Eine Regel im Schweizer Klubfussball lautet: Für Einkünfte auf dem Spielermarkt brauchst du Erfolg und die Vitrine Europacup. Für die Basler gilt sie nicht. Sie nehmen mit Transfers brutto 57 Millionen Schweizerfranken ein.
Der FC Basel kann sich nichts einbilden auf die letzte Saison, weil er einen Absturz von fast historischem Ausmass hinter sich hat. Zeitweise schien es so, als befände er sich im freien Fall.
Erstaunlich ist, wie schnell er sich aufgefangen hat und 2025 bereits wieder den Meistertitel avisiert, den ersten seit 2017. Bemerkenswert ist zudem, dass er im Absturz-Jahr dank Transfers brutto 57 Millionen Schweizerfranken eingenommen hat – und dies im Niemandsland der Super League, ohne Titel und ohne das Schaufenster Europacup. Auch wenn 30 Millionen für den Transferaufwand abgezogen werden müssen, bleibt trotz widrigen Bedingungen netto enorm viel.
Der Klubchef David Degen war früher Fussballer, danach umtriebiger Spieleragent und versteht etwas vom Transfergeschäft. Anders sind die Basler Zahlen nicht zu begründen. Was die Arbeit der Crew Degen dazu auszeichnet, ist die Tatsache, dass junge Spieler, die vom FC Basel in eine Topliga verkauft worden sind, nicht vom Radar verschwinden.
Thierno Barry und Riccardo Calafiori regen die Phantasie an
Der 22-jährige Thierno Barry wechselte zu Villarreal, dem im Moment Fünften der spanischen Liga. Barry ist Stammspieler und hat in 29 Partien 10 Tore erzielt. Der 21-jährige Renato Veiga wagte das Abenteuer Premier League, wo der Chelsea FC für ihn eine Nummer zu gross schien. Doch nach dem leihweisen Wechsel zu Juventus Turin spielt der Portugiese in der Serie A regelmässig.
Die grösste Nummer ist der 22-jährige italienische Nationalspieler Riccardo Calafiori. Er wechselte 2023 für 4 Millionen zuerst zu Bologna und nach der EM 2024 für 45 Millionen zu Arsenal, wobei Basel ungewöhnlich hoch partizipiert haben soll. Da flossen die Millionen im zweistelligen Bereich. Der Fall Calafiori ist exemplarisch für das spekulative Seilziehen um Transfergeld im Fussball. Was kann ich mir bei einem Weiterverkauf des Spielers sichern?
Offen ist vor dem Internationalen Sportgerichtshof TAS ein Streitfall zwischen Basel und der AS Roma, von wo Calafiori 2022 nach Basel gekommen war. Die Italiener fordern Provisionen in stattlicher Millionenhöhe ein. Auch Calafiori ist Arsenal-Stammspieler. Nur hartnäckige Knieprobleme und Wettkampfpausen säen Zweifel daran, ob er noch eine weitere Stufe zünden kann.
Die Basler dealen mit Transfers die Konkurrenz der Super League in Grund und Boden. Der Serienmeister YB hat sein Team im Sommer 2024 überschätzt und (neue) Leader geortet, wo keine sind, und erst im letzten Winter personell Korrekturen vorgenommen. Auch dank dem europäischen Scheinwerfer war YB in den letzten Jahren derjenige Klub, der Basel im Transfererlös am ehesten Paroli bot.
Aber wie ist es möglich, dass der FC Basel just in jenem Moment die (Transfer-)Kasse füllt, in dem er abstürzt?
Er hat offenbar gute Verbindungen in der internationalen Szene. Und vor allem zehrt er noch immer von einem Ruf, den er sich über die Jahre erarbeitet hat. Basel, das Sprungbrett. Barry, Veiga und Calafiori sind die jüngsten Vorzeigebeispiele. Geht nach Basel – und schwups seid ihr in einer grossen Liga. Auch YB kann damit hausieren.
YB hält dank der Champions League Schritt
Dank dem Geschäft mit jungen Fussballern ist die Basler Kasse gefüllt. Mithalten können auf diesem Niveau nur die Young Boys, die dank der Champions League in der Rechnung 2024 unter dem Stichwort «Übertragungsrechte» über 24 Millionen ausweisen. Dank der Königsklasse haben sie auch im Ticketing mit 28 Millionen am meisten von allen Super-League-Klubs eingenommen. Das sind deren 11 mehr als der FC Basel, der ohne Europacup leben musste.
Doch im Transferbereich wie im Europacup stellt sich dieselbe Frage: Wie beständig ist das? Transfers steuerten 2024 60 Prozent der Basler Einnahmen bei. Als Verantwortliche des FC Basel vor ein paar Tagen den Medien die Zahlen detailliert erläuterten, sagten sie, dass das Risiko «überschaubar» sei. David Degen lasse sogar verlauten, dass «das so weitergeht». Aber dann müsste im Sommer 2025 auf dem Spielermarkt abermals einiges in Bewegung geraten. Immerhin besteht als Tabellenerster und als Cup-Halbfinalist wieder berechtigte Hoffnung auf den Europacup.
Der Klub hat in der Momentaufnahme ein Muster durchbrochen. Früher folgte auf ein gutes ein weniger gutes Transfer-Jahr. Seit 2021 ist der Erlös nur noch gestiegen, ohne eine Delle. Er schüttet das strukturelle Defizit zu und beruhigt die Klubbesitzer, die, noch nicht lange ist es her, wegen Liquiditätsengpässen Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellten.
Basel drehte letztes Jahr dank dem Spielerhandel am grossen Rad, YB wegen der Champions League. Gesund sind auf anderer Flughöhe der FC Winterthur und der FC St. Gallen. Der FC Luzern versucht zu gesunden, kämpft aber gegen rote Zahlen und hat sich einem harten Sparkurs verschrieben. In aller Regel bleiben die Schweizer Klubs auf Zuschüsse angewiesen – die Masseinheit ist die Million, teilweise gestapelt.
GC schreibt tiefrote Zahlen
Der von Amerikanern geführte Grasshopper-Club schreibt ein Minus von 14 Millionen. In Lugano sind «sonstige betriebliche Erträge» verbucht, die zur Hauptsache Zuschüsse des Amerikaners Joe Mansueto sind. Der FC Sion weist ein Minus von 5 Millionen und ein negatives Eigenkapital von 35 Millionen aus. Da muss Christian Constantin Sicherheiten leisten. Im FC Zürich ist es das Präsidentenpaar Canepa.
Im Servette FC, wo der Personalaufwand im Vergleich zum Vorjahr von 17 auf 25 Millionen gestiegen ist, die Rolex-Stiftung. In Lausanne sind die Sponsoring- und Werbeeinnahmen mit über 10 Millionen fast so hoch wie jene in Bern und Basel, was auf verdeckte Zahlungen von Ineos hindeutet.
Auch in Yverdon begleichen Amerikaner Fehlbeträge in Millionenhöhe. Der Transfer von Kevin Carlos zum FC Basel macht’s etwas erträglicher. So fliesst sogar noch etwas Calafiori-Geld nach Yverdon – von Arsenal über Bologna und Basel.