Die neuste Mietpreiserhebung der Stadt Zürich bestätigt Vermutungen, sorgt aber auch für Überraschungen.
Wohnen in Zürich ist teuer, das zeigt die neuste Mietpreiserhebung der Stadt schwarz auf weiss. Die Daten geben zudem einen Einblick in die Preisentwicklung der letzten zwei Jahre bei 2-, 3- und 4-Zimmer-Wohnungen. Die ermittelte Preissteigerung hat es in sich: Sie beträgt zwischen sechs und neun Prozent – nicht nur bei privaten, sondern auch bei gemeinnützigen Bauträgern, wie Urs Rey, Experte für Bauen und Wohnen bei Statistik Stadt Zürich, am Dienstag vor den Medien sagte.
Das heisst: Auch wer in einer gemeinnützigen Wohnung lebt – sprich in einer, die kostendeckend vermietet wird –, muss heute tiefer in die Tasche greifen als noch vor zwei Jahren. Grund für den jüngsten Preissprung seien unter anderem die Teuerung und der höhere Referenzzinssatz, erklärte Rey. Zudem sei der Gebäudeversicherungsindex gestiegen.
Rey geht davon aus, dass die Mietkosten seit Erfassung der jüngsten Daten weiter gestiegen sind. Bis zum Stichtag hätten noch nicht alle Eigentümer ihre Preise angepasst.
36 Franken pro Quadratmeter
Was die Preissteigerung konkret bedeutet, lässt sich mit einem Online-Tool der Stadt ermitteln. Demnach betrug der Medianpreis einer nicht gemeinnützigen 3-Zimmer-Wohnung vor zwei Jahren noch 1713 Franken. Im März 2024 waren es 1875 Franken. Bei den gemeinnützigen Wohnungen stieg der Medianpreis von 964 auf 1022 Franken.
In welchen Quartieren das Wohnen in der Stadt am teuersten ist, zeigt die Auswertung der Quadratmeterpreise.
Mit Abstand am höchsten liegt der Quadratmeterpreis in der Altstadt. Am Stichtag im März 2024 betrug der Medianwert bei nicht gemeinnützigen Wohnungen 36 Franken. Das ist doppelt so viel wie bei gemeinnützigen Wohnungen im gleichen Kreis.
Dass der Unterschied so hoch ausfalle, habe auch damit zu tun, dass es in der Altstadt keine gemeinnützigen Siedlungen gebe, sondern nur einzelne Liegenschaften, führte Urs Rey aus.
Ganz anders sehe es beispielsweise in Leimbach aus. Hier sind die Mediane von gemeinnützigen und nicht gemeinnützigen Wohnungen mit 17 und 21 Franken pro Quadratmeter näher beieinander.
Nach Überschneidungen der Preisbandbreiten von privaten und gemeinnützigen Bauträgern suche man vergeblich, sagte Rey. Wobei bei den Marktmieten ein grösseres Preisspektrum existiere. «Es lässt sich so zusammenfassen: Die Miete für eine günstige nicht gemeinnützige Wohnung entspricht etwa dem Preis einer teuren gemeinnützigen.»
«Die Stadt muss private Investoren ins Boot holen»
Eine «stattliche Erhöhung» sei das, kommentiert Walter Angst, Alt-Gemeinderat der AL und Kommunikationsverantwortlicher des Stadtzürcher Mieterverbands, die Auswertung. Es sei zwar damit zu rechnen, dass der Referenzzinssatz in den nächsten Monaten wieder sinke. Die massive Erhöhung könne das aber niemals kompensieren.
Die Mietpreiserhebung zeige deutlich: Stadt und Genossenschaften könnten nicht genügend preisgünstige Wohnungen bereitstellen, um die Vertreibung von Haushalten mit wenig Einkommen aus der Stadt Zürich zu stoppen, sagt Angst. «Die Stadt muss private Investoren ins Boot holen, damit auch sie preisgünstigen Wohnraum anbieten.» Angst sieht zudem die Baugenossenschaften in der Pflicht. Diese sollten viel mehr subventionierte Wohnungen erstellen.
Für Albert Leiser, FDP-Gemeinderat und Direktor des Hauseigentümerverbands, verdeutlicht der Anstieg bei den gemeinnützigen Wohnungspreisen, dass die Kostenmiete eben keine Garantie für eine gleichbleibende Miete sei. «Das ist reine Klientelpolitik der Linken.» Statt gemeinnützigen Wohnraum anzubieten, täte die Stadt besser daran, gezielt die Menschen finanziell zu unterstützen, die darauf angewiesen seien.
Dass das Wohnen teurer werde, sei angesichts der zahlreichen Sanierungen nicht überraschend, sagt Leiser. «Die Mieterinnen und Mieter bekommen dafür gut unterhaltene Wohnungen.» Immer neue Bauvorschriften und Normen würden den Eigentümern oft keine andere Wahl lassen, als zu sanieren. Wenn beispielsweise die Heizung ersetzt werden müsse, führe in der Regel kein Weg an einer Gesamtsanierung vorbei.
Preisschild der Gentrifizierung
Vergleiche mit Daten aus dem Jahr 2000 bilden die längerfristige Entwicklung der verschiedenen Stadtquartiere ab. Man könnte es als Preisschild der Gentrifizierung betrachten.
Dass diese auch «Seefeldisierung» genannt wird, komme nicht von ungefähr, sagte Rey: Im Kreis 8 ist der Median-Quadratmeterpreis von 19 (2000) auf 32 Franken (2024) gestiegen. Ähnlich gross ist die Preissteigerung im Kreis 4. Hier liegt der Medianwert mit 28 Franken 11 Franken höher als um die Jahrtausendwende. Der Quadratmeter kostet in Aussersihl also nur einen Franken weniger als im noblen Hottingen-Quartier.
Allerdings hat nicht nur der private Wohnraum eine Preissteigerung hinter sich. So ist Hottingen auch für die Mieterinnen und Mieter gemeinnütziger Wohnungen teurer geworden. Der Quadratmeter-Medianpreis ist seit dem Jahr 2000 von 14 auf 22 Franken gestiegen. Das entspricht einer Zunahme von über 60 Prozent.
Über 24 Jahre gesehen zeigt sich: Teurer wird es überall. Allerdings startete die Preissteigerung bei gemeinnützigen Wohnungen auf tieferem Niveau.
Eine Ausnahme sind gemeinnützige Neubauwohnungen. Hier seien die Preise in den letzten zwei Jahren stark gestiegen. Zwar seien die Neubauten in der neusten Statistik nicht die gleichen wie bei der Erhebung von 2022, stellt Urs Rey klar. Ein direkter Vergleich sei somit schwierig. «Gemeinnützige Neubauten haben sich mindestens so stark verteuert wie Neubauten von nicht gemeinnützigen Bauträgern.»
Im Vergleich zu 2022 sind die Quadratmeterpreise von gemeinnützigen Neubauten, die weniger als zwei Jahre alt sind, sogar stärker gestiegen als von nicht gemeinnützigen. Nämlich um 15 statt acht Prozent.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei langjährigen Mietverhältnissen. Hier sind die Quadratmeterpreise von gemeinnützigen Wohnungen mit acht Prozent doppelt so stark gestiegen wie die von privaten Bauträgern.