Er schoss für Deutschland im WM-Final 1990 gegen Argentinien das Siegtor – vom Elfmeterpunkt aus. Der Penalty stellte die ultimative Prüfung in der Karriere des Andreas Brehme dar.
Geht es um Andreas Brehme, so kommt einem unweigerlich diese eine Szene in den Sinn. Brehme steht konzentriert am Elfmeterpunkt, er schaut weder auf den Torhüter noch auf den Ball. Er trabt an und platziert den Ball links unten neben dem Pfosten. Sergio Goicoechea, der argentinische Torhüter, war auf dem Weg in die richtige Ecke, doch er konnte den Einschlag nicht verhindern. Diego Maradona weinte.
Mit diesem Kick machte Brehme Deutschland in Rom zum Weltmeister. Es war 1990, die Mannschaft hatte sich mit teilweise spektakulären Auftritten durch das Turnier gepflügt, als bester Mann wurde Lothar Matthäus gefeiert, der eigentlich hätte antreten sollen. Doch Matthäus war die Sohle des Fussballschuhs gebrochen, und mit dem neuen Paar fühlte er sich nicht sicher genug.
Andreas #Brehme schießt Deutschland 1990 zum WM-Titel. Rubenbauer und Rummenigge kommentieren. pic.twitter.com/jZfajbkQ7B
— Baumgarts Fußballblog (@BallblogFu) February 20, 2024
Für Trainer Beckenbauer war er gesetzt
Vielleicht war das ein Segen. Denn Brehme, ein stoischer Charakter, machte sich in diesem Augenblick ganz offenbar keine Gedanken darüber, wem er gegenüberstand. Der Goalie Goicoechea war ein Penalty-Spezialist, er hatte sowohl gegen Jugoslawien im Viertelfinal als auch gegen Italien im Halbfinal je zwei Elfmeter abgewehrt. Insofern ist der Penalty weit mehr als eine profane Standardsituation in einem entscheidenden Augenblick. Er stellt die ultimative Prüfung in der Karriere des Andreas Brehme dar.
Nun ist Brehme verstorben. Mit 63 Jahren an einem Herzinfarkt. Noch vor kurzem zählte er zu denjenigen, die in München an der Trauerfeier Franz Beckenbauer das letzte Geleit gaben.
Beckenbauer, der damalige Chef des deutschen Nationalteams, wusste, was er an Brehme hatte. Ein versierter Aussenverteidiger, beidfüssig, kaltschnäuzig. Im Kader Beckenbauers war für Brehme stets ein Platz.
Mit Inter wurde er Meister
Über Kaiserslautern und Bayern München fand der gebürtige Hamburger den Weg zu Inter Mailand, gemeinsam mit den Nationalmannschafts-Kumpanen Jürgen Klinsmann und Matthäus. Die deutschen «Tanks», wie sie liebevoll-martialisch genannt wurden, gewannen nach jahrelanger Titelabsenz Inters 1989 die italienische Meisterschaft und zwei Jahre später den Uefa-Cup. Was die Meisterschaft wert war, zeigt ein Blick auf die nationale Konkurrenz: Die AC Milan mit Ruud Gullit, Frank Rijkaard und Marco van Basten war das seinerzeit dominierende Team in Europa.
Das Karrierehoch des teutonischen Trios fällt in diese Zeit, in der auch der Weltmeistertitel gewonnen wurde. Ihr Trainer war der legendäre Giovanni Trapattoni, der seine Deutschen so sehr schätzte, dass er sich einige Jahre später auf das grosse Abenteuer Bayern München einliess.
1993 kehrte Brehme in die Bundesliga zurück, zum 1. FC Kaiserslautern, dorthin, wo er sich für höhere Aufgaben empfohlen hatte. Es war eine Zeit mit Höhen und Tiefen. 1996 spielte Kaiserslautern gegen den Abstieg, er hatte den Klassenerhalt auf dem Fuss, als er zum Elfmeter gegen Schalkes Torhüter Jens Lehmann antrat. Doch der früher so sichere Schütze scheiterte.
Der Weltmeister ging in die zweite Liga, doch er stieg, unter der Regie des Trainers Otto Rehhagel, unmittelbar wieder auf und gewann – ein Novum nicht nur im deutschen Fussball – die deutsche Meisterschaft mit dem Rückkehrer. Zwar kam Brehme nur zu einer Handvoll Einsätze. Doch es war ein versöhnlicher Karriereausklang eines herausragenden Fussballers. Als Trainer indes hinterliess Brehme keinen prägenden Eindruck.