Die Wahlen in den Salomonen enden in einem Patt zwischen dem pro-chinesischen und dem chinakritischen Lager. Das Feilschen um das Amt des Premierministers hat begonnen.
Wenn Chinas Führung dachte, dass es mit grossen finanziellen Zuwendungen die Wahlen auf den Salomonen für sich entscheiden könne, dann muss es in Peking lange Gesichter gegeben haben. Bei den Parlamentswahlen vom 17. April verlor der bisherige Premierminister Manasseh Sogavare mehr als die Hälfte der Sitze. Nach Auszählung aller Stimmen erhält Sogavares Partei nur noch 15 von insgesamt 50 Mandaten.
Sogavare ist Chinas Mann auf den Salomonen: 2019 brach er die diplomatischen Beziehungen mit Taipeh ab und anerkannte Peking. Seither hat er ein Sicherheitsabkommen mit der Volksrepublik geschlossen, chinesische Polizeiausbildner ins Land geholt, mit chinesischem Geld Stadien für eine grosse Sportveranstaltung bauen lassen und das Regierungssystem des kommunistischen Einparteistaates öffentlich gelobt.
China und die USA ringen um die Salomonen
Die Wahlen auf dem südpazifischen Archipel stehen unter besonderer Beobachtung. Denn auf den 900 Inseln mit den gut 700 000 Menschen ist der Kampf um Einfluss in der Region zwischen den Supermächten USA und den China sichtbarer als anderswo. Laut der Einschätzung von internationalen Beobachtern verlief der Urnengang friedlich.
Sogavares Zuwendung zu China ist umstritten: Ende 2021 kam es deswegen zu Ausschreitungen in der Hauptstadt Honiara. Der «Switch», wie der diplomatische Schwenker von Taiwan zu China lokal genannt wurde, wird im neu zusammengesetzten Parlament wieder ein Thema sein. Die Anführer der zwei erfolgreichsten Oppositionsparteien, die 13 beziehungsweise 7 Sitze erhielten, haben angekündigt, das Sicherheitsabkommen mit China aufkündigen zu wollen, falls sie an die Macht kommen.
Das ist noch völlig offen. Auf den Salomonen sind Parteien traditionell schwach. Regierungsmehrheiten werden erst nach abgeschlossener Wahl geschmiedet: Jeder Parlamentarier, der Ambitionen aufs Premierministeramt hat, versucht mindestens 25 Kollegen hinter sich zu scharen, damit diese ihn in einer geheimen Abstimmung ins höchste Führungsamt hieven. Beobachter sprechen davon, dass das Charisma der Anwärter ausschlaggebend sei und dass dabei viel Geld fliesse.
Ein regionaler Konflikt könnte wieder aufbrechen
Da sie auf wackliger Basis gewählt sind, wird den Premierministern häufig das Vertrauen entzogen: Sogavare ist erst der zweite Regierungschef seit der Unabhängigkeit der Salomonen 1978, der eine volle Amtszeit absolviert. Sogavare ist ein alter Fuchs der salomonischen Politik: Seine bisherige Amtszeit war bereits seine vierte. Selbst Kritiker gestehen zu, dass er wie kaum ein anderer wisse, das System für sich zu nutzen. Seine Chancen, genug parteilose Parlamentarier und vielleicht auch kleine Splitterparteien auf seine Seite zu ziehen, sind durchaus intakt.
Wenn Sogavare die Regierung weiterführen kann, dürfte sich die Kluft zwischen der Hauptstadt Honiara und Malaita, der bevölkerungsreichsten Provinz, wieder stärker öffnen. Diese traditionelle Rivalität wurde durch das geopolitische Tauziehen in den letzten Jahren verschärft und spielte eine Rolle in den Unruhen von 2021.
Der frühere regionale Regierungschef von Malaita, Daniel Suidani, eroberte seinen Sitz zurück. Dieser ist ein scharfer Kritiker Pekings und hatte chinesische Firmen aus seiner Provinz ausgeschlossen. Durch ein Misstrauensvotum, das von Sogavare-treuen Lokalpolitikern initiiert worden war, verlor er vor einem Jahr sein Amt. Sein Nachfolger Martin Fini, der sofort auf eine pekingfreundliche Linie umgeschwenkt war, hat in den aktuellen Wahlen seinen Abgeordnetensitz verloren.
Die Entwicklung der Salomonen schreitet kaum voran
Während die Aussenwelt die Wahlen in den Salomonen vor allem aus dem geopolitischen Blickwinkel betrachtet, zählten für die meisten Wählerinnen und Wähler andere Themen. Das Land ist bitterarm, und die Infrastruktur befindet sich trotz Millionen an Entwicklungshilfe in einem erbärmlichen Zustand.
Auch die Lebenskosten steigen ständig. Insbesondere Reis ist teuer. Er kam ursprünglich über ausländische Hilfslieferungen ins Land und ist inzwischen ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der lokalen Küche geworden. Weil Reis nach wie vor importiert wird, ist er verhältnismässig teuer und ist für viele Menschen ein grosser Ausgabeposten.