Nachdem ein kühnes Projekt versenkt worden ist, präsentiert der Stadtrat nun überarbeitete Pläne für den Theatersaal. Was der Umbau kosten wird, ist noch unklar.
Der Pfauen, die wichtigste Spielstätte des Zürcher Schauspielhauses, ist über hundert Jahre alt. Das ist sein grösster Reiz, aber auch sein grösster Nachteil: Sein Alter macht den Theatersaal zwar charmant, aber auch unflexibel.
Über die Zukunft des Gebäudes waren sich die Zürcherinnen und Zürcher deshalb lange uneins. Ein gänzlich neuer Saal hätte einen Theaterbetrieb mit modernster Technik ermöglicht. Doch ein Totalumbau hätte vorausgesetzt, dass ein historisch bedeutsames Baudenkmal geopfert worden wäre.
Dieses Dilemma führte dazu, dass der Saal, der zuletzt 1977 erneuert worden war, etliche weitere Jahre vernachlässigt wurde.
Doch nun steht fest: Der Pfauen wird saniert. Und zwar so, dass sein ursprünglicher Charakter weitgehend erhalten bleibt. Der Stadtrat präsentierte bei einer Medienkonferenz am Mittwoch die Rahmenbedingungen für einen entsprechenden Architekturwettbewerb.
Gesucht werde dabei ein Kompromiss aus technischer Erneuerung und historischem Bewusstsein, sagte die Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP): Sie betonte, dass nur zurückhaltende Sanierungsmassnahmen infrage kämen: «Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wir müssen das Bestmögliche für die Kunst herausholen.»
Das Restaurant gehört künftig zum Theater
Das Schauspielhaus Zürich sei nicht nur das grösste Sprechtheater der Schweiz, führte Mauch aus, es gehöre auch zu den führenden Häusern im gesamten deutschsprachigen Raum. Um diesen Status zu wahren, sei die geplante Sanierung «dringend nötig».
Vorgesehen ist, dass die Bühne um knapp einen Meter nach unten versetzt wird. Dadurch fällt die Bestuhlung im Parkett künftig etwas steiler aus. Dies soll die Sicht auf das Geschehen sowie die Akustik deutlich verbessern. Die Beleuchtung, die heute mehrheitlich an der Brüstung des Balkons angebracht ist, soll von dort verschwinden und hinter der letzten Stuhlreihe wieder aufgebaut werden. Die ursprüngliche Gestalt des Saals trete damit deutlicher zutage.
Neben dem Saal soll auch das ungeliebte Foyer von den Umbauten profitieren. Die markanteste Veränderung dürfte sich aus der Eingliederung des heutigen Restaurants «Teatro» ergeben. Im rechten Teil des Eingangsbereichs soll eine grosszügige Begegnungszone mit einem öffentlichen Bistro, einer Bar und der Theaterkantine entstehen. Das Foyer soll ausserdem für kleinere Anlässe wie Lesungen genutzt werden können.
Ein Schönheitsfehler an dem Vorhaben ist der Umstand, dass es der Stadt nicht gelungen ist, neben dem rechten auch den linken Teil der Liegenschaft zu erwerben. Corine Mauch sagte dazu vor den Medien: «Wir hätten sehr gern auch diese Fläche ins Theater integriert.» Doch mit den Eigentümern habe keine Einigung erzielt werden können – und man habe dies nicht «um jeden Preis» erwirken wollen.
Wichtiges Emigrantentheater
Vor einigen Jahren hatte die Stadtregierung noch ganz anderes vor mit dem Pfauen. Damals hiess es: Die Räume seien veraltet. Es herrschten darin schlechtes Raumklima und schlechte Akustik. Die Zuschauer hätten ausserdem zu wenig Platz. Und: Das Geschehen auf der Bühne sei zu wenig gut zu sehen. Kurzum – modernes Theater sei im Pfauen kaum noch möglich. Dies bemängelte der Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) an einer Pressekonferenz im Juli 2018.
Damals präsentierte er Pläne, nach denen im Pfauen kein Stein auf dem anderen geblieben wäre: In seiner Mitte sollte das Gebäude in die Höhe wachsen. Das hätte Platz für einen höheren Saal und eine grössere Bühne geschaffen. Zudem waren zwei Neben- und eine Hinterbühne geplant. Mit einer markanten Glaskonstruktion auf dem Dach sollte sich der Pfauen von den umliegenden Häusern abheben.
Odermatt wollte dem Schauspielhaus mit dem totalsanierten Pfauen eine neue Ära ermöglichen. Doch etliche Theaterleute und Gemeinderäte waren anderer Meinung.
Widerstand kam damals unter anderem von einem Verein, der sich «Pro Pfauen» nennt. Dessen Vertreter fürchteten, dass mit dem Saal auch die Erinnerung an jene verlorengehe, denen das Schauspielhaus seine Bedeutung verdankt.
Während des Zweiten Weltkriegs galt das Schauspielhaus Zürich als wichtigstes Emigrantentheater des deutschen Sprachraums. Unter der Leitung des jüdischen Einwanderers Kurt Hirschfeld fanden hier Uraufführungen von wichtigen Stücken des Dramatikers Bertolt Brecht, später aber auch von Max Frisch und von Friedrich Dürrenmatt statt.
Gesucht: Provisorium für drei Jahre
Das Resultat des Architekturwettbewerbs will der Stadtrat schon in etwa einem Jahr präsentieren. Sodann kommt das Projekt Ende 2028 vors Volk. Ein Ja vorausgesetzt, können die Bauarbeiten 2030 beginnen.
Dass die Bevölkerung die Vorlage annimmt, erscheint derzeit plausibel: Ein Vertreter des Vereins «Pro Pfauen» äusserte sich nach der Pressekonferenz positiv über das Vorhaben des Stadtrates. Man werde das Projekt aber auch weiterhin kritisch und aufmerksam begleiten.
Für die drei Jahre dauernde Bauzeit will sich das Schauspielhaus nach einem passenden Provisorium umsehen, wie die Co-Verwaltungsratspräsidentin Beate Eckhardt am Mittwoch mitteilte. Den Spielbetrieb auf die Bühnen im Schiffbau zu reduzieren, sei aus betrieblichen Gründen nicht möglich. Denn das Schauspielhaus erwirtschafte 80 Prozent seiner Ticketeinnahmen im Pfauen.
Wo sich dieses Provisorium befinden könnte, darüber gab es am Mittwoch noch keine Informationen. André Odermatt stellte aber in Aussicht, dass diese Frage bereits Ende Jahr geklärt sein könnte.
Offen sind derzeit auch die Kosten des Vorhabens. Vor zwei Jahren hat der Gemeinderat 125 Millionen Franken veranschlagt. Am Mittwoch betonte André Odermatt aber, dass es sich dabei um eine grobe erste Schätzung handle und dass der genaue Betrag sich noch herausstellen werde, wenn das Siegerprojekt feststehe.