Holcim, Sika, Sulzer – wer es richtig anstellt, muss die Zölle des irrlichternden US-Präsidenten nicht fürchten. Es winken sogar gute Geschäfte.
Donald Trump legt nahezu täglich mit neuen Zollankündigungen nach und will Handelsschranken rund um die USA errichten. Das nützt Unternehmen, die auf der richtigen Seite der Schranken stehen: Je stärker eine Firma in den Vereinigten Staaten verankert ist, desto mehr kann sie von Trumps Abschottung profitieren – und das auf vielen Wegen.
Zu den Trump-Gewinnern zählen auch Schweizer Konzerne. Etwa der Zementriese Holcim. Es gebe für Holcim keinen schädlichen Zoll-Effekt, sagte CEO Miljan Gutovic am Freitag: «Wir kaufen lokal ein, produzieren lokal und verkaufen lokal.» Mehr als 1000 Betriebsstätten und 19 000 Mitarbeiter zählt der Konzern in den USA und in Kanada. Selbst Pläne für US-Zölle gegen Kanada beunruhigen Gutovic nicht. Wie bekannt, will Holcim das Nordamerikageschäft mit diesen beiden Ländern abtrennen, um noch besser in der Region wachsen zu können.
Auf dem Bau herrscht Euphorie
Ähnlich gelassen zeigt sich Sika, der grosse Hersteller von Bauchemie. «Wir haben eine sehr robuste Lieferkette mit vielen Quellen», versicherte vergangene Woche der Konzernchef Thomas Hasler. Fast alle Produkte für die USA werden auch dort hergestellt. «Wir sind vorbereitet», so Hasler. Die Stimmung in der amerikanischen Baubranche sei euphorisch, berichtete er. Dies auch deshalb, weil Trump mehr tut, als mit den Zöllen die Konkurrenz durch Importe zu verteuern. Die Firmen rechnen auch fest damit, dass er für mehr Aufträge sorgt.
Zwar will Trump Subventionen streichen, die sein Vorgänger Joe Biden zur Förderung der Energiewende und von grünen Technologien eingeführt hatte. Aber bei öffentlichen Ausgaben für die Infrastruktur hält der neue Präsident an Bidens Plänen fest – und steigert sie womöglich. Man gehe davon aus, dass die neue Administration für mehr Bauausgaben sorge, erklärte Hasler. Auch Gutovic erwartet ein Momentum für die Branche.
Damit dürfte Amerika für die beiden Schweizer Vorzeigekonzerne noch wichtiger werden. Sikas Umsatz in den USA kletterte 2024 um 10 Prozent auf 2,7 Milliarden Franken. Fast ein Viertel seines Geschäfts macht der Bauchemiekonzern in den Vereinigten Staaten, so viel wie in keinem anderen Land. Bei Holcim ist das Übergewicht noch grösser: 7,7 Milliarden Franken setzte der Zementkonzern 2024 in den USA um. Das sind 29 Prozent des Gesamterlöses.
Weltweit sank Holcims Umsatz vergangenes Jahr leicht auf 26,4 Milliarden Franken, wie der Riese am Freitag mitteilte. Ohne die starke Heimatwährung hätte ein kleines Plus resultiert. Trotzdem wurde Holcim profitabler: Der wiederkehrende Betriebsgewinn (Ebit) kletterte um 6 Prozent auf 5 Milliarden Franken – und in keiner Region so stark wie in Nordamerika.
In den USA wird Holcim zu Amrize
Dabei gingen Holcims Verkäufe auch in den USA zurück. Unter anderem schlechtes Wetter trug dazu bei, erläuterte Gutovic. Doch die Auftragsbücher seien voll, unter anderem mit über 200 Infrastrukturprojekten, von Strassen und Brücken bis zu Tunneln und Flughäfen.
Der Spin-off des Nordamerikageschäfts wird wie geplant bis Ende des ersten Halbjahrs vollzogen. Der neue Konzern wird der grösste Zementhersteller in den USA und Kanada sein und den Namen Amrize tragen. Die Aktien werden in New York und Zürich kotiert. Für das operative Hauptquartier wurde Chicago gewählt; der Sitz bleibt in Zug. In das Amrize-Logo wurde sogar ein Stern eingearbeitet, wie man ihn von der amerikanischen Flagge kennt.
Selbstbewusst kündigte Sika bereits an, 2025 in den USA schneller zu wachsen als der Gesamtmarkt. Denn Trump lässt nicht nur direkt in Infrastruktur investieren, er veranlasst auch einheimische und ausländische Unternehmen dazu, Geld auszugeben – für den Aufbau von Produktionsstätten. Dieser Trend setzte schon unter Joe Biden ein; Trumps Zölle dürften ihn verstärken.
Derweil baut Holcim die Produktpalette aus, um von diesen Gewerbebauten zu profitieren. Bereits 29 Prozent des Umsatzes macht der Konzern in Nordamerika nicht mit Zement und Beton, sondern mit anspruchsvolleren Materialien wie Dach- und Wandsystemen. Ein Beispiel: Für eine Chipfabrik in Texas lieferte der Konzern sowohl weniger klimaschädlichen Zement als auch Dachmembrane.
Ein Ukraine-Frieden könnte Europa erlösen
Es gibt aber auch Trump-Dividenden, die ausserhalb der USA ausgeschüttet werden. So liegt das Verhältnis der USA zu China schon länger im Argen – und Trump hat bereits zweimal innerhalb eines Monats die Zölle gegen China erhöht. Immer mehr Firmen errichten Produktionsstätten in Vietnam, Indonesien oder Indien, um von dort, statt von China, in die USA zu liefern. So entsteht ein neues Geschäft in Asien. «Das hilft uns sehr», sagt der Sika-Chef Hasler.
Selbst direkt vor der europäischen Haustür wartet ein möglicher Jackpot für die Baukonzerne: Ein Frieden in der Ukraine, herbeigeführt auf Trumps Druck, wäre ein grosses Geschäft. Nicht primär wegen des Wiederaufbaus in den von Russland zerstörten Landesteilen. Dieser Bereich wäre im Gesamtkontext des Konzerns nicht signifikant, heisst es bei Sika.
Stattdessen würde ein Frieden für Klarheit und Stabilität in Westeuropa sorgen und sich dort durch mehr Bauaufträge auszahlen, so die Erwartung. «Ein Ende des Ukraine-Konflikts hätte eine gewaltige positive Wirkung auf unser Geschäft», sagte vergangene Woche Sikas Europachef Christoph Ganz.
Auch Öl und Gas bieten Chancen
Selbst Trumps anachronistische Vorliebe für Erdöl und Erdgas kann für Schweizer Konzerne etwas Gutes haben. Zum Beispiel für Sulzer. Der Industriekonzern bietet traditionell Pumpen und Verarbeitungsanlagen für die Öl- und Gasindustrie an.
Zwar expandierte er unter der Leitung von Suzanne Thoma stark in grüne Bereiche wie CO2-Abscheidung, Geothermie oder Abwasseraufbereitung. Doch das Neugeschäft und der Service für Öl- und Gasanlagen machen zusammen noch bis zu 30 Prozent des Umsatzes aus, wie Sulzer auf Anfrage mitteilt.
Die Aussichten für das USA-Geschäft seien unter einer Administration Trump grundsätzlich gut, so Sulzer – wobei man sich darauf vorbereite, dass sich das Geschäft mit grünen Technologien abschwäche. Hingegen nehmen Aufträge für die Wartung und Modernisierung von Anlagen für die Energieerzeugung aus Erdgas in den Vereinigten Staaten schon seit einigen Jahren zu.
Tatsächlich wuchs Sulzers Umsatz in den USA 2024 um 15 Prozent auf 956 Millionen Franken – eine doppelt so hohe Zunahme wie im gesamten Unternehmen. Rund ein Viertel seiner Erlöse erwirtschaftet der Konzern dort. Und mit 80 Prozent lokaler Wertschöpfung sieht sich Sulzer gut gerüstet für allfällige Zölle.
Auch die Anleger sind unbesorgt: Sulzers Aktienkurs erlebt einen Höhenflug, und das trotz dem Grossaktionär Viktor Vekselberg. Trumps erste Administration im Jahr 2018 hatte den russischen Magnaten mit Sanktionen belegt. Doch heute ist Russland eines der wenigen Länder, mit denen die USA nicht auf Konfrontationskurs sind. Mit den Sulzer-Avancen können selbst die Valoren von Holcim nicht mithalten – und jene von Sika erst recht nicht.