat als reines Spekulationsobjekt seinen Zenit überschritten.
Immer wenn der Bitcoin Höchststände erreicht, sagen sich die Leute: Verdammt, hätte ich doch gekauft, aber jetzt ist es zu spät – egal, ob der Bitcoin bei einem, 100, 1000 oder 20 000 Dollar stand. Ich war einer der wenigen, die viele Bitcoins unter einem Dollar gekauft haben. Als er einen Kurs von einem Dollar erreichte, sagten meine Freunde, ich solle sie verkaufen. Ich tat es nicht. Ich sage auch jetzt: Wir befinden uns in einem Bullenmarkt, der bis im Frühjahr andauern wird. Natürlich wird es Rückschläge geben, aber der Bitcoin-Preis wird eines Tages sogar siebenstellig werden.
Alles wegen Donald Trump?
Die aktuelle Hausse wurde durch die Wahl beschleunigt, doch viele hatten schon vorher einen Bullenmarkt erwartet. In einem «Halving»-Jahr, das durch die Halbierung der neu ausgegebenen Bitcoins für Knappheit am Markt sorgt, ist ein Preisanstieg gegen Jahresende typisch.
Was bedeutet es konkret, wenn die USA wie von Trump angekündigt Währungsreserven in Form von Bitcoins halten würden?
Trump könnte anordnen, dass das Finanzministerium eine Million Bitcoins kauft. Das wären fünf Prozent aller Bitcoins, die es gibt.
Was wären die Folgen für den Markt?
Eine Million Bitcoins zum aktuellen Marktpreis stehen gar nicht zum Verkauf. Heute handeln wir täglich maximal ein paar hunderttausend Bitcoins. Das heisst, mit jedem weiteren Zukauf würde der Preis immer weiter in die Höhe getrieben. Wenn es den USA tatsächlich gelänge, eine Million Bitcoins zu kaufen, würden alle Akteure unter Druck geraten. Es gäbe einen Goldrausch, nicht nur bei Kleinanlegern, sondern auch bei Unternehmen und bei den Regierungen. Die Chinesen kämen unter Zugzwang und auch andere Länder, die es versäumt haben, eigene Bitcoin-Reserven anzulegen.
Sie fordern, dass auch die Schweiz Währungsreserven in Form der Krypto-Währung anlegt. Bis jetzt ohne Erfolg.
Seitens der Bitcoin Association haben wir schon 2022 versucht, die Schweizerische Nationalbank (SNB) an ihrer Generalversammlung zu motivieren, Bitcoins im Gegenwert von einer Milliarde Franken pro Monat zu kaufen – hätte sie es damals getan, könnte sie heute auf einen Gewinn von 60 Milliarden Franken blicken. Mit der Vereinigung unterstützen wir auch eine Volksinitiative, die in der Verfassung festhalten will, dass die SNB nicht nur Gold, sondern auch Bitcoin als Reserven halten soll.
Aber weshalb sollte eine Regierung oder Notenbank überhaupt Bitcoin oder eine andere Krypto-Währung besitzen?
Es kommen nur Bitcoins infrage. Bitcoins haben das, was alle anderen Kryptowährungen nicht haben: eine lange Erfolgsbilanz und einen einfachen Aufbau. Die letzten zehn Jahre hat die SNB EU-Anleihen, Unternehmensanleihen und sogar Aktien gekauft, um die Aufwertung des Schweizerfrankens zu bremsen. Das hat zu enormen Verlusten geführt. Es ist nicht im Interesse der Schweiz, dass wir eine Institution haben, die alle Arten von Schuldtiteln in der EU kauft und so viel Geld über einen so langen Zeitraum verliert. Wenn man Risiken eingeht, sollte man nicht in Vermögenswerte investieren, von denen man weiss, dass sie an Wert verlieren werden.
Es ist nicht das Ziel der Nationalbank, Gewinne zu erzielen, sondern, die Preisstabilität zu gewährleisten. Das gelingt ihr bis jetzt sehr gut – auch ohne Bitcoin.
Ja, der Gewinn ist nicht das Hauptziel. Aber es ist in unserem Interesse, dass unsere staatlichen Institutionen wohlhabend und robust sind. Es ist nicht im Interesse des Schweizervolkes, dass die Währungsreserven aus Schrott bestehen, es sollten gute Vermögenswerte sein. Dazu gehört der Bitcoin. Ich plädiere dabei nicht für eine Allokation von hundert Prozent, sondern nur für einen Bruchteil.
Sie wollen doch einfach den Preis des Bitcoins in die Höhe treiben.
Darum kümmern sich bereits die Amerikaner. Die Frage ist, ob wir als Schweiz jetzt schon an Bord sein wollen oder erst dann, wenn der Bitcoin-Preis viel höher sein wird.
Die Schweiz ist doch heute schon eine Vorreiterin im Krypto-Bereich. Als einer der ersten wichtigen Finanzplätze haben wir im Jahr 2021 ein Krypto-Gesetz eingeführt.
Ach was. Die Schweiz ist bei der Regulierung immer noch besser als viele EU-Länder, aber sie ist weltweit sicher nicht führend. Werden die Amerikaner unter Trump nun wieder Krypto-freundlicher, ist das zwar gut für den Bitcoin, aber schlecht für die Schweizer Krypto-Branche.
Die Schweizer Regierung formulierte früh die Vision, aus dem Land einen führenden Standort für die globale Krypto-Industrie zu machen. Das können nicht viele westliche Länder von sich sagen.
Diese Vision ist mit den Personalwechseln im Bundesrat gestorben. Einst besuchte ein Bundesrat sogar die Büros von Krypto-Unternehmen. In diesem politisch günstigen Umfeld verlieh die Finanzmarktaufsicht (Finma) sogar zwei Krypto-Firmen eine Banklizenz. Das wäre heute nicht mehr vorstellbar. Als der politische Druck wegfiel, verlor die Finma ihren Mut.
Auch das Unternehmen Bitcoin Suisse, das Sie 2013 gegründet haben, bewarb sich erfolglos um eine Banklizenz. Ist das der Grund für Ihren Ärger?
Tatsache ist: Die Finma hat seit mehreren Jahren keinem Unternehmen mehr eine Banklizenz erteilt. Die Behörde will keine Krypto-Banken, sondern nur Banken, die Krypto machen. Die Schweiz ist leider nicht mehr der richtige Ort, um eine Krypto-Firma zu gründen.
Sie sind ursprünglich aus Dänemark. Würden Sie Bitcoin Suisse heute noch einmal in der Schweiz gründen?
An der Schweiz schätze ich die politische Stabilität und die demokratischen Grundwerte. Als Krypto-Unternehmer würde ich heutzutage aber nicht mehr hierherziehen. Die Regulierung läuft in die falsche Richtung.
Wohin würden Sie dann gehen?
Ich wäre sehr neugierig auf die USA. Es war nicht immer ideal, aber dort war es immer möglich, Krypto-Geschäfte zu betreiben, denken Sie an Coinbase. Aber auch Singapur wäre ein attraktiver Standort.
Und Dubai?
An der Oberfläche sieht es sehr attraktiv aus. Aber ein Land, wo die Macht stark zentralisiert ist, macht mich nervös. Es ist nicht ideal, wenn sich die Regeln von einem Tag auf den andern ändern können.
Welche Massnahmen müsste die Schweiz ergreifen, um wieder attraktiver zu sein für die Krypto-Branche?
Der Gesetzgeber diskriminiert Bitcoin als Anlageklasse. Die Banken müssen Bestände der Krypto-Währung mit viel zu viel Eigenkapital unterlegen. In der Praxis verhindert das, dass Banken oder andere regulierte Unternehmen grössere Mengen an Bitcoin auf ihrer Bilanz halten. So behindert die Politik die Banken dabei, Krypto-Geschäfte zu betreiben – etwa Kredite zu vergeben. An ihre Stelle treten ausländische Akteure mit zweifelhaften Geschäftspraktiken. Denken Sie nur an die US-Krypto-Börse FTX, die nach wenigen Jahren bankrottging.
Sie sind wohlhabend, führen ein komfortables Leben. Was treibt Sie an, sich politisch zu engagieren?
Als ich 2011 in die Schweiz kam, gab es niemanden, der sich für Bitcoin einsetzte. Ich war fast der Einzige, ein Missionar. Das möchte ich wieder vermehrt tun. Bitcoin ist die Liebe meines Lebens, zusammen mit meiner Frau und meinen Kindern. Angesichts des ganzen Leids, das die Einführung des Papiergelds verursacht hat, sehe ich den Bitcoin als Weg für eine bessere Zukunft, für meine Kinder und für die Welt.
Das müssen Sie erklären.
Heute zwingt die Inflation die Leute, selbst oder über ihre Pensionskassen an den Finanzmärkten zu spekulieren. Davon profitieren vor allem die Banken. Eine extrem kleine Gruppe von Leuten wird extrem reich. Das führt zu einem unstabilen Finanzsektor und verteuert sichere Vermögenswerte wie Immobilien. Die Inflation ist vielerorts höher als die Reallöhne – hat man ein fixes Einkommen, ist man aufgeschmissen.
Könnten Sie sich vorstellen, ganz in die Politik einzusteigen?
Ich möchte nichts ausschliessen. Vielleicht auf lokaler Ebene, wo die Leute mich kennen. Wobei ich nicht denke, dass ich bei der SP oder den Grünen hineinpassen würde.
Sie sind nicht mehr bei Bitcoin Suisse aktiv, wie sieht Ihr Alltag nun aus?
Ich habe das Unternehmen Anfang 2022 verlassen und habe dort keine offizielle Rolle mehr. Ich bin nur noch ein relativ kleiner Aktionär. Dieser Tage sitze ich aber nicht da und handle mit Bitcoin. Geldmachen treibt mich nicht an, ich habe mehr, als ich je hätte erhoffen können. Aber wenn ich überschüssiges Geld habe, dann investiere ich dieses in Bitcoins. Das mache ich seit 2010 mit einigem Erfolg.
Wann haben Sie Ihren ersten Bitcoin gekauft, und was haben Sie dafür gezahlt?
Ich habe fünf Bitcoins von einem Freund als Geschenk bekommen. Dann im September 2010 gab er mir 50 Bitcoins, dann Ende Jahr 500, dann nochmals 500, dafür habe ich 770 Dollar gezahlt. Heute entspräche der Wert 92 Millionen – es war also ein guter Deal.
In der Bitcoin-Welt haben Sie fast alles erreicht – was kommt für Sie als Nächstes?
Ich bringe viel Energie für mein Amt als Präsident der Bitcoin Association of Switzerland. Es gibt beim Verband viel zu tun. Der Vorstand war in den vergangenen Jahren uneins darüber, wie die Prioritäten gesetzt werden sollen. Das Engagement der Mitglieder, aber auch die Lobbyarbeit in Bern haben darunter gelitten. Diese Aufgabe wird mich auslasten. Ich habe auch drei kleine Kinder, das ist ebenfalls viel Arbeit. Und dann ist da noch die Arbeit am Karlshof.
Sie haben 60 Millionen in das Anwesen investiert, nun möchten Sie einen Teil verkaufen, weshalb?
Ich möchte einen Teil des vielen Geldes, das ich investiert habe, zurückhaben. Ich investiere es lieber in Bitcoin als in Steine. Es ist ein grosser Ort mit 2200 Quadratmetern, hier sollte gewohnt werden. Drei von fünf Wohnungen im Herrenhaus stehen zum Verkauf. Das Haus war jahrelang verlassen, ein Teil der historischen Substanz zerstört. Dieses Gebäude zu retten, hat mich in den letzten Jahren sehr beansprucht.
Krypto-Pionier aus Zug
Im Jahr 2011 kam Niklas Nikolajsen (49) als Softwareingenieur aus Dänemark in die Schweiz und nahm einen IT-Job bei der CS an. Zwei Jahre später gründete er Bitcoin Suisse, eine auf den Handel von Krypto-Währungen spezialisierte Firma. Diese führte er bis 2017 als CEO und war bis Ende 2021 deren VR-Präsident. Nikolajsen gilt als schillernde Persönlichkeit, die sich gerne öffentlich in Szene setzt, jüngst mit einem umstrittenen Feuerwerk in Zug und der Versteigerung einer Autonummer. 2018 kaufte er das historische Landgut St. Karlshof, auch bekannt als Salesianum, am Zugersee. In die Renovation des Anwesens investierte er 60 Millionen Franken. Dort lebt er mit seiner Frau und drei Kindern. Er ist Fan von Militaria und besitzt auch zwei Kampfpanzer.