Die Autobranche ist in einem perfekten Sturm. Das betrifft besonders die Zulieferer. Doch statt besser, wird es vorerst noch schlimmer.
Die angeschlagene deutsche Autoindustrie hat spätestens seit dem 20. Januar eine weitere Sorge: Donald Trump. An diesem Tag trat der Präsident seine zweite Amtszeit an und kultiviert sein Lieblingsthema Zölle noch intensiver. Am Dienstagabend sagte er nun auf seinem Anwesen Mar-a-Lago, die Zölle für Autos sollten «in der Nähe von 25 Prozent» liegen, ebenso jene für Halbleiter und Pharmazeutika.
Einen konkreten Plan will seine Regierung am 2. April vorstellen. Noch ist vieles unklar und es besteht Zeit für Verhandlungen. Doch ein eskalierender Handels- und Zollkrieg wäre für die Automobilhersteller und ihre zahlreichen Zulieferer ein weiteres Problem.
Audi, BMW und Mercedes auf Talfahrt
Die Branche ist ohnehin schwer am Schlingern. Die deutschen Marken VW, Audi, Porsche, BMW und Mercedes-Benz erlitten im vergangenen Jahr allesamt deutliche Gewinneinbussen, bei den Zulieferern kämpfen viele sogar ums Überleben und müssen deshalb restrukturieren. Das gilt vor allem für ZF Friedrichshafen und Continental sowie zahlreiche mittlere und kleinere Zulieferer. Branchenprimus Bosch schlägt sich bisher vergleichsweise besser.
Am Mittwoch berichtete das «Handelsblatt», ZF prüfe die Abspaltung des gesamten Antriebsgeschäfts. Die Sparte Elektrifizierte Antriebstechnologien umfasst sowohl das Geschäft mit konventionellen Getrieben als auch jenes mit elektrischen und hybriden Antrieben. Die Prüfung betrifft also den Kern des Stiftungsunternehmens vom Bodensee, dessen historische Schwerpunkte Getriebe und Fahrwerke sind. Diese Geschäfte laufen im Zeitalter der Elektromobilität jedoch aus oder spielen nur noch eine untergeordnete Rolle.
Betroffen von den möglichen Massnahmen wäre rund jeder fünfte Beschäftigte und ein Viertel des Konzernumsatzes, also 32 000 Angestellte und ein Umsatzvolumen von 11,5 Milliarden Euro, hiess es weiter. Offiziell bekannt ist bisher nur, dass ZF strategische Kooperationen und Partnerschaften prüft. Die konkreten Inhalte des Berichts kommentierte das Unternehmen nicht.
Massiver Stellenabbau bei ZF
Allerdings befindet sich ZF schon länger in einer existenziellen Krise. Im vergangenen Jahr hat der Konzern mitgeteilt, rund 14 000 der 54 000 Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen. Dabei könnten bis zu einem Drittel der Werke laut Gewerkschaftsangaben geschlossen werden. ZF hatte in den vergangenen Jahren milliardenschwere Übernahmen der Firmen TRW und Wabco getätigt, um die Abhängigkeit von Getrieben zu reduzieren und sich zukunftssicher für die E-Mobilität aufzustellen.
Das hat anfangs funktioniert, doch ZF Friedrichshafen sitzt dadurch auf einem grossen Schuldenberg, dessen negative Auswirkungen sich durch den rasanten Zinsanstieg in den vergangenen Jahren erheblich vergrössert haben. Rating-Agenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von ZF inzwischen sehr kritisch, umgangssprachlich spricht man von «Ramschniveau» der ausstehenden Anleihen.
Ein grosses Problem ist laut Branchenkreisen, das ZF zwar volle Auftragsbücher hat, die Aufträge jedoch vor allem durch sehr aggressive Preise erhielt. Dieses Vorgehen des früheren Managements könnte in den kommenden Jahren zu erheblichen Verlusten führen, heisst es.
Dazu kommen die Probleme, unter denen alle Zulieferer leiden. Die hohen Investitionen in die Elektromobilität und das autonome Fahren zahlen sich bisher nicht aus. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich die erwarteten Verkaufszahlen für E-Autos nicht einstellen. Darüber hinaus kämpft die Branche mit den generell geringen Autoverkäufen, der schwachen Konjunktur, dem steigendem Wettbewerbsdruck vor allem durch neue Konkurrenten aus China sowie den schlechten Standortbedingungen im Heimmarkt Deutschland. Letzteres betrifft vor allem die überbordende Regulierung und die hohen Energiepreise.
Conti reduziert weitere Arbeitsplätze
Der Hannoveraner Konkurrent Continental hatte passend dazu am Dienstag mitgeteilt, 3000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Forschung und Entwicklung zu streichen, davon sollen laut der Nachrichtenagentur DPA rund die Hälfte in Deutschland wegfallen. Inklusive bereits angekündigter Abbaumassnahmen reduziert Conti die Anzahl der Arbeitsplätze um mehr als 10 000 weltweit.
Der Konzern ist mit Reifen gross geworden, hatte in den vergangenen Jahrzehnten aber durch Zukäufe sehr stark in weitere Autozulieferungs-Sparten investiert und ist so zu einem der grössten Zulieferer der Welt avanciert. Inzwischen läuft jedoch die Rückabwicklung. Die Antriebssparte Powertrain wurde zuerst in Vitesco Technologies umbenannt, dann an die Börse gebracht und schliesslich vor gut einem Jahr an den Konkurrenten Schaeffler verkauft.
Zudem beschloss der Vorstand des Konzerns, die Aufspaltung des verbleibenden Unternehmens in eine Autozulieferer- und eine Reifensparte. Voraussichtlich wird Conti dadurch wieder auf das historische Stammgeschäft Reifen reduziert. Über den Schritt müssen jedoch die Aktionäre erst noch abstimmen.
Bosch hatte zudem bereits Ende Januar mitgeteilt, dass das operative Ergebnis im vergangenen Jahr um rund ein Drittel eingebrochen ist. Die Umsatzrendite erreicht nur noch dreieinhalb Prozent und ist damit weit von der Zielmarke von 7 Prozent entfernt. Eine hohe Rendite ist jedoch dringlich, weil in den kommenden Jahren weitere grosse Investitionen für die Transformation nötig sind. Zwar ist Bosch durch seine anderen Sparten Haushaltsgeräte, Elektrowerkzeuge und Industrietechnik breiter aufgestellt, doch auch die Stuttgarter spüren die negative Entwicklung der Autobranche und der Konjunktur.
VW-Chef Blume will mit US-Regierung reden
Die Talfahrt der deutschen Autoindustrie scheint sich weiter zu beschleunigen. Seit Wochen und Monaten folgte eine negative Meldung auf die andere. Vor kurzem hatte auch Porsche angekündigt, bis 2029 rund 1900 Stellen sozialverträglich abbauen zu wollen, das sind rund 5 Prozent der deutschen Belegschaft. Im VW-Konzern, zu dem Porsche gehört, läuft ohnehin eine grosse Restrukturierung mit einem geplanten Abbau von 35 000 Arbeitsplätzen in den kommenden Jahren. Auch die Tochter Audi schwächelt weiterhin. Zudem mussten BMW und Mercedes-Benz ebenfalls deutliche Gewinneinbussen hinnehmen.
Sollten künftig auch noch massive Zölle das transatlantische Geschäft zwischen den USA und der EU belasten, wäre das ein zusätzlicher Tiefschlag für Hersteller und Zulieferer. VW-Konzernchef Blume hatte daher in einem Interview mit dem TV-Sender ZDF jüngst angekündigt, mit der Trump-Regierung in Gespräche eintreten zu wollen. Hoffnung macht, dass auch in Trumps erster Amtszeit die Umsetzung von Zollplänen weniger aggressiv ausfiel, als anfangs zu befürchten war.
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