Ein Turnier ist nie nur Sport, sondern immer auch Unterhaltung. Bühne frei für unsere Lieblinge.
Jules Koundé hat einen besonders ausgeprägten Sinn für Mode. Der Verteidiger des FC Barcelona gilt als exzentrischer Modeliebhaber und sorgt mit seinen Outfits regelmässig für Aufsehen. Laut eigener Aussage trägt er nur Kleidung, in der er sich wohlfühlt. Das darf auch einmal ein Rock sein. 2023 wurde Koundé von einem britischen Magazin zur «bestgekleideten Person des Jahres» gewählt. An diesem Titel kamen jüngst Zweifel auf. Ins Trainingslager der Franzosen rückte er mit hochhackigen Stiefeln, oranger Krawatte, Lederjacke, Schlaghosen und einer dicken Tasche von Louis Vuitton ein. «Pariser Fashion-Show statt Europameisterschaft?», fragten die Fans in den sozialen Netzwerken. An der EM wird Koundé vor modischen Fehltritten gefeit sein: Die «New York Times» kürte die französischen Trikots zum schönsten Dress der EM. Bleibt zu hoffen, dass sich Koundé in den Leibchen wohlfühlt. (wek.)
Am Mittwochabend liess er seine Klasse wieder einmal aufblitzen: Mit einem herrlichen Schuss erzielte Christian Eriksen kurz vor Spielende das 2:1-Siegtor für Dänemark im Testspiel gegen Schweden. Natürlich mit der Nummer 10 auf dem Rücken und der Captainbinde um den Oberarm. Eriksen ist ein Leader, er hat bald 130 Länderspiele bestritten, er ist einer der besten dänischen Fussballer der Geschichte. Und es ist eine märchenhafte Story, spielt er immer noch auf höchstem Niveau. Am 12. Juni 2021 stand die Fussballwelt still, als der damalige Inter-Spieler Eriksen im EM-Vorrundenspiel gegen Finnland einen Herzstillstand erlitt und zusammenbrach. Er überlebte – und steht eine Europameisterschaft später wieder im Zentrum des Geschehens. Der 32-Jährige ist langsamer geworden und war bei Manchester United in dieser Saison keine prägende Figur. Aber an guten Abenden kann er immer noch ein Länderspiel entscheiden. (fcr.)
Vor kurzem veröffentlichte die Uefa einen Clip, in dem der Georgier Chwitscha Kwarazchelia seinen komplizierten Namen ausspricht. Dem Vornamen lässt sich folgen, aber bei der Betonung des Nachnamens wirkt es, als würde er für Ausländer immer noch unaussprechlicher werden, je länger man sich Kwarazchelias richtige Version anhört. Eine Lösung könnte darin liegen, den Namen des 23-Jährigen weitestgehend zu vermeiden. Allerdings ist der Spielmacher von Napoli durchgehend am Ball. Er ist der Dreh- und Angelpunkt seiner Mannschaften. Damit auch sein Name so federleicht von der Zunge geht, wie sein Spiel aussieht, nahm Neapel ebenfalls ein Video mit ihm auf. Kwarazchelia kündigte die richtige Version an – und schrieb dann seinen Namen auf Georgisch aufs Papier. Prank! Als Kompromiss schlug er vor, dass man ihn einfach «Kwara» nennen könne. In Neapel haben sie eine Lösung gefunden: «Kwaradona». (hai.)
Wie er den Ball streichelt. Wie er die Gegenspieler mit Leichtigkeit ausdribbelt. Wie er das Tempo erhöht, geniale Pässe schlägt, präzise schiesst. Florian Wirtz ist ein Tänzer, Techniker, Torgarant – und vor ein paar Wochen erst 21 Jahre alt geworden. Längst reissen sich Real Madrid, Bayern München, Paris Saint-Germain und die Premier-League-Prominenz um die Leverkusen-Offensivkraft, man hört von Angeboten weit über 100 Millionen Euro. Aber Wirtz scheint familiär ausgezeichnet beraten zu sein und plant seine Karriere klug. Er ist bodenständig, anständig und fast schon erschreckend normal geblieben. Von einem Kreuzbandriss hat er sich prächtig erholt, für Deutschland ist er ein Hoffnungsträger an der Heim-EM, seine Spielweise ist magisch. Ist er nicht vielleicht doch ein Brasilianer? (fcr.)
Josip Ilicic trifft per Volley, von der Mittellinie oder schlenzt die Bälle wie einst Arjen Robben mit dem linken Fuss ins Tor. In der Champions League schiesst er im Achtelfinal vier Tore in einem Spiel. «Il Professore», wie ihn die Atalanta-Fans nennen, befindet sich im März 2020 auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Doch dann kommt Corona. In Bergamo wütet das Virus besonders stark. Ilicic kämpft schon seit 2018 mit mentalen Problemen. Der plötzliche Tod eines Teamkollegen hat tiefe Spuren bei ihm hinterlassen. Er leidet in der Folge unter Depressionen. Die Pandemie setzt ihm zu, er erleidet einen Rückfall. Ilicic verliert die Freude am Spiel und verschwindet vorübergehend von der Fussballbühne. 2022 unterschreibt er bei seinem Jugendverein in Maribor, überzeugt in der abgelaufenen Saison und wird wieder in das Kader der slowenischen Nationalmannschaft berufen. Nun feiert er mit 36 Jahren seine EM-Premiere. Grosse Turniere leben von Märchen. Das diesjährige hat Josip Ilicic bereits geschrieben. (wek.)
Im letzten Jahrhundert hiess eine Regel: An Fussballturnieren sind selten Schweizer Fussballer, dafür immer Schweizer Schiedsrichter zu sehen. Massimo Busacca, Urs Meier oder Bruno Galler. Doch als das Aushängeschild Busacca 2011 unvermittelt zurücktrat, wurde es stockfinster im Schweizer Schiedsrichterwesen. Die Endrundenregel kehrte sich. Abwesend sind die Referees, anwesend die Fussballer. Doch nun wird Licht, die Uefa hat den 36-jährigen Sandro Schärer an die Euro berufen. Schärer, der an Busacca erinnert. Man wünscht Schärer einen kühlen Kopf, kein VAR-Gewirr und keine Polemik, wie sie Busacca an der WM 2010 widerfahren war, als sich der Gastgeber Südafrika nach einem 0:3 benachteiligt fühlte. Busacca hatte als Höhepunkt den Final pfeifen wollen – und wurde früh heimgeschickt. Wie wäre es andersherum? Schärer beginnt ganz leise – und stösst in den Final vor. (bir.)
Nicolò Fagioli stand in diesem Jahr nur 98 Minuten für seinen Klub auf dem Platz. Grund war eine siebenmonatige Sperre wegen Glücksspiels. Erst beim vorletzten Saisonmatch von Juventus gegen Bologna durfte er ran. Beim Stand von 0:3 betrat er den Rasen. Am Ende stand es 3:3 – auch, weil das Spielmachertalent für Ordnung und Druck sorgte. Der «commissario tecnico» Luciano Spalletti war im Stadion. Er konnte nicht anders, als Fagioli für die EM aufzubieten. Zu den Konsequenzen seines Vergehens hatte gehört, dass er vor Hunderten Schülern von seinen Schwächen erzählen musste und von der tiefen Einsamkeit, in die Zocker fallen – und die oft auch Motiv für das Zocken selbst ist. Der 23-Jährige wird nicht nur körperlich ausgeruht an die EM reisen. Auch mental hat Fagioli zugelegt. (tph.)
Es war im trüben November 2015, als der damalige FCZ-Coach Sami Hyypiä Berat Djimsiti wegen ungenügender Leistungen aus dem Kader strich. Kurz darauf einigte man sich auf eine Vertragsauflösung. Und es war am 22. Mai 2024, als Djimsiti mit der Captainbinde von Atalanta den Siegerpokal der Europa League in den Himmel reckte. Zwischen Absturz und Triumph liegt eine Lernkurve, die nicht immer steil war. Djimsiti, schweizerisch-albanischer Doppelbürger, unterschrieb zwar sofort nach der Trennung vom FCZ einen Vertrag mit dem Serie-A-Verein, wurde von diesem aber auf die Reise geschickt. Der Verteidiger wurde in die Serie B nach Avellino ausgeliehen, danach nach Benevento. Im Sommer 2018 durfte er nach Bergamo zurückkehren – und machte sich zunehmend unentbehrlich. 2016 war Djimsiti zwar im Panini-Album vertreten, erhielt aber kein EM-Aufgebot. An der kommenden Euro führt er Albanien als Captain an. (cen.)
Es ist bei 631 Millionen Instagram-Followern schwer vorstellbar, aber der eine oder andere mag ihn unterdessen vielleicht schon vergessen haben. Aus den Augen, aus dem Sinn und so weiter. Aber nein: Cristiano Ronaldo stirbt nie. Direkt von einer bestimmt dramatischen Niederlage mit al-Nasr im Elfmeterschiessen des saudischen Königscup-Finals gegen den Erzrivalen al-Hilal kommt er aus der Wüste zu seiner sechsten Europameisterschaft. So viele Endrunden hat noch niemand geschafft, die meisten EM-Spiele (25) und die meisten EM-Tore (14) hat er sowieso schon, und die beste Show liefert er auch. An einer Euro war es, wo er erstmals seinen Waschbrettbauch entblösste (2004), ein Reportermikrofon im See versenkte (2016) oder das Zuckergetränk eines Uefa-Sponsors vom Podium verbannte (2021). In diesem Sinne: Bem-vindo de volta, CR7. Willkommen zurück in Europa. (fhp.)