Dank der Deeskalation im Handelsstreit werden die monatlich von Bank of America befragten Experten optimistischer. Sie stocken Technologieaktien so stark auf wie lange nicht mehr. Gold sehen sie weiterhin kritisch.
Der Präsident der USA sorgt nicht nur an den Börsen, sondern auch unter professionellen Anlegern für Bewegung. Fürchteten sich nach Trumps Zollhammer von Anfang April fast die Hälfte der von Bank of America monatlich befragten Experten vor einer Rezession, sind es nach den Genfer Gesprächen zwischen den USA und China mit 26% noch halb so viele (rote Flächen):
Die Umfrage wurde vom 2. bis zum 8. Mai durchgeführt. Geantwortet haben 174 Experten, die zusammen 458 Mrd. $ verwalten. Als wahrscheinlichstes Szenario gilt nun wieder die weiche Landung der Weltwirtschaft, an die 61% von ihnen glauben. Damit ist dieser Wert in die Spanne der vergangenen Jahre zurückgekehrt.
Ganz vom Tisch ist die Furcht vor einer Eskalation des Handelsstreits, die eine weltweite Rezession auslösen würde, aber noch nicht. Immerhin 62% der Experten bezeichnen sie als grösstes Tail-Risk, also als ein sehr unwahrscheinliches Ereignis, das dafür einen umso grösseren Schaden anrichten würde, sofern es doch eintritt. Mit je rund 15% folgen unter den Tail-Risks eine hartnäckige Inflation und ein Einbruch des Dollars, weil ausländische Käufer fernbleiben:
In der Folge wird der Dollar in den Portfolios der professionellen Fondsmanager so stark untergewichtet wie seit Mai 2006 nicht mehr:
Derzeit überwiegt aber der leise Optimismus. So wurden die Experten zuversichtlicher, was das Wachstum anbelangt: Waren im April netto 82% der Experten überzeugt, dass sich die Weltwirtschaft abschwächen wird, sind es nun noch 59%. Gemäss den BofA-Experten korrelieren die sich verändernden Wachstumserwartungen eng mit dem US-Leitbarometer S&P 500 (hellblaue Kurve in der Grafik):
Mit der Aufhellung der Wachstumsaussichten wurden auch die Erwartungen an die US-Notenbank angepasst. Während im April noch mehr als 15% an vier oder mehr Zinssenkungen in diesem Jahr glaubten, sind es jetzt noch 5%. Mit 46% am wahrscheinlichsten sind zwei Zinsschritte, weitere 25% erwarten drei Senkungen:
Angesichts der Zinssenkungshoffnungen und der aufgehellten Wachstumsperspektiven mag überraschen, dass immer noch 81% der Fondsmanager über die nächsten zwölf Monate an eine Stagflation, also an die Kombination von schwachem Wachstum und hoher Inflation, glauben. Weitere 9% erwarten eine Stagnation, also schwaches Wachstum und sinkende Inflation:
Trotz der Stagflationsgefahr wurden die Experten etwas mutiger. So haben sie das Aktienuntergewicht leicht reduziert und den Cash-Bestand in den von ihnen verwalteten Vermögen von 4,8 auf 4,5% abgebaut. Dieser Wert liegt leicht unter dem langfristigen Mittel von 4,7%, bewegt sich aber noch deutlich über der von den BofA-Experten definierten Verkaufsschwelle von 4%:
Auch Technologieaktien waren wieder stärker gefragt. Gegenüber April wurde die Allokation um 17 Prozentpunkte angehoben. Es ist die grösste monatliche Veränderung seit März 2013. Dennoch sind die Profis in IT-Aktien netto nur neutral positioniert – ein Wert, der deutlich unter dem langfristigen Mittel liegt (durchgezogene graue Linie):
Die Allokation im US-Aktienmarkt, der den höchsten Anteil an Technologieaktien aufweist, wurde dagegen sogar weiter reduziert. Netto 38% der Experten geben an, in US-Valoren untergewichtet zu sein. Es ist der niedrigste Wert seit Mai 2023:
Aufgestockt wurden dafür Aktien aus der Eurozone. Netto sagen 35% der Experten, dass sie in der Region ein Übergewicht fahren. Gegenüber den USA ist die Positionierung so extrem wie seit Oktober 2017 nicht mehr:
Es erstaunt deshalb nicht, dass Aktien aus der Eurozone relativ zur eigenen Historie derzeit zu den beliebtesten Wetten der Fondsmanager zählen. Dasselbe gilt für Versorger, Anleihen, Valoren aus dem Vereinigten Königreich und Banken. Stark untergewichtet werden Energie- und US-Valoren, aber auch Aktien allgemein:
Gefragt nach den beliebtesten Wetten, machte wie schon im April Gold das Rennen. Der Anteil der Experten, die das Edelmetall als «most crowded trade» bezeichnen, ist sogar noch gestiegen, auf inzwischen 58%. Netto 45% der Befragten sagen, Gold sei überbewertet. Es ist der höchste Wert, seit die Frage vor siebzehn Jahren in das Repertoire aufgenommen wurde. Allerdings kann Gold lange vermeintlich überbewertet bleiben, wie die Jahre nach der Finanzkrise zeigen, als Experten ebenfalls skeptisch waren:
Gemäss den BofA-Experten müssten Contrarians auf eine harte oder gar keine Landung der Wirtschaft setzen. Im Falle einer Rezession hätten aufgrund der Positionierung Gesundheitsaktien, die in den Portfolios weniger stark vertreten sind als in der Vergangenheit, die besten Chancen, während die Börsen der Eurozone und Bankvaloren am schlechtesten abschneiden würden. Sollte die Wirtschaft durchstarten, wären die US- und Schwellenländerbörsen, Energieaktien und Small Caps gefragt, während Gold Federn lassen müsste.