Sechs Personen sind in der Stadt Zürich letztes Jahr bei Unglücken mit Trams ums Leben gekommen.
Am Abend des 8. März steigt ein Passant an der Haltestelle Central in Zürich über die Verbindung zwischen Tramwagen 1 und Tramwagen 2 einer stehenden Tramkomposition. In diesem Moment fährt das Tram los. Der Passant fällt und gerät unter das Tram. Er wird 230 Meter über die Bahnhofbrücke mitgeschleift. Der Mann, ein 35-jähriger Schweizer, erliegt den Verletzungen noch auf der Unfallstelle.
Wie die Tamedia-Zeitungen am Montag berichten, war der Mann stark betrunken. Laut Obduktionsbericht hatte er auch Kokain und Benzodiazepine im Blut. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass der Tramchauffeur pflichtgemäss gehandelt habe, das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung wurde eingestellt. Es sei nachvollziehbar, dass der Fahrer den Unfall nicht bemerkt habe. Wie es weiter heisst, schreckte den Trampiloten erst das Klopfen einer Passantin auf, mehr als hundert Meter von der Unfallstelle entfernt.
Am selben Tag im März, wenige Stunden zuvor, hat sich schon ein tödlicher Unfall ereignet: Ein Tram fährt auf dem Trassee neben der Aargauerstrasse stadteinwärts. Ein Velolenker ist auf dem Fussweg neben der Aargauerstrasse stadtauswärts unterwegs. Unvermittelt biegt der Velolenker ab und kollidiert mit dem Tram. Er zieht sich schwere Verletzungen zu, denen er am Tag darauf im Spital erliegt.
Gleich zwei Unfälle an einem Tag, das ist aussergewöhnlich. Ein Jahr ist dies nun her. Am 8. März 2024 verloren ein Passant und ein Velofahrer ihr Leben. In beiden Fällen waren Trams der Zürcher Verkehrsbetriebe (VBZ) involviert. In derselben Woche hatte sich darüber hinaus schon ein tödlicher Unfall ereignet. Eine Fussgängerin stürzte bei der Haltestelle Oerlikon Ost zwischen Tram und Perron. Sie wurde in kritischem Zustand ins Spital gebracht und erlag den Verletzungen am nächsten Morgen.
Auch sonst ereigneten sich 2024 gravierende Unglücke, dazu gehören drei weitere tödliche Unfälle. Dies teilen die VBZ am Montag in ihrer Bilanz der Unfälle und Schadenereignisse mit. Sechs tödliche Unfälle in einem Jahr sind eine hohe Zahl, die höchste seit 2019. Zuvor schwankte die Zahl der tödlichen Unfälle zwischen zwei und vier Fällen pro Jahr.
Ein Vergleich mit der allgemeinen Verkehrsunfallstatistik zeigt: 2023 kamen in der Stadt Zürich drei Personen ums Leben. Zwei von ihnen bei Unglücken mit Trams.
Die VBZ können in ihrer Auflistung auch positive Neuigkeiten vermelden. So hat die Zahl der Unfälle mit Körperverletzung leicht abgenommen: Es gab mit 622 Ereignissen 53 weniger als im Vorjahr. Davon waren 297 Stoppunfälle, 43 weniger als 2023. Stoppunfälle passieren, wenn das Fahrpersonal wegen eines anderen Verkehrsteilnehmers einen Notstopp einleiten muss.
Die Zahl der böswilligen Beschädigungen sei erfreulicherweise von 130 auf 89 gesunken, heisst es.
Es die Unfälle mit Todesfolge, welche die Bilanz überschatten. Im Dezember sagte der Stadtrat Michael Baumer (FDP), Vorsteher des Departements der industriellen Betriebe, vor den Medien, dass tödliche Unfälle für alle sehr belastend seien, insbesondere für das Fahrpersonal. Jeder einzelne Unfall werde genau analysiert. Schlüsse daraus zu ziehen, sei schwierig, denn jeder der Unfälle habe seine eigene Entstehungsgeschichte.
Baumer hielt fest, dass die Hektik und die Ablenkung im Alltag zugenommen hätten, weil die Leute mit Smartphones und Kopfhörern unterwegs seien. Gemeinsam mit der Stadtpolizei und der Dienstabteilung Verkehr starten die VBZ im zweiten Halbjahr 2025 eine Präventionskampagne. Im Fokus stehen das Vortrittsrecht des Trams sowie ein respektvoller Umgang der Verkehrsteilnehmer untereinander.
Es gibt zudem technische Ansätze: In einem Pilotprojekt testen sie mit dem Zug- und Tramhersteller Alstom Airbags für Trams. Doch bis diese im Alltag zum Einsatz kommen können, wird es noch dauern.