Die Wirtschaftskommission des Nationalrats hat einen Vorstoss für ein Lohnmaximum von 3 bis 5 Millionen Franken bei der UBS vorläufig auf Eis gelegt.
Für einmal sind die Rollen im Parlament wohl vertauscht. Im Normalfall ist die Neigung zu Populismus in der «Volkskammer» Nationalrat stärker als in der «chambre de réflexion» namens Ständerat. Doch diesen März hatte der Ständerat «Volksnähe» demonstriert: Er nahm überraschend eine Motion des Thurgauer SVP-Ständerats Jakob Stark an, der einen Lohndeckel von 3 bis 5 Millionen Franken für die UBS forderte.
Titel und Text des Vorstosses sprachen von einem generellen Lohndeckel für das «Bankenwesen», doch die Begründung des Urhebers deutete an, dass es «nur» um die systemrelevanten Banken geht. Neben der UBS sind dies die Raiffeisen-Gruppe, Postfinance und die Zürcher Kantonalbank. Ständerat Jakob Stark bestätigte in der Folge, dass es ihm um Verwaltungsrat und Geschäftsleitung in den systemrelevanten Banken gehe. In der Praxis würde der Deckel nur in der UBS greifen – dort aber heftig: Laut dem Geschäftsbericht der Bank für 2024 erhielten die 15 oder 16 Mitglieder der Konzernleitung im Mittel über 9 Millionen Franken pro Kopf; Konzernchef Sergio Ermotti als Bestbezahlter bekam fast 15 Millionen.
Der Beschluss des Ständerats mag eine doppelte Bedeutung haben: als symbolischer Akt («Wir wollen dabei gesehen werden, wie wir etwas für die Volksseele tun») und als Schuss vor den Bug der Grossbank («Übertreibt es nicht, denn unsere Toleranz hat Grenzen»). Einzelne Ständeräte sprachen danach profaner auch von einem «Betriebsunfall»: Kaum jemand habe damit gerechnet, dass der Vorstoss eine Mehrheit erreiche.
Auf Eis gelegt
Doch nicht zuletzt für solche Fälle hat das Bundesparlament ein Zweikammersystem: Bei Bedarf kann die zweite Kammer «Ausreisser» korrigieren. In diesem Fall sieht es nun so aus, dass der Nationalrat die Extravaganz des Ständerats zurechtrücken wird. Die Wirtschaftskommission (WAK) des Nationalrats hat laut Mitteilung vom Dienstagabend den Vorstoss vorerst auf Eis gelegt. Gemäss dem WAK-Präsidenten und SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hätte man eine längere Sistierung gewünscht, doch wegen der gesetzlichen Behandlungsfristen sei nur eine Verschiebung um ein Quartal möglich gewesen. So will die Kommission das Geschäft diesen August behandeln, damit es während der Herbstsession in den Nationalrat kommen kann.
Der Vorstoss stammt zwar von einem SVP-Ständerat, doch im Nationalrat dürften die SVP-Vertreter laut Aeschi die Motion einstimmig ablehnen: In einer Fraktionssitzung sei die Ablehnung einstimmig gewesen. Auch in der FDP ist mit einer klaren Ablehnung zu rechnen. So würde es wohl für eine mehrheitliche Ablehnung im Nationalrat nur noch einige Stimmen aus der Mitte oder von den Grünliberalen brauchen. Die Mitte-Vertreter in der WAK wollten dem Vernehmen nach den Vorstoss nicht schon jetzt ablehnen, sondern ihn noch in der Hinterhand behalten – vielleicht auch als Fingerzeig für die UBS. So kam es in der Kommission zu einer Sistierung statt einer Ablehnung.
Der Luzerner Mitte-Nationalrat Leo Müller sagte auf Anfrage, dass man noch auf die Auslegeordnung des Bundesrats zur künftigen Bankenregulierung warte. Bis zur nächsten Traktandierung des Geschäfts in der WAK sollen Eckwerte des Bundesratskurses vorliegen. Müller bezeichnete den diskutierten Lohndeckel inhaltlich als problematisch. Eher denkbar scheine ihm die Festlegung eines Maximalbonus im Verhältnis zum Fixlohn. Der Haken eines solchen Konstrukts: Es schafft Anreize für höhere Fixlöhne.
Zurückhaltender Bundesrat
Schon jetzt lässt sich mutmassen, dass der Bundesrat kaum einen Lohndeckel vorschlagen wird. Die Regierung hatte 2024 in ihrem Bericht zur Bankenstabilität im Kapitel zu den Vergütungen diverse «mögliche Massnahmen» aufgeführt. Ein absoluter Lohndeckel fehlte in der Zusammenstellung. Aufgeführt war dagegen die Idee einer Obergrenze für variable Vergütungen: Dies verringere die Risikobereitschaft der Führungskräfte. Doch der Bundesrat deckte diese Idee vor allem mit Kritik ein. Ein Kerneinwand: Es gebe «empirische Hinweise», dass mit einer solchen Massnahme «die Festvergütung und damit die Fixkosten für das Unternehmen steigen, was insbesondere in Krisenzeiten die Möglichkeit zur Kostensenkung einschränkt». So kam 2022 eine Studie über 45 grosse europäische Banken zum Schluss, dass die EU-Direktive für eine Beschränkung der variablen Vergütungen im Verhältnis zu den Fixlöhnen zu einer Erhöhung der Festvergütungen geführt habe.
Weniger kritisch beurteilte der Bundesrat andere mögliche Massnahmen. Dazu zählen unter anderem Rückforderungsklauseln, die Ausdehnung der Sperrfristen für variable Vergütungen und generell die Verankerung von rechtlichen Grundlagen für Anforderungen an Vergütungssysteme.
Auch die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zum Fall Credit Suisse hat keinen Lohn- oder Bonusdeckel gefordert. Der PUK-Vorstoss zur Vergütungspolitik beschränkt sich auf einen Prüfauftrag für den Bundesrat zu Massnahmen für die Verhinderung von Fehlanreizen bei den Vergütungssystemen der grossen Banken.
Löhne und Boni von Bankmanagern sind ein volksnahes Thema, aber im Kontext der künftigen UBS-Regulierung sind sie nur ein Nebenschauplatz. Viel bedeutender ist eine glaubwürdige Krisenplanung, die im Notfall auch einen Untergang der Bank ohne volkswirtschaftliche Kernschmelze ermöglichen müsste. Ein weiterer Knackpunkt sind die Vorgaben zum Eigenkapitalpolster, das im Krisenfall eine Lösung erleichtern könnte und Kosten für die Steuerzahler weniger wahrscheinlich machen soll.