Mit seinem Radio Alpin wollte Roger Schawinski den Medienmarkt in der Südostschweiz aufmischen. Daraus wird nichts. Eine Nachlese aus juristischer Sicht.
Es war eine Überraschung, als Roger Schawinski und Stefan Bühler am 11. Januar 2024 eine Radio-Konzession für das Gebiet Südostschweiz – Glarus erhielten. Das Konzept von Radio Alpin überzeugte das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) von Albert Rösti (SVP) mehr als jenes der Südostschweiz Radio AG. Die unterlegene Mitbewerberin legte darauf Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Nach einem langen Verfahren folgte am 23. Januar 2025 eine weitere Überraschung: Die Konzession wurde Schawinskis Radio Alpin Grischa entzogen und der Südostschweiz Radio AG zugeschlagen, die den regionalen Medienmarkt seit Jahrzehnten dominiert. Wer den Zuschlag erhält, hat Anspruch auf jährliche Subventionen von rund 3 Millionen Franken. Der Entscheid hat in der Medienwelt, aber auch unter Juristen für Aufsehen gesorgt – und für Unverständnis.
Mangel wurde beseitigt
Das Gericht stützt seinen Entscheid darauf, dass Radio Alpin Grischa bei der Einreichung des Gesuchs die Vorgabe nicht eingehalten habe, wonach in der künftigen Radioredaktion auf einen Volontär mindestens drei ausgebildete Redaktoren kommen müssen.
Diese sogenannte 3-zu-1-Regel wertet das Bundesverwaltungsgericht als zwingende Konzessionsvoraussetzung. Diese Auffassung ist jedoch fragwürdig, da die Regel im Gesetz nicht ausdrücklich genannt wird. Sie betrifft eher organisatorische Aspekte und nicht den Kern des Leistungsauftrags, nämlich die bestmögliche Erfüllung der medialen Grundversorgung im Konzessionsgebiet.
Selbst wenn man von einer zwingenden Voraussetzung ausgehen würde, ist das Urteil unverständlich, weil der Mangel noch vor der Urteilsverkündung beseitigt wurde. Roger Schawinskis Radio Alpin bestätigte dem Bundesamt für Kommunikation, dass es sich um ein Versehen handelte – und die 3-zu-1-Regel nach dem Sendestart beachtet werde.
Das Bundesverwaltungsgericht beharrt jedoch darauf, dass dieser Fehler während des Verfahrens nicht korrigiert werden könne und automatisch zum Ausschluss aus dem Konzessionsverfahren führe. Dies widerspricht den allgemein anerkannten Grundsätzen des intertemporalen Rechts: Ein Mangel, der während des Verfahrens behoben wird, muss bei der Entscheidfindung berücksichtigt werden.
So wird im Ausländerrecht eine geplante Ausweisung nicht ausgesprochen, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen während des Verfahrens wegfallen – etwa weil der Betroffene in der Zwischenzeit geheiratet und dadurch ein Bleiberecht erlangt hat. Ein weiteres Beispiel wäre, wenn ein Arzt ein Gesuch für eine Praxisbewilligung einreicht, ohne zum Zeitpunkt der Einreichung über die gesetzlich geforderte Haftpflichtversicherung mit ausreichender Deckungssumme zu verfügen. Diesen Mangel kann er noch während des laufenden Verfahrens beheben. Anders verhielte es sich, wenn der Arzt nicht über die erforderliche Qualifikation, etwa einen anerkannten Facharzttitel, verfügen würde. Diese Voraussetzung ist essenziell und kann nicht im Nachhinein geheilt werden.
Das Gericht argumentiert, dass bei einer Lockerung der 3-zu-1-Regel theoretisch auch Bewerber in Betracht kämen, die fast nur Volontäre anstellen. Zudem behauptet es, die Möglichkeit, Mängel während des Verfahrens zu beheben, könnte künftige Bewerberinnen dazu verleiten, Konzessionsvoraussetzungen bewusst nicht einzuhalten.
Diese Argumente sind jedoch an den Haaren herbeigezogen. Schliesslich wird niemand in einem derart komplexen und kostspieligen Verfahren absichtlich Fehler einkalkulieren, die den Erfolg des Gesuchs gefährden könnten. Im konkreten Fall hatte Radio Alpin Grischa das geforderte Verhältnis mit 2,75 zu 1 nahezu erfüllt. Das Bakom hat diesen Mangel im Vergabeverfahren bereits berücksichtigt – und Radio Alpin in diesem Punkt null Punkte vergeben, während die Südostschweiz Radio AG 75 Punkte erhielt.
Unverhältnismässiger Entscheid
Angesichts der Tatsache, dass der Mangel behoben wurde und Investitionen von fast 1 Million Franken seit dem vermeintlichen Zuschlag getätigt worden sind, erscheint der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts sehr unverhältnismässig.
Stossend ist das Urteil auch deshalb, weil es endgültig ist und nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden kann. Dazu kommt, dass das Bakom das Gesuch von Radio Alpin in einem aufwendigen Verfahren als besser einstufte. Ein solches Verfahren hinterlässt bei den Betroffenen verständlicherweise einen schalen Beigeschmack und schwächt das Vertrauen in die Justiz.
Mirjam Teitler ist Anwältin in Zürich und auf Medienrecht spezialisiert.