Der Regierungsrat gewichtet die Volksrechte hoch und legt das Begehren für eine kürzere Betriebszeit den Stimmberechtigten vor.
Es geht um eine halbe Stunde am späten Abend, aber die hat es in sich. Grundsätzlich gilt für den Flugbetrieb in Kloten eine nächtliche Sperre von 23 bis 6 Uhr. Um Verspätungen abzubauen, sind Starts und Landungen aber ohne Bewilligung bis 23 Uhr 30 erlaubt. Durch den Anstieg des Verkehrs haben in jüngster Zeit Nachtflüge zugenommen, wie aus dem jüngsten kantonalen Flughafenbericht hervorgeht.
Kritiker des Flughafens um den Verein Fair in Air wollen dem rigoros eine Ende setzen. Mit der im April 2024 eingereichten kantonalen «Flughafen-Nachtruhe-Initiative» fordern sie eine strikte siebenstündige Nachtruhe von 23 bis 6 Uhr, ohne Ausnahmen. Der Kanton soll dies dank einer Anpassung im Flughafengesetz umsetzen.
Nachtsperre Sache des Bundes
Nun stellt der Regierungsrat dem Parlament den Antrag, das Volksbegehren abzulehnen. Das ist in der Sache alles andere als überraschend. Die Regierung hebt die hohe Bedeutung hervor, die das einzige interkontinentale Drehkreuz für den Luftverkehr der Schweiz für die Volkswirtschaft hat. Im Vergleich mit europäischen Konkurrenzflughäfen habe Zürich bereits sehr kurze Betriebszeiten, schreibt sie in der Mitteilung vom Donnerstag.
Ebenso erwartbar folgte auf dem Fuss die Wortmeldung der Initianten. Dass die Behörden den Auftrag, für Nachtruhe zu sorgen, nicht erfüllen wollten, sei ein Hohn für die Bevölkerung, schreibt «Fair in Air» und erhält Unterstützung von den Grünen. Auf der Gegenseite erwartet die FDP gravierende volkswirtschaftliche Folgen für diesen zentralen Pfeiler der Wettbewerbsfähigkeit.
Wie die Initiative umgesetzt würde, ist unklar. Der Regierungsrat erinnert in seiner Begründung einmal mehr daran, dass die Festsetzung der Nachtflugordnung ausschliesslich in die Kompetenz des Bundes fällt. Dieser sei auch für den Vollzug und die Aufsicht zuständig. Anpassungen im kantonalen Flughafengesetz könnten an dieser Zuordnung der Kompetenzen nicht rütteln.
Für die Regierung ändert die Initiative am heutigen Zustand praktisch nichts. Ihre Annahme würde jedoch zu Unsicherheit führen, unerfüllbare Erwartungen wecken und gewichtigen Interessen des Kantons schaden.
Weiter geht die Flughafen Zürich AG. Für sie verstösst die Initiative klar gegen Bundesrecht und ist somit ungültig. Die Flughafenbetreiberin stützt sich dabei auf ein Gutachten, das der Verein Pro Flughafen im Dezember publizierte. Sie begrüsst selbstredend die Ablehnung durch die Regierung, erwartet aber vom Kantonsrat, dass er die Initiative für ungültig erklärt.
«Pro populo»
Warum tat dies nicht bereits der Regierungsrat? Der blosse Umstand, dass einzelne Bestimmungen zu einem bundesrechtswidrigen Ergebnis führten, rechtfertige für sich allein noch keine Ungültigerklärung, schreibt er. Man könne diese bundesrechtskonform auslegen, doch verlören sie weitgehend ihre Wirkung. Von der Möglichkeit, die Initiative teilweise für ungültig zu erklären, sieht er ab, weil die darin vorgeschlagenen Änderungen aufeinander abgestimmt seien.
Ob eine vollständige Ungültigerklärung zulässig wäre, hält die Regierung für fraglich. Nach dem Grundsatz «in dubio pro populo» (im Zweifel für das Volksrecht) erklärt sie die Initiative deshalb für gültig. Damit werde eine ganzheitliche Beurteilung möglich.
Trotz klarer Ablehnung des Volksbegehrens foutiert sich die zuständige Volkswirtschaftsdirektion nicht um das Thema Fluglärm. Kürzlich übte sie deutlich Kritik, weil die Vorgaben bei Nachtflügen nicht eingehalten werden. Erst am Dienstag gab die Flughafen AG bekannt, dass sie in Bern ein Gesuch um Erhöhung der Lärmzuschläge besonders für die heiklen Nachtstunden eingereicht habe. Sie will so erreichen, dass die Fluggesellschaften Flüge nach 23 Uhr möglichst vermeiden.