Sex auf der Bordtoilette, Tennis im Adamskostüm: Die Serie nimmt unverschämt den Hedonismus von Neureichen aufs Korn. Ein Hauch von «Dallas» liegt in der britischen Landluft.
Rupert Campbell-Black (Alex Hassell) findet sich einfach grossartig, unwiderstehlich, phänomenal. In der Auftaktsepisode hat er auf der Bordtoilette einer Concorde Sex mit einer Journalistin, zum Sound von Robert Palmers «Addicted to Love». Die Stewardess hämmert gegen die Tür, um dem Treiben Einhalt zu gebieten. Bis sie den VIP-Übeltäter, seines Zeichens Parlamentsabgeordneter der Tories und Minister für Sport, beim Verlassen des Tatorts erkennt und sich halb verlegen, drei Viertel erotisiert entschuldigt. Es ist offensichtlich, dass sie liebend gerne mit der soeben Beglückten getauscht hätte.
Dem Springreiter und ehemaligen Olympioniken Rupert werfen sich die Frauen an den Hals. Ihm diesen mit Hochgenuss umdrehen würde der Fernsehmagnat Lord Tony Baddingham (David Tennant), der im selben Überschallflugzeug sitzt. Er verabscheut den Frauenhelden aus tiefster Seele, sein grenzenloser Ehrgeiz speist sich aus dem Hass auf den Rivalen, dem alles und jede mühelos in den Schoss zu fallen scheint.
Herrlich beschwipst
Tony Baddingham wirbt der BBC den irischen Newsman Declan O’Hara (Aidan Turner) ab mit dem Versprechen, ihn live und unzensiert zu senden. Was er vorläufig für sich behält: dass er ihm seine Geliebte Cameron (Nafessa Williams) als knallharte TV-Produzentin und Quotenbringerin vor die Nase setzen wird. Mit Declan und Cameron rechnet er sich gute Chancen aus im Wettbewerb um wichtige Franchising-Rechte, bei dem ihn der verhasste Rupert wieder einmal auszustechen droht.
«Rivals» (auf Disney+) ist eine herrlich beschwipste Satire auf die achtziger Jahre, als in den USA Ronald Reagan und im United Kingdom Margaret Thatcher das Sagen hatten. Ein politisches Klima, in dem es eigentlich wenig zu lachen gab – die sich ausbreitende Aids-Pandemie wird in der Serie nur am Rande erwähnt, ein schwules Paar traut sich nicht, die Beziehung offen auszuleben. Die drei Hauptfiguren sind die Hypernarzissten Tony, Rupert und Declan. Zu Heldinnen werden aber die Frauen, allen voran Declans Tochter Taggie (Bella Maclean), die den Womanizer Rupert auf dessen Anwesen dabei überrascht, wie er im Adamskostüm gegen eine unbekleidete Blondine aufschlägt. Schockiert und fasziniert zugleich, bringt der Anblick ihr Blut in Wallung.
Kampf um TV-Rechte
Die achtziger Jahre kannten kein Smartphone, kein Internet, sie standen noch im Zeichen des Fernsehens, das mit den Printmedien meinungsbildend war. Tony will beweisen, dass er der Mann der Zukunft ist. Seine schlaue, indes mittelmässig attraktive Ehefrau Lady Baddingham (Claire Rushbrook) plant er zu verlassen. Womit der nach Allmacht Gierende nicht gerechnet hat, ist, dass sich seine Konkurrenten im Kampf um die TV-Franchising-Rechte gegen ihn verbünden.
Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jilly Cooper aus dem Jahr 1988 stellt gewissermassen das britische Pendant zur öligen Soap «Dallas» dar, in der J. R. Ewing seinen Kontrahenten Cliff Barnes gnadenlos niedermachte. Dabei wirft die Serie einen Blick zurück auf dieselbe Epoche der Yuppies, nicht im Zorn, sondern durch den Filter des Entertainments sowie aus der Perspektive zweier Regisseure und einer Regisseurin. «Rivals» nimmt die Neureichen und ihren zügellosen Hedonismus aufs Korn und punktet durchgehend souverän mit Timing, Schauplatzwechseln, Costume-Design, einem exzellenten Cast und kongenialem Retro-Soundtrack: Eine namenlose Band führt etwa Pat Benatars «Love Is a Battlefield» auf. Wie die Schlacht ausgeht, wer weiss. Diesen Dezember wurde eine zweite Staffel genehmigt.