Die neue demokratische Präsidentschaftskandidatin heisst höchstwahrscheinlich Kamala Harris. Als Running Mate dürfte sie einen weissen Mann an ihre Seite holen. Das sind die fünf Favoriten.
Noch ist die Vizepräsidentin Kamala Harris nicht die offizielle Kandidatin der Demokraten. Bisher hat allerdings noch kein ernsthafter Herausforderer seinen Hut in den Ring geworfen. Daher stellt sich bereits die Frage, wen sie zu ihrem Running Mate machen könnte. Die Republikaner werden versuchen, sie als zu links, zu schwach und als dunkelhäutige Quotenfrau abzutun. Deshalb dürfte sie sich vermutlich für einen weissen Mann aus einem wichtigen Swing State entscheiden. Das sind die fünf offensichtlichen Favoriten:
1. Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania
Pennsylvania ist ein entscheidender Swing State. Wer hier die Oberhand behält, hat gute Chancen, ins Weisse Haus einzuziehen. Trump und Biden gewannen in dem Gliedstaat 2016 beziehungsweise 2020 nur mit einem hauchdünnen Vorsprung. Josh Shapiro jedoch besiegte seinen republikanischen Konkurrenten 2022 mit 57 zu 42 Prozent der Stimmen. Der 51-Jährige war zuvor Justizminister in Pennsylvania. Er gilt als pragmatischer Politiker, der auch moderate Wähler begeistern kann. Da er aber noch keine ganze Amtszeit hinter sich hat, ist fraglich, ob er diese Position bereits wieder aufgeben will. Bisher hat er eine Kandidatur für die Vizepräsidentschaft nicht ausgeschlossen. Er wäre der erste jüdische Running Mate in der Geschichte der USA seit Joe Liebermans erfolgloser Kampagne mit Al Gore im Jahr 2000. Im gegenwärtigen Nahost-Krieg stellte sich Shapiro indes an Israels Seite. Das könnte für die arabischen Wähler im Swing State Michigan und linke Demokraten zum Problem werden. «Israel hat nicht nur das Recht, sondern auch die Verantwortung, die Region von der Hamas zu befreien», sagte Shapiro im Dezember. Andrerseits könnte er gerade wegen seiner Position zu Israel viele konservative Wähler ansprechen.
2. Mark Kelly, Senator aus Arizona
Gemäss einer Umfrage von Blue Labs stand Mark Kelly als Ersatzkandidat für Biden weit oben in der Wählergunst – und nun ist er als Harris’ Vizepräsident im Gespräch. Der 60-jährige frühere Navy-Pilot und Astronaut gewann die Senatswahl 2020 gegen eine republikanische Amtsinhaberin mit 51 zu 49 Prozent der Stimmen. Es war die Ersatzwahl für den verstorbenen Senator und republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain. Arizona ist aber nicht nur ein wichtiger Swing State, er liegt auch an der Grenze zu Mexiko. Kelly versteht daher die Migrationsproblematik gut und könnte den Republikanern bei ihrem wichtigsten Wahlkampfthema glaubwürdig Paroli bieten. Viele Demokraten würden nichts von der Südgrenze verstehen, während viele Republikaner über das Problem redeten, es aber nicht lösen wollten, sagt Kelly. Seit seine Frau, die frühere Kongressabgeordnete Gabby Giffords, bei einem Attentat in Tucson 2011 schwer verletzt wurde und bis heute davon gezeichnet ist, setzt sich Kelly zudem für sinnvolle Waffengesetze ein. Dabei besitzt er aber selbst Waffen zu Hause. Die «Washington Post» bezeichnete Kelly am Montag als die klügste Wahl für die Position des Vize-Kandidaten.
3. Roy Cooper, Gouverneur von North Carolina
Roy Cooper regiert seit 2016 als Demokrat im mehrheitlich konservativen Südstaat North Carolina mit einem republikanisch dominierten Parlament. Der Gliedstaat könnte im November aber zu einem Swing State werden, wie Umfragen zeigen. Die Demokraten träumen davon, North Carolina zu gewinnen. Cooper wuchs auf der elterlichen Tabakplantage auf. Der 67-jährige Sohn eines Anwalts und einer Volksschullehrerin gilt als volksnah und bodenständig. Vor zwei Jahren wurde er als Gouverneur relativ komfortabel wiedergewählt. Unter seiner Führung entstanden viele neue Arbeitsplätze in North Carolina, auch weil sich der Gouverneur für die Anwerbung neuer Firmen einsetzte. Die Zeitschrift «Business North Carolina» bezeichnete Coopers Ära als eine der besten punkto Beschäftigung und Wirtschaftswachstum in der Geschichte des Gliedstaats. Der Fernsehsender CNBC bewertet jedes Jahr die wirtschaftsfreundlichsten Teilstaaten der USA. North Carolina stand in dieser Rangliste in den vergangenen zwei Jahren zuoberst. Cooper war Justizminister in North Carolina zu der Zeit, als Harris dieses Amt in Kalifornien bekleidete. Damals habe er Harris kennengelernt, schrieb Cooper am Montag auf X. «Sie hat das Zeug dazu, Donald Trump zu schlagen und unser Land überlegt und integer zu führen.»
4. Andy Beshear, Gouverneur von Kentucky
Andy Beshear sorgte bei den Zwischenwahlen 2022 für nationale Schlagzeilen. Der 46-Jährige schaffte im konservativen Gliedstaat Kentucky erfolgreich seine Wiederwahl. Vier Jahre zuvor hatte er den republikanischen Amtsinhaber Matt Bevin besiegt. Dabei ist Kentucky eigentlich eine Trump-Hochburg, wo der ehemalige Präsident 2020 mit einem Vorsprung von 26 Prozentpunkten gegen Biden siegte. Beshear hat indes einen bekannten Vater: Steve Beshear war von 2007 bis 2015 der Gouverneur in Kentucky. Aber sein Sohn Andy verdankt seinen Aufstieg keineswegs nur seiner Herkunft. Der moderate Politiker ist über die eigenen Parteigrenzen hinweg beliebt. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage standen seine Zustimmungswerte bei 65 Prozent. Er ist damit der beliebteste demokratische Gouverneur im ganzen Land. Ein wichtiger Grund dafür ist die positive wirtschaftliche Entwicklung in Kentucky. Wie Cooper bemühte sich auch Beshear erfolgreich um inländische und ausländische Investoren. Unter seiner Führung flossen Investitionen von über 30 Milliarden Dollar in neue Wirtschaftsprojekte. Gleichzeitig verbesserte sich auch das Kreditrating des Gliedstaats. Gleichzeitig bewies Beshear während der Pandemie und nach Naturkatastrophen seine Führungsqualitäten. Als Diakon in seiner Kirche kann er konservative Wähler aber auch mit seinem christlichen Glauben überzeugen. Am Montag empfahl sich Beshear bereits als Vize-Kandidat mit einem harten Angriff auf Donald Trumps Vize-Kandidaten J. D. Vance. Dieser habe die Menschen in Kentucky in seinem Bestseller «Hillbilly Elegy» als «faul und ignorant» bezeichnet. «So jemand, der auf unsere Leute herabschaut, sollte nicht Vizepräsident sein.»
5. Pete Buttigieg, Verkehrsminister
Pete Buttigieg war bei den demokratischen Vorwahlen 2020 der Shootingstar. Der Afghanistan-Veteran war zuvor bloss Bürgermeister der Kleinstadt South Bend im konservativen Gliedstaat Indiana. Doch bei den ersten drei Vorwahlen mischte der 42-Jährige ganz vorne mit – unter anderem im konservativen Iowa. Danach übernahm er in Bidens Regierung das Amt des Verkehrsministers. In dieser Position verantwortet er auch die vom Kongress beschlossenen Milliardeninvestitionen in die amerikanische Infrastruktur. Privat ist der praktizierende Christ mit einem Mann verheiratet, mit dem er Zwillinge adoptiert hat. Zusammen mit Kamala Harris würde er wohl das bunteste Präsidentschaftsticket der amerikanischen Geschichte bilden. Buttigieg ist zudem ein guter Redner und ein schlagfertiger Interviewpartner, der sich auch nicht scheut, seine Positionen beim konservativen Fernsehsender Fox News zu vertreten. Zudem wohnt Buttigieg heute in Michigan, in einem sehr wichtigen Swing State. Auch er empfahl sich mit einer Attacke auf Vance am Sonntag für die Vize-Kandidatur. Vance studierte an der Eliteuniversität Yale, Buttigieg an der Harvard University, ebenfalls einer Eliteuniversität. Er habe dort viele Leute wie Vance getroffen, meinte Buttigieg in einem Fernsehinterview: «Sie sagten egal, was, um nach oben zu kommen.» Bidens Verkehrsminister spielte damit auf Vance’ Wandel vom Trump-Kritiker zum Trump-Jünger an.