2025 kann man mit Kryptowährungen reich werden oder alles verlieren. Wie unberechenbar ihre Preisentwicklung ist, hat sich gerade diese Woche wieder gezeigt.
Alles wäre bereit gewesen für die grosse Jahresendparty. Doch dann grätschte Jerome Powell dazwischen. Der Chef der amerikanischen Notenbank hat am Mittwoch klargemacht, dass es in den kommenden Monaten keinen Spielraum mehr gibt für grössere Zinssenkungen.
Weil Liquidität nun einmal der ultimative Treibstoff für spekulative Vermögenswerte ist, bluten nun Kryptowährungen besonders stark. Der Bitcoin-Preis notiert wieder deutlich unter 100 000 Dollar. Andere Token büssten schnell einmal 30 Prozent ihres Wertes ein.
2025 ist der voraussichtliche Höhepunkt des Zyklus
Doch all jene, die den Markt schon ein paar Jahre lang verfolgen, zucken bloss mit den Schultern. Sie sind die extremen Kursschwankungen gewohnt und sehen darin sogar eine gesunde Korrektur, die den Weg für ein glorreiches neues Jahr bereiten wird – denn 2025 bildet den voraussichtlichen Höhepunkt des laufenden Zyklus.
Laut verschiedenen Prognosen wird Bitcoin nächstes Jahr auf über 200 000 Dollar steigen. Mittel- und langfristig liegen die Preiserwartungen mancher Auguren massiv höher. Sie stellen selbst siebenstellige Summen mit einer Selbstverständlichkeit in den Raum, als ob ein so massiver Preisanstieg bloss einem physischen Gesetz gehorche.
In der Regel stützen sich Branchenvertreter und vermehrt auch herkömmliche Banken bei ihren Prognosen auf die erst knapp 15-jährige Geschichte von Bitcoin. Sie zeigt, dass der Kurs einem Vierjahreszyklus folgt und dabei trotz wildesten Schwankungen immer höher klettert. Was würde 2025 passieren, wenn sich dieses Preismuster tatsächlich wiederholt?
Steigt der Markt bis auf 15 Billionen Dollar?
Stützen wir uns auf die Prognosen von Bitcoin Suisse, der ältesten Kryptofirma der Schweiz. Laut ihrer Voraussage wird der Gesamtmarkt von heute 3,2 Billionen Dollar bis auf ungefähr 15 Billionen Dollar steigen, das entspricht also mindestens einer Vervierfachung bis zum Zenit des Zyklus.
Doch innerhalb der Gruppe der Kryptowährungen kommt es gemäss Bitcoin Suisse wohl zu einer sehr unterschiedlichen Entwicklung: Der Bitcoin verdoppelt sich laut der Vorhersage lediglich noch einmal von 2 auf etwa 4 Billionen Dollar, Ether steigt deutlich stärker von 0,39 Billionen auf 1,5 Billionen Dollar.
Der Restmarkt jedoch, also alle Kryptowährungen ohne Bitcoin, Ether und Stablecoins, soll sich von 1,2 Billionen Dollar auf 10 Billionen Dollar verachtfachen.
Mit anderen Worten: Während Investoren bisher mit Bitcoin besonders viel verdienen konnten, sind dessen weitere Aussichten bis zum Höhepunkt des Zyklus vergleichsweise bescheiden. Wer in den kommenden Monaten auf das grosse Geld hofft, muss auf noch wesentlich spekulativere Token umsatteln.
Grosse Gefahren
Das aber ist ein Ritt auf einer Rasierklinge: Es dürfte zwar steil nach oben gehen, aber die Gefahren sind gross. In früheren Zyklen hat sich gezeigt, dass es kaum je möglich ist, auf dem Höchst zu verkaufen.
Im besten Fall trennt man sich etwas zu früh von seinen Kryptowährungen. Im schlechtesten Fall rennt man zu spät zum Ausgang, zusammen mit allen anderen. Und dann sind die schönen Buchgewinne, an denen man sich so gefreut hat, alle wieder weg. Und der Einstandspreis vielleicht auch.
Denn schon in der zweiten Jahreshälfte oder spätestens 2026 ist mit jenem grossen Absturz zu rechnen, mit dem der Zyklus jeweils zu Ende geht. In der Vergangenheit betrug das Minus bei Bitcoin zwischen 77 und 87 Prozent. Andere Kryptowährungen tendieren in dieser Marktphase gegen null – mit ganz wenigen Ausnahmen.
Das Gefährliche am spektakulären Ende des Vierjahresrhythmus – falls sich dieser wiederholt – ist also: Man kann seinen Einsatz womöglich vervielfachen, aber nur mit riskanten Coins und zeitlich kurz vor einem Sturz von der Klippe.
Natürlich gibt es eine Reihe von Auguren, die auf eine Art Superzyklus hoffen. Dies, weil nun Länder und institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Family-Offices auf den Zug aufspringen – was in einem sehr kleinen Markt zu einem «Angebotsschock» führen könnte. Zuvor waren bloss Tech-Nerds, Spielernaturen und einige Hedge-Funds an Bord.
Weil nun so viel Liquidität wie noch nie in den Kryptomarkt fliesst, wird sich dieser grundsätzlich verändern, erwarten diese Beobachter. Sie haben die rosige Erwartung, dass Bitcoin höher steigt als in früheren Zyklen und dass die unvermeidliche Korrektur später und milder ausfällt als in der Vergangenheit.
Wunschdenken
Während niemand ein solches Szenario ausschliessen kann, schmeckt es ein bisschen nach Wunschdenken. In keiner anderen Kategorie von Vermögenswerten entstehen so zuverlässig Preisblasen wie bei Kryptowährungen; und diese platzen immer.
Wer in der letzten Phase des Zyklus mit kleineren Kryptowährungen reich werden will, muss auch wissen: Eigentlich spielt es kaum eine Rolle, auf welche Token man setzt. Werden die Anleger von der ultimativen Euphorie ergriffen, hebt die Flut alle Boote. Bereits dieses Jahr konnte man mit Memecoins – also mit Projekten, die sich selbst als Witz deklarieren – am meisten Geld verdienen. 2025 wird bestimmt noch frivoler.
Investoren, welche ihre Würde bewahren und auf Projekte setzen wollen, die effektiv zahlende Kunden haben, können auf eine grosse Auswahl zurückgreifen: Projekte wie Ethereum, Solana, Chainlink, Aave, Maker oder Uniswap sind teilweise bereits sehr profitabel.
Paradies und Hölle
Das heisst aber nicht, dass sie nächstes Jahr besser abschneiden werden als die unzähligen sogenannten Shitcoins. Und wer zu lange an ihnen festhält, wird sich trotzdem die Finger verbrennen. In einem Markt, an dem während 7 mal 24 Stunden gehandelt wird, kann das auch passieren, während man schläft.
Im Wissen darum, dass das perfekte Timing nie – wirklich nie – gelingt, dürfte es sich nächstes Jahr auszahlen, schrittweise aus dem Markt auszusteigen: zum Beispiel jede Woche einen kleinen Teil seiner Coins zu verkaufen. Und zwar gerade dann, wenn man sich ganz sicher ist, dass diese noch viel höher steigen werden. Nie sind Paradies und Hölle näher zusammen als in einem Krypto-Bullenmarkt.